Restaurant in der Nähe von München muss schließen: "Nicht mehr tragbar"

Die Feinkochwerk Eatery in Seefeld schließt. Die Gründe sind in der Branche bekannt. Folgen weitere Häuser auf dem Land?
Niclas Vaccalluzzo
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Die Probleme wurden zu groß: Die Feinkochwerk Eatery im Fünfseenland schließt.
Die Probleme wurden zu groß: Die Feinkochwerk Eatery im Fünfseenland schließt. © Niclas Vaccalluzzo

Seefeld - Schon jetzt sind die Türen verschlossen. Anfang August soll dann komplett Schluss sein mit dem Restaurantbetrieb der Feinkochwerk Eatery. "Es ist einfach nicht mehr tragbar mit den ganzen Umständen in der Branche", sagt Wirtin Ines Czaya der AZ. Am 2. und 3. August wird es noch ein "Closing Dinner" geben. Danach machen Czaya und ihr Ehemann in der Eatery lediglich weiter mit Catering und Kochkursen.

Wirtin trifft schwere Entscheidung: "Wir können ja auch nicht alles auf den Gast umlegen"

Schon als die AZ die Eatery im März besucht hat, klagte Czaya über Probleme. Insbesondere der Fachkräftemangel machte der Münchnerin zu schaffen. "Die Menschen haben teilweise Gehaltsvorstellungen, die nicht bezahlbar sind", sagt Czaya im März. Die Personalprobleme seien geblieben.

"Die, die gut sind, wollen halt so viel Geld, das ist dann nicht machbar", sagt sie. Ungelernte Kräfte oder Schüler, würden die Gäste wiederum unzufrieden machen. "Dann entspricht der Service nicht dem Preisniveau."

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Gerade die Inflation und die Anpassung des Mehrwertsteuersatzes haben Czaya und ihr Ehemann in der Eatery besonders gespürt. In ihrer Küche verwendet das Ehepaar ausschließlich regionale Zutaten. "Wir können ja auch nicht alles auf den Gast umlegen", beklagt Czaya schon im März. Sie betont aber, dass die Eatery trotz hochwertiger Zutaten preislich fair geblieben sei. "Wir haben eigentlich immer geschaut, was die Wirtschaften rechts und links von uns preislich machen und da sind wir teilweise noch drunter gewesen", sagt sie.

Stammgäste blieben immer öfter fern: "Der Gast hat durch die Inflation nicht mehr so viel Geld übrig." 

Trotzdem blieben die Gäste immer öfter fern. "Stammgäste, die normalerweise einmal die Woche da waren, kommen jetzt halt einmal im Monat", schildert sie. Czaya sieht in den Preissteigerungen einen Grund: "Der Gast hat durch die Inflation nicht mehr so viel Geld übrig." Die Menschen könnten nicht mehr so oft essen gehen.

Czaya vermutet eine generelle Krise in der Branche - gerade auf dem Land. Mit den Problemen würden es die Gasthäuser auf dem Land viel schwerer haben als in der Stadt, glaubt sie. In der Stadt sei etwa ein viel größerer Durchlauf an Leuten. "Wenn die Wirte auf dem Land, die das seit 20 bis 30 Jahren machen, ans Aufhören denken, dann weiß man, dass was los ist", sagt sie.

Schwerwiegende Prognose: "Wenn im ländlichen Raum ein Betrieb schließt, ist die Struktur für immer weg"

Droht uns eine Schließungswelle auf dem Land? Wenn es nach Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) geht, sind wir längst in einer Schließungswelle, und zwar in der Stadt und auf dem Land. Im ländlichen Raum seien diese Schließungen besonders fatal: "Wenn im ländlichen Raum ein Betrieb schließt, ist die Struktur für immer weg."

Die DEHOGA bemerke daher jetzt schon ein Gastrosterben auf dem Land. Wichtig sei, nun dagegen anzukämpfen, sagt Geppert. Gerade im ländlichen Raum ginge es um mehr als nur Nahrungsaufnahme. Ein Wirtshaus dort sei ein sozialer Treffpunkt. "Verschiedene Schichten kommen dort zusammen und da findet ein Austausch statt."

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Politische Entscheidungen wie die Mehrwertsteueranpassung von sieben auf 19 Prozent hätten dazu geführt, dass viele Betriebe in den Verlust geraten sind und schließen mussten. "Das haben wir immer prognostiziert und das ist leider eingetroffen", sagt Geppert.

Genügend gute Beispiele

"Es greift mir ein bisschen zu kurz, zu sagen, die Politik macht alles falsch", entgegnet Sebastian Wiedemann vom Landesbezirk Bayern der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) der AZ. Zum Personalmangel auf dem Land sagt er, es gebe genügend gute Beispiele in strukturell schwachen Regionen. "Ganz so schlimm, wie es aktuell ist, wäre es mit guten Arbeitsbedingungen nicht." Für das Ehepaar Czaya ist die Sache ohnehin schon entschieden. Sie konzentrieren sich auf ihr Catering. 

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24 Kommentare
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  • Lupogango am 15.07.2024 15:39 Uhr / Bewertung:

    "Stammgäste bleiben immer mehr fern"
    Dieser Satz ist schon ein halber Todesstoß in der Gastronomie
    Meine Mutter hat fast 50 Jahre in einer Landgaststätte gearbeitet, wo alles frisch zubereitet worden ist: der Kartoffelsalat, die Knödel, das Kraut!, der Braten usw. Glaubt ihr, dass ich Geld bezahle, und dann in ein Gasthaus gehe, wo ich aus Eimern, Dosen und Plastikverpackung eine "Fabrikküche" bekomme? Mit Sicherheit nicht!
    Nutze auch einmal wöchentlich das Mittagsangebot z.B. beim Vietnamesen.
    Da wird für 12,90€ frisch und lecker gekocht
    Wenn Gastronomen bereits Mindestlöhne zu hoch finden, zudem nicht in der Lage sind frisch zu kochen, dann gibt's meiner Meinung nach zwei Möglichkeiten: "Auffrischungs-Stunde" mit Herrn F. R. oder gleich den Laden dicht machen, bevor man den letzten Gästen noch "irgendwas nicht-so-kullinarisches" zumutet.

  • Wickie712 am 15.07.2024 10:40 Uhr / Bewertung:

    Laut Karte kostet das PILSENSEEFRÜHSTÜCK 9,00 €
    BROTKORB, BERGKÄSE/ KOCHSCHINKEN/ ITALIENISCHE SALAMI/ KLEINER HAUSGEMACHTER JOGHURT MIT FRÜCHTEN

    1,44 Euro MwSt sind abzuziehen, bleiben noch 7,56 Euro. Ein bekannter Imbissbudenkoch im TV sagte mal, der Preis muss vom 4 fachen des Wareneinsatzes berechnet werden.
    Die Zutaten haben einen Wert nach der Theorie von 1,89 Euro? Selbst mit Mehwertsteuer 2,25 Euro.
    Ist nichts auf dem Teller oder falsch kalkuliert?
    Lebensmittel haben meistens 7% MwSt, also muss doch die Lücke auch auftauchen...

    Die Preise wirken nicht so hoch.

  • Exilloewe III am 15.07.2024 07:09 Uhr / Bewertung:

    Ich könnte mir vorstellen, daß an der Stelle ein gutbürgerliches Wirtshaus mit zivilen Preisen und gemütlichem Ambiente gut geht.

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