Schulbusfahrer ohne Dach über dem Kopf

Im Landkreis Starnberg steht die Beförderung der Kinder und Jugendlichen auf der Kippe. Es fehlen Fahrer, weil zu wenig günstiger Wohnraum vorhanden ist. Nun schickt das Landratsamt ein SOS.
von  Heidi Geyer
Der Buslinienverkehr im Landkreis Starnberg musste bereits ausgedünnt werden, um den Schülertransport zu garantieren.
Der Buslinienverkehr im Landkreis Starnberg musste bereits ausgedünnt werden, um den Schülertransport zu garantieren. © MVV

Starnberg — In Starnberg wohnt zwar der viel zitierte reiche Zahnarzt, zumindest wenn man politischen Debatten glauben darf. Da wird dieser gerne als klischeehaftes Beispiel für einen Gutverdiener genannt.

Die Busfahrer hingegen tun sich sehr schwer mit den Lebenshaltungskosten in Starnberg, besonders auf dem Immobilienmarkt. So schwer, dass der Schülertransport akut gefährdet ist.

Im Schulverkehr wird gespart

Dieser wird im Landkreis Starnberg über die Regionalbuslinien des MVV mit abgewickelt, reine Schulbusfahrer gibt es dort nicht. Doch es brennt: Zwölf Buslinien im Regionalverkehr habe man bislang ausdünnen müssen, um die Schülerbeförderung sicherstellen zu können. "Erste Priorität hat die zuverlässige Beförderung der Schülerinnen und Schüler. Das muss unbedingt sichergestellt sein", sagt Landrat Stefan Frey (CSU). Es sei ein bundesweites Problem, dass die Busfahrer fehlen, sagt Stefan Diebl, Sprecher des Landratsamts. Die Branche rechne bis zum Jahr 2030 mit bundesweit 50.000 fehlenden Busfahrern.

Dafür gebe es unterschiedliche Gründe, darunter die gute Situation am Arbeitsmarkt, der geringe Verdienst in dem Beruf im Vergleich zu anderen Branchen und die hohen Ausbildungskosten.

Wohnraum in Starnberg fast unbezahlbar

Aber es liegt eben auch daran, dass bezahlbarer Wohnraum gerade in den Ballungsräumen fehlt. Dabei suche man in Starnberg gar nicht Dutzende Busfahrer: "Schon wenn wir fünf mehr stabile Fahrerinnen und Fahrer hätten, würde das Abhilfe im gesamten Regionalbussystem bei uns schaffen." Der Sprecher räumt aber ein, dass es gerne noch mehr sein dürften.

Klar ist: Ein Dauerzustand darf es so nicht werden. Daher sucht das Landratsamt nun selbst seit einigen Tagen Wohnungen für die Fahrer: "Wir sind selbst gespannt, ob sich potentielle Vermieter bei den Verkehrsunternehmen melden, haben hierzu von diesen aber noch keine Rückmeldung", sagt Diebl auf Anfrage der AZ. Gesucht werden kleine Wohneinheiten und Zimmer, in denen man sich selbst versorgen kann. Aber eben zu bezahlbaren Preisen.

Auf dem Portal Immoscout gibt es im Landkreis Starnberg derzeit nur vier Angebote für kleine Wohnungen, bei denen die Kaltmiete unter 600 Euro liegt. Da kann es schnell mal eng werden. Denn nach Auskunft von Franz Schütz, Gewerkschaftssekretär bei Verdi im Bezirk München, verdienen Busfahrer nach Tarif monatlich 2.262 Euro brutto bei Neueinstellung.

Nach zehn Jahren Berufstätigkeit sind es dann immerhin 2.400 Euro. "Da die Grundlöhne so niedrig sind, machen viele Busfahrer und Busfahrerinnen viele Überstunden, damit sie einen höheren Monatslohn bekommen", sagt Schütz der AZ.

Starker Busfahrermangel

Auch in München hat die MVG Fahrpläne zusammengestrichen, da zu wenige Busfahrer einsatzbereit sind. Das liegt in München jedoch nicht nur an der schwierigen Arbeitsmarktlage: "Der Krankenstand im Fahrdienst ist nach wie vor überdurchschnittlich hoch." Trotz der Fahrplananpassung könne es durch die schwankende Personalverfügbarkeit vereinzelt zu kurzfristigen und ungeplanten Ausfällen kommen, erfährt die AZ auf Anfrage. Die MVG beobachte und bewerte die Situation laufend.

Für den Gewerkschafter Schütz steht mehr auf dem Spiel als der bloße Schülertransport. "Bis 2030 fehlen im gesamten ÖPNV etwa 100.000 Beschäftigte. Die geplante Verkehrswende und der notwendige Klimaschutz kann so nicht stattfinden." Verdi fordere seit Jahren, dass mehr in das Personal investiert werde und sich die Löhne und Arbeitsbedingungen verbessern.

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