Ukraine-Flüchtlinge erreichen München: Willkommen am Hauptbahnhof
Eine junge Mutter erreicht München spätabends mit ihrem Baby. Knapp zwei Wochen ist es erst alt. Bettina Spahn, Leiterin der Bahnhofsmission, hat die beiden am Hauptbahnhof in Empfang genommen. "Sie waren zu lange draußen", sagt sie. Mutter und Kind seien völlig unterkühlt gewesen. "Das war grenzwertig." Das Schicksal der beiden geht ihr sichtlich nahe.
Oder der Vater, der mit seinen beiden kleinen Kindern aus dem Zug stieg - er zeigte ihr Handyfotos aus dem Ort in der Ukraine, aus dem sie geflüchtet waren. "Da lagen überall Leichen auf der Straße", berichtet Spahn.

Viele Geflüchtete kommen über Österreich nach München
Der Münchner Hauptbahnhof ist wieder Zufluchtsort und Drehkreuz für Kriegsflüchtlinge geworden. Mehrere Hundert sind allein gestern angekommen. Nicht in Sonderzügen, sondern in kleinen Grüppchen zwischen anderen Reisenden. Die meisten Geflüchteten erreichen München per Zug derzeit über Österreich. Bettina Spahn und die anderen Helfer vermuten, dass es bald deutlich mehr werden. Die Behörden und Hilfsorganisationen scheinen gut vorbereitet zu sein. "Die Erfahrungen von 2015 helfen", sagt Spahn.
Es ist 14.05 Uhr, als auf Gleis 9 ein Regionalzug hält. Er kommt aus Freilassing. Zwischen den üblichen Reisenden steigen etwa 40 junge Leute aus, die am Handgelenk neongelbe Bändchen tragen. Fast alle haben nur einen Rucksack dabei. Es sind Studenten, die in der Ukraine zur Uni gegangen sind - und ebenfalls vor Putins Raketen und Bomben flüchteten.
Ein Bundespolizist trägt einer jungen Frau, die völlig aufgelöst ist, ihre Reisetasche. Ein Student hat nicht einmal richtige Schuhe an, er trägt offene Plastikschlappen. Ein anderer hält eine zitternde Katze auf dem Arm. "Ich konnte sie doch nicht sterben lassen", sagt er auf Englisch. Er erzählt, dass er in zwei Monaten mit seinem Studium fertig geworden wäre. Was jetzt daraus wird - er weiß es nicht.
Ehrenamtliche helfen, wo sie können
Mitarbeiter der Bahn und der Polizei begleiten die Geflüchteten zu Gleis 23. Da die Studenten bereits in Freilassing registriert worden sind, sollen sie mit dem nächsten Zug gleich weiterfahren zu einer Unterkunft in Ingolstadt. In München sei schon alles voll, heißt es zu diesem Zeitpunkt.
Zwischen den ganzen Durchsagen, die durch den Hauptbahnhof hallen, ist nun wieder eine auf Ukrainisch. Eine Frauenstimme erklärt den neu Angekommenen, dass sie sich bitte an dem Stand der Caritas melden sollen: Dort ist ein provisorischer Stehtisch aufgebaut, daneben stehen rote Fahnen. Ehrenamtliche, die Ukrainisch sprechen, helfen beim Dolmetschen.
Gerade fragt eine Frau, wo sie sich etwas ausruhen kann, bevor ihr Zug fährt, der sie zu Verwandten nach Hamburg fahren soll. Nicht einfach zu beantworten. Einen Wartebereich gibt es nicht mehr, seit der Bahnhof eine Großbaustelle ist.
Neue Mission: 100 Feldbetten organisieren
Und auch Ruhe- und Schlafmöglichkeiten gibt es in der Bahnhofsmission zu wenige, wenn nachts Geflüchtete ankommen. Doch Bettina Spahn und die Bahn-Mitarbeiter hatten eine gute Idee: Am Donnerstagnachmittag sind sie dabei, 100 Feldbetten zu organisieren, um sie in der leerstehenden Osteria im Bahnhofsgebäude aufzustellen. Dort ist es trocken und warm.
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