Anwohner-Aufstand wegen Baustelle in Schwabing

Anwohner der Rheinstraße sind sauer, weil ihre Parkplätze zu Radwegen umgebaut werden. Sie kritisieren die Stadt – auch der Bezirksausschuss ist unzufrieden mit der Umsetzung.
David Gartner |
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Von 117 Parkplätzen sollen etwa zwei Dutzend nach dem Umbau erhalten bleiben, darunter auch Haltezonen für Handwerker und Paketboten. Viele der Anwohner fühlen sich schlecht informiert und übergangen. Sie äußern beim Termin am Donnerstag ihren Unmut.
Von 117 Parkplätzen sollen etwa zwei Dutzend nach dem Umbau erhalten bleiben, darunter auch Haltezonen für Handwerker und Paketboten. Viele der Anwohner fühlen sich schlecht informiert und übergangen. Sie äußern beim Termin am Donnerstag ihren Unmut. © Bernd Wackerbauer

München - An einer Straßenecke im Herzen von Schwabing, zwischen rot-weißen Bauabsperrungen und Baggern, posieren der Zweite Bürgermeister Dominik Krause mit Baureferentin Jeanna-Marie Ehbauer (beide Grüne) sowie Mobilitätsreferenten Georg Dunkel (parteilos) für ein Foto. Ob die Bezirksausschussvertreter auch dazu wollen, fragt Krause. "Nein!", ruft Patric Wolf (CSU), "wir haben dem Projekt nicht zugestimmt." Gemeint ist der Umbau der Rheinstraße – denn dieser gefällt längst nicht allen. Der Ortstermin am Donnerstag ist gut besucht, auch einige Anwohner sind gekommen.

Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer (v.l.), Zweiter Bürgermeister Dominik Krause und Mobilitätsreferent Georg Dunkel posieren, nebenan wettert der Vorsitzende des BA Schwabing-Freimann.
Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer (v.l.), Zweiter Bürgermeister Dominik Krause und Mobilitätsreferent Georg Dunkel posieren, nebenan wettert der Vorsitzende des BA Schwabing-Freimann. © Bernd Wackerbauer

"Viel Frust" bei den Anwohnern

Als eine "wichtige Ost-West-Verbindung" bezeichnet Krause die Rheinstraße, die vom Bonner Platz bis zur Leopoldstraße führt. Im Zuge des Umbaus soll der Großteil der Parkplätze entfallen. Von 117 sollen etwa zwei Dutzend bleiben, darunter auch Haltezonen für Handwerker und Paketboten. Dafür sollen deutlich breitere Rad- und Fußwege entstehen sowie Bäume gepflanzt werden. Droht in Schwabing ein Parkplatz-Kahlschlag? "Die Parksituation ist eh nicht einfach", meint Christoph Auffermann (40). Seit fünf Jahren wohnt er an der Ecke Mainzer Straße und Rheinstraße. In der Hausgemeinschaft gebe es "viel Frust", berichtet Auffermann, ältere Menschen würden sich sorgen, dass sie nicht mehr vor ihrem Haus parken können.

Breite Radwege statt Parkplätze: "Die Autos verschwinden ja nicht" 

Beim Ortstermin erzählt Bürgermeister Krause, für die Stadt sei es vor allem ein Projekt der Verkehrssicherheit. Denn hier an der Ecke Rheinstraße und Simmernstraße steht eine Grund- und Mittelschule. Direkt davor sei der Fußweg "besonders eng", so Krause. Mit dem Umbau werde der Gehweg auf bis zu 2,70 Meter verbreitert. Während Krause redet, ruft ein Anwohner dazwischen: "Die Wahrheit ist anders". Armand Presser (63) wohnt in der Rheinstraße, er ist ein Gegner des Umbaus. Er hat bereits 2023 eine Anfrage an die Polizei München gestellt, wie viele Unfälle es vor der Grundschule gab. Antwort: "Das Unfallaufkommen ist qualitativ und quantitativ sehr gering."

Die Stimmung vor Ort ist aufgebracht. Krause versucht zu beschwichtigen. "Muss es erst zu einem Unfall kommen, damit etwas verbessert wird?" Die Fronten scheinen verhärtet. Für den Elternbeirat der Grundschule ist die Sache klar. Seit 10 Jahren bemühe man sich um eine Verbesserung der Schulwegsicherheit. Das kann Auffermann nachvollziehen. Er sei kein "notorischer Gegner". Auch er habe Kinder und "Bäume werten die Umgebung auf". Doch in ihm schlagen "zwei Herzen", denn es bleibe das Problem, dass die Parkplätze wegfallen. Garagen gibt es hier keine, erzählt er. "Die Autos verschwinden ja nicht."

