Trickbetrüger in München: Wie im Call-Center

Die Polizei spricht von „spektakulärer Serie“ – die Drahtzieher sitzen offenbar in Polen. Die Bande hat in München bereits viele Senioren über den Tisch gezogen.
Ralph Hub |
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Die Polizei spricht von „spektakulärer Serie“ – die Drahtzieher sitzen offenbar in Polen. Die Bande hat in München bereits viele Senioren über den Tisch gezogen und ihnen ein Vermögen abgeknöpft.

München - „Enkeltrick“-Betrüger in der Offensive. Die Bande hat in München bereits viele Senioren über den Tisch gezogen und ihnen ein Vermögen abgeknöpft. Alleine im Mai erbeuteten sie 157.000 Euro.

„Wir werden von einer Welle regelrecht überrollt“, sagt Kriminalhauptkommissar Friedrich Leuthner. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Anzahl der Fälle verdreifacht. Zwischen Januar und Mai schlug die Bande 57 Mal in München zu. Gesamtschaden: 227.000 Euro.

Zum Vergleich: 2011 waren es insgesamt 59 Fälle.

Eine 71-Jährige aus Obermenzing übergab am Dienstag einem Gauner 1,9 Kilo pures Gold in einer Papiertüte in der Feichtthofstraße. Schaden: 75.000 Euro. Sie dachte, sie würde mit dem Gold ihrem