Ungleiche Chancen für Kinder

Ungleiche Chancen haben Kinder auch in München. Bildung ist stark von der sozialen Herkunft abhängig – das zeigt der neue Bildungsbericht.
von  Julia Lenders

München - Stadtschulrat Rainer Schweppe fasst die Ergebnisse des neuen „Münchner Bildungsberichts“ so zusammen: „Die Bildungschancen in München sind nach wie vor ungleich und abhängig von der sozialen Herkunft der Kinder.“ Wie er zu dieser Aussage kommt? Die AZ stellt interessante Fakten aus dem 225-seitigen Konvolut vor.

VOR DER SCHULE

  • Es gibt immer mehr Kinder in der Stadt. Die Gruppe der unter Dreijährigen wuchs binnen zehn Jahren um 20,4 Prozent – auf rund 41600 Kinder. Bei den Drei- bis Sechsjährigen gab es einen Anstieg um 17,1 Prozent auf rund 39100. Letztere, also die Zwergerl im Kindergartenalter, haben fast alle einen Betreuungsplatz (88,5 Prozent). Bei den Kleineren wurden zuletzt 29,6 Prozent in einer Kita oder durch eine Tagesmutter betreut.
  • Die meisten Kinder, die in München leben, haben ausländische Wurzeln. Betrachtet man alle Minderjährigen zusammen, so haben 54,7 Prozent von ihnen einen Migrationshintergrund.
  • Bei vielen Kindern im Vorschulalter besteht Sprachförderbedarf. Der Anteil der Kinder, die vor der Einschulung einen „Vorkurs Deutsch“ besucht haben, variiert je nach Stadtteil stark. Im Bezirk Altstadt-Lehel waren es zuletzt gerade mal 6,9 Prozent, in Milbertshofen-Am Hart dagegen 34,5 Prozent.

IN DER SCHULE

  • Die Bildungschancen von Schulkindern mit und ohne Migrationshintergrund sind ungleich. Das zeigt vor allem ein Blick auf die weiterführenden Schulen. Bei den Grundschülern haben nämlich 40,5 Prozent ausländische Wurzeln. An der Mittelschule, früher Hauptschule genannt, steigt ihr Anteil dann aber auf 64 Prozent. Dagegen haben an den Gymnasien nur 17,2 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund.
  • Das gleiche Bild ergibt sich, wenn man allein die Statistiken zum Übertritt nach der Grundschule ansieht. Fast zwei Drittel der deutschen Schüler besuchen direkt im Anschluss das Gymnasium. Bei den ausländischen Kindern gelingt das hingegen nur einem knappen Drittel.
  • Wer aufwächst, wo die Menschen eine geringe Kaufkraft, niedrigen Bildungsstand und oft ausländische Wurzeln haben, hat’s schwerer. Oder wie das Bildungsreferat schreibt: „Je nach sozialräumlicher Belastungslage, in der sich die Grundschule befindet, haben Schulkinder eine unterschiedlich hohe Chance, ihre Schullaufbahn an einem Gymnasium fortsetzen zu können.“
  • Ganz ohne Abschluss verließen im Schuljahr 2009/2010 7,3 Prozent der Jugendlichen die Schule. Das waren immerhin 1,9 Prozent weniger als noch fünf Jahre zuvor. Speziell bei den ausländischen Teenagern lag der Wert der Schulabbrecher mit 12,6 Prozent zwar immer noch deutlich höher. Es gab jedoch einen deutlichen Rückgang.

NACH DER SCHULE

  • Es wird immer beliebter, einen Umweg zum Abi zu nehmen: Fast die Hälfte der Schüler erwirbt die Hochschulreife an beruflichen Schulen.
  • Die Studentenzahl an den Unis steigt. Am stärksten wuchsen die Fächergruppen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Ingenieurwissenschaften und Mathe/Naturwissenschaften.

FAZIT

Das Bildungsreferat sieht es als „eine der vorrangigen Aufgaben“, Bildungschancen in besonders belasteten Stadtvierteln zu erhöhen. Die Behörde sieht schon „erste Verbesserungen“.

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