Meinungen der Anwohner gehen auseinander

Ein weiteres Problem sei für ihn die Kommunikation gewesen, so Auffermann. Der Baubeginn sei trotz Flyer für ihn sehr plötzlich gewesen. Der Hintergrund war ein schnellstmöglicher Baubeginn, so Horst Schiller, Abteilungsleiter im Baureferat. Gesetzlich seien drei Tage Frist vorgesehen, "wir versuchen fünf Tage einzuhalten". Außerdem seien 7500 Informations-Flyer verteilt worden. Laut AZ-Informationen kamen diese jedoch mindestens in einem Fall nicht bei den Bewohnern eines Wohnblocks in der Rheinstraße an.

Auch Leonie Bender (24) ist Anwohnerin der Rheinstraße. Auto besitzt sie keines, sie ist "mit dem Fahrrad oder öffentlich unterwegs". Daher könne sie die Aufregung nicht verstehen. "Ist doch super", meint sie. Konkret freut sie sich auch über die Bäume, die genau unter ihrem Balkon gepflanzt werden sollen. Ganz anders sehen das die Chefs einer Fahrschule und einer Wäscherei am Bonner Platz. Sie befürchten Umsatzeinbußen, wenn Kunden keine Parkplätze mehr finden.

Deutliche Kritik findet sich auch auf Aufklebern, die an einigen Hinweisschildern angebracht wurden.
Deutliche Kritik findet sich auch auf Aufklebern, die an einigen Hinweisschildern angebracht wurden. © Privat

Kompromissvorschlag übergangen? BA-Vorsitzender beschwert sich

Im Bezirksausschuss (BA) Schwabing-Freimann herrscht teilweise das Gefühl, übergangen worden zu sein, wie BA-Vorsitzender Patric Wolf erzählt. Er äußert Unmut darüber, dass ein Kompromissvorschlag des BA "auch unter Beteiligung der Grünen", wie er hervorhebt, nicht berücksichtigt wurde. Vertreter der Stadt entgegnen, der Stadtrat habe den Vorschlag des BA zur Kenntnis genommen und diskutiert, sich aber anders entschieden. Auch auf Grundlage des Bürgerbegehrens "Radentscheid" sowie eines "veränderten Mobilitätsverhalten", erklärt Mobilitätsreferent Georg Dunkel. Fuß- und Radverkehr haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen, so Dunkel.

Zum Schluss des Termins zeigt sich Patric Wolf vom BA dann noch versöhnlich. "Gutes Gelingen", wünscht er dem Bauprojekt, denn "es ist nun, wie es ist". In dem Moment fährt ein Auto vorbei. Aus dem offenen Fenster ruft der Fahrer: "Bravo, Stadt München." Ob das als Lob gemeint war, ist fraglich. Das Bauprojekt soll bis Winter größtenteils abgeschlossen sein. Der Konflikt um die Parkplätze in der Rheinstraße wird aber vermutlich nicht so schnell verschwinden

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  • ClimateEmergency vor 58 Minuten / Bewertung:

    " Doch in ihm schlagen "zwei Herzen", denn es bleibe das Problem, dass die Parkplätze wegfallen. Garagen gibt es hier keine, erzählt er. "Die Autos verschwinden ja nicht.""

    Auf Kosten der Kinder wurden Jahrzehnte lang vom Steuerzahler bezahlt, dann so eine plump arrogante Erwartungshaltung als wär es die Aufgabe der Stadt sich um einen Stellplatz für das persönliche Eigentum zu kümmern.

  • Boandl_kramer vor 2 Stunden / Bewertung:

    Leute wenn ihr diesen ganzen grünen Mist nicht wollt müsst ihr künftig anders wählen. Anfang 2026 ist bei der nächsten Kommunalwahl Gelegenheit dafür.

  • 30 in Bayern vor einer Stunde / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Boandl_kramer

    Neben ein paar gestrigen Kommentatoren hier, baue ich fest auf die vielen Münchner, die nach wie vor verstanden haben, dass weder schwarz und schon ganz sicher nicht blau diese Stadt irgendwie lebenswerter machen oder nach vorne bringen.

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