U-Bahn-Schläger: 14 Tritte gegen den Schädel
MÜNCHEN - Brutaler U-Bahn-Schläger auf der Anklagebank: Gökhan D. (22) überfällt Schlafenden im U-Bahnhof Aidenbachstraße – vor Gericht kann er sich an die Tat nicht erinnern.
„Wenn es sich irgendwie vermeiden lässt, fahre ich nicht mehr U- oder S-Bahn. Ich habe Angst.“ Die Furcht des 18jährigen Paul B. (Name geändert) hat einen Grund: Am 9. Januar wurde er im U-Bahnhof Aidenbachstraße brutal zusammengeschlagen und ausgeraubt. Gökhan D. (22) konnte wenige Wochen nach der Tat festgenommen werden. Angeklagt ist er wegen schwerem Raub mit Körperverletzung.
Beim Prozessauftakt gab der 22-Jährige zu, der Mann auf dem Fahndungsfoto zu sein. Dass er am Tattag Blut an seinen Händen und den Schuhen entdeckt hat, weiß er noch. An die Tat selber aber habe er keinerlei Erinnerung.
Gökhan D. ist kein unbeschriebenes Blatt. Zuletzt wurde er wegen gefährlicher Körperverletzung zu 14 Monaten Jugendstrafe mit Bewährung verurteilt. Schon da habe er sich geschworen, sein Leben zu ändern. Seine neue Freundin, mit der er sich in Stadelheim verlobt hat, habe ihm Halt gegeben. Doch auch die 34jährige Mutter dreier Kinder konnte nicht verhindern, dass er am 9. Januar wieder mit einem ehemaligen Komplizen loszog. Man besuchte zwei Mädchen, ging im Streit auseinander.
„Ich hatte einen schrecklichen Blackout“, wird Gökhan D. später aus dem Gefängnis an sein Opfer schreiben. „Es tut mir leid, aber eine Erklärung habe ich nicht, auch nicht für mich.“ Zum Erstaunen der Prozessbeteiligten begründet Gökhan D. sein schlechtes Gedächtnis mit psychischen Störungen und plötzlichen Wutausbrüchen. Der Verteidigung zufolge ist der 22-Jährige wegen seiner Erinnerungslücken bei einer Psychologin in Behandlung.
Auch Paul B. hat auf Grund seiner Alkoholisierung (1,5 Promille) nur noch verschwommene Erinnerungen an die Tat. Er war mit Freude unterwegs, die ihn am U-Bahnhof Aidenbachstraße absetzten. Da aber keine U-Bahn fuhr, habe er sich zum Schlafen auf die Bank gelegt. „Ich bin unsanft geweckt worden“, erinnert er sich. 14 Mal trat der Angeklagte zu – auch gegen den Kopf. „Er verlangte Geld oder Zigaretten von mir. Dann schlug er mich zwei Mal mit der Faust ins Gesicht.“
Der Azubi trug eine Platzwunde am Hinterkopf, sieben gesplitterte Zähne und einen Haarriss im Wangenknochen von dem Überfall davon. Außerdem schlage er im Schlaf um sich, berichtete er gestern. Gökhan D. will ihm Schmerzensgeld zahlen. Seine persönliche Entschuldigung nahm das Opfer gestern an. Die beiden schüttelten sich sogar kurz die Hände. Der Prozess wird fortgesetzt.
jot
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