U-Bahn-Schläger Serkan A. droht lebenslange Haft
Kaum Hoffnung auf Besserung: Gutachter und Staatsanwälte halten eine Strafminderung für ungeeignet.
MÜNCHEN Gemeinsam haben sie einen Rentner brutal geschlagen und getreten. Im Gerichtssaal aber würdigen sich die des versuchten Mordes angeklagten Serkan A. (21) und Spyridon L. (18) kaum eines Blickes. Allenfalls mit ihren Freunden und Verwandten auf den Zuschauerbänken suchten sie gestern den Blickkontakt.
Die beiden angetrunkenen Spezln hatten den Rentner Bruno N. (76) in der U-Bahn-Station Arabellapark lebensgefährlich verletzt. Der Grund für den Gewaltexzess: Der pensionierte Schulleiter hatte es gewagt, die beiden auf das Rauchverbot in der U-Bahn hinzuweisen.
Negatives Gutachten über Angeklagte
Was ihre Angehörigen gestern von den Gutachtern über Serkan A. und Spyridon L. zu hören bekamen, war wenig schmeichelhaft. Der psychologische Gutachter Günter Lauber bescheinigte den Angeklagten eine starke Neigung zu ungehemmter Aggression. Beide seien ichbezogen und impulsiv, beiden falle es schwer, Vorschriften zu akzeptieren. Von dem 21-jährigen Serkan A. seien auch künftig Straftaten zu erwarten.
Hoffnung auf Veränderung hat er bei Serkan A. kaum. Im Gegensatz zur Jugendgerichtshilfe: Die war in ihrem Gutachten zu dem Schluss gekommen, dass der 21-Jährige ernsthaft motiviert sei, eine Therapie zu machen und sich nach dem Gefängnis um seine kleine Tochter (acht Monate) zu kümmern. Da bei ihm eine Reifeverzögerung vorliege, solle er nach Jugendstrafrecht verurteilt werden.
Niedriger IQ-Wert
Lauber widerspricht: „Ich sehe die Wahrscheinlichkeit einer Veränderung eher skeptisch.“ Ein Grund: Die Intelligenz und damit seine geistige Beweglichkeit sei mit einem IQ von 67 sehr niedrig.
Zu einem ähnlichen Schluss kam auch der zweite psychiatrische Gutachter Franz-Joseph Freisleder. Während er dem 18-jährigen Sypridon L. Jugendstrafrecht zubilligt (maximal 10 Jahre Haft), sollte Serkan A. nach Erwachsenstrafrecht verurteilt werden. Und da droht lebenslange Haft.
"Normales Verhalten" trotz Alkoholeinfluss
Ihr Alkoholkonsum – der etwas stämmigere Spyridon will elf, Serkan acht Halbe vor der Tat getrunken haben – wirkt sich nach Ansicht der Rechtsmedizinerin Sybille Lüderwald kaum strafmindernd aus. Zwar hätten die beiden – wenn ihre Angaben stimmen – jeweils etwa 2,1 Promille im Blut gehabt, aber beide seien Alkohol gewöhnt gewesen, wirkten nach Zeugenaussagen auch noch normal.
Die Videos belegen zudem, dass sie ihre Bewegungen noch gut koordinieren konnten. Lüderwald: „Serkan A. konnte auf einem Bein stehend Schnürsenkel binden.“ Das fällt vielen im nüchternen Zustand schwer.
Dass Bruno N. noch lebe, sei reiner Zufall. Die drei Schädelbrüche, die Blutungen im Hirn und die Bewusstlosigkeit waren jeweils so schlimm, dass er hätte sterben können. Da er auf dem Rücken lag, hätte er zum Beispiel an Erbrochenem ersticken können, erklärte die Medizinerin. Der Prozess wird fortgesetzt.
jot/th
- Themen: