Überraschende Wende: Sex-Gutachter legt Geständnis ab

Der Angeklagte gibt plötzlich Fehler zu. Und er verspricht dem Opfer 20 000 Euro zu zahlen.
von  John Schneider
Thomas S. ist geständig.
Thomas S. ist geständig. © jo

München - Nach langen Monaten des juristischen Kampfes und des Leugnens jeder Schuld kam gestern im Sex-Prozess die überraschende Wende: Gerichtsgutachter Thomas S. (60) gab in einer Erklärung zu, dass er Fehler gemacht habe, will sein Opfer entschädigen.

Die Anklage wirft dem Psychiater vor, dass er sein Arzt-Patienten-Verhältnis zu einer Münchner Staatsanwältin (43) ausgenutzt habe, um Sadomaso-Sex mit der Frau zu bekommen (AZ berichtete). Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs- oder Behandlungsverhältnisses nennt sich der angeklagte Straftatbestand.

Zwei Fälle hat Staatsanwalt Florian Gliwitzky zur Anklage gebracht. Dem Psychiater sei klar gewesen, dass die medikamentenabhängige Staatsanwältin Sex mit ihm hatte, weil er sie mit dem Präparat Tavor versorgte.

Lange hat Thomas S. das geleugnet. Jetzt hat er umgedacht: Ja, er habe es zugelassen, dass ein Arzt-Patientin-Verhältnis zustande gekommen sei, gesteht Thomas S. ein. Und ja, er habe gleichzeitig Sex mit der Staatsanwältin gehabt.

Der Gerichtsgutachter sieht inzwischen offenbar ein, dass er der Frau großes Leid zugefügt hat. Auch sein Prozessverhalten habe dazu beigetragen, lässt er gestern seinen Anwalt Stephan Lucas vortragen.
Tatsächlich hatte er nicht nur die Vorwürfe bestritten, sondern am Ende den ersten Prozess Anfang des Jahres aufgrund einer Verletzung im Urlaub sogar ganz platzen lassen.

Eine Neuauflage wurde notwendig. Und damit auch eine neuerliche Aussage der Nebenklägerin vor Gericht. Thomas S. will ihr 20 000 Euro dafür und für sein rufschädigendes Verhalten zukommen lassen.

Staatsanwalt Gliwitzky hakt dennoch nach: Wozu überließ Thomas S. der Frau Blanko-Rezepte für Notfälle? Immerhin war sie damals noch bei einem anderen Arzt in Behandlung, der sie in Notfällen betreut hätte. Dieser Widerspruch sei in der Erklärung des Angeklagten aber nicht thematisiert worden.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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