Auf zum Kripperl schauen! Neue Ausstellung startet

"Bei den neapolitanischen Figuren, da wird das Leben gezeigt“, sagt Jürgen Milla, "da hat auch mal einer ein schiefes Gesicht oder nur einen Fuß. Das gefällt mir.“ Zur Eröffnung der alljährlichen Ausstellung zur Advents- und Weihnachtszeit zeigt der Vorsitzende des Vereins der Münchner Krippenfreunde der AZ die besonderen Stücke, die bereits in den fein ausgeleuchteten Glaskästen aufgebaut sind.
Viele Ausstellungsstücke stammen aus Beständen der Mitglieder, teils haben sie sie gesammelt, teils selbst gebaut (es werden Kurse für Erwachsene wie Kinder angeboten). Andere sind Leihgaben, darunter eine Krippe aus Binsen von den Philippinen oder eine mit tönernen Figuren aus Peru. Eine Krippe aus Maisblättern stammt aus dem Dachauer Land.
Schwerpunkt in diesem Jahr: Die Alt-Münchner Krippen
Die neapolitanische Krippe, deren Figuren samt Kleidung original aus dem 18. Jahrhundert stammen, ist nur eine der Besonderheiten. Der Schwerpunkt der Schau, für die die Krippenfreunde in der Krypta von St. Theresia in Neuhausen wieder allerlei Schätze zusammengetragen, haben, sind heuer die Alt-Münchner Exemplare. Deren Spezialität: "Die Lebendigkeit“, wie Nadine Kagerer vom Verein erzählt. "Die Figuren stehen nicht nur herum, die haben immer etwas zu tun. Und es sind immer sehr viele Tiere dabei.“


"Die Leute wussten ja früher gar nicht wie Elefanten und Kamele aussehen"
Tiere sind in vielen Krippen zu sehen, besonders originalgetreu sind deren Abbildungen aber nicht unbedingt. "Die Leute wussten lange nicht, wie ein Elefant oder ein Kamel genau aussieht“, erklärt Jürgen Milla. Besonders eindrucksvoll sieht man das an einer Szene der Flucht aus Ägypten. Dort sind Maria, Josef und das Jesuskind umringt von einer Raubkatze mit Bulldoggengesicht, einer mit eher echsenartigem Körper und einem Affenwesen, das dem Grinch ähnelt.
Obendrein kommt auch noch ein Succurath vor, ein Fabelwesen, das ein Schutzwesen sein soll und von dem die Menschen jahrhundertelang glaubten, es existiere wirklich. "Um 1550 hat das mal jemand in ein Buch geschrieben, und dann wurde es einfach immer weiter überliefert", erklärt Jürgen Milla. "Außer uns hat nur das Bayerische Nationalmuseum noch eines." Nadine Kagerer ergänzt: "Als vermeintlich lange ausgestorbenes Riesenfaultier hat es das Wesen sogar in die erste Ausgabe von Brehms Tierleben 1863 geschafft."

Wimmelbild aus dem Alltag
Wieder lebensnaher ist da eine sogenannte Santon-Krippe aus der Provence. Sie ähnelt einem Wimmelbild aus Alltagsszenen. „Die eigentliche Szene der Geburt muss man richtig suchen“, sagt Milla. Eine andere Darstellung von Christi Geburt spielt in Bad Tölz, weil man die Geschichte früher gern in die eigene Lebenswelt holte. Eine weitere zeigt eine gute Stube – mit Krippe darin. Kripperl schauen in der Krippe quasi. Sehr besonders ist auch eine Papierkrippe, populär vor allem im 18. und 19. Jahrhundert, aus Hall in Tirol, die der Verein dem Diözesanmuseum in Freising abkaufen konnte. Auch wunderbar nostalgische sind zu sehen: wie eine goldverzierte Kastenkrippe mit einer Sternsinger-Szene – oder ganz moderne wie ein Kreuz aus Lavagestein mit vergoldeten Figuren darauf.


Das Krippenbauen ist eine filigrane Kunst
Hinter einer Südtiroler Winterkrippe funkelt ein Sternenhimmel und die aus Ton gefertigten Figuren eines zeitgenössischen Künstlers und Krippenbauers aus Neapel sind nicht größer als ein Streichholz, im Bart des Hirten ist trotzdem jede Locke zu erkennen. Und: Hier darf auch mal Josef das Jesuskind auf dem Arm halten. Für beide hat Jürgen Milla mit seiner Frau die Szenerie gebaut und gestaltet. Mit filigran ausgestaltetem Bauernhaus, Felsen, Höhlen und vielem mehr. Über die Kunst des Krippenbauens kann er viel erzählen. Und er zeigt eine Figur, die sogar geschnitzte Gelenke und winzig kleine, gläserne Augäpfel hat.

Neben dem Handwerk begeistern sich Jürgen Milla und Nadine Kagerer auch für die Geschichten: Eine die besonders gut in unsere Zeit passt: Die Herbergssuche. Auch sie ist in einer Szene hier zu sehen. "Es ist ja egal, ob man es ummünzen mag auf die Wohnungssuche oder Heimatsuche", sagt Jürgen Milla. "Hinten in der Taverne der Herberge sitzen die Leute gut gekleidet und mit vollen Tellern - und vorne weist der grantige Wirt die Herbergssuchenden ab. Das ist doch auch heute aktuell."
Eine Führung lohnt sich
Das alles und noch weitaus mehr erfährt man, wenn man Jürgen Milla, Nadine Kagerer und ihren Mitstreitern vom Kripperlverein bei einer Führung lauscht. Und wer meint, sich eigentlich nicht so sehr für Krippen zu interessieren, wird hier vom Gegenteil überzeugt.
Die Ausstellung eröffnet am Sonntag 30.11., 11.45 - 15 Uhr. Bis 6. Januar immer sonntags 11.45 bis 15 Uhr sowie am 26.12., 1.1., und 6.1. Dom-Pedro-Str. 39, Eintritt frei, nicht barrierefrei. Während der Ausstellung finden laufend Führungen statt. Mehr Infos unter: muenchner-krippenfreunde.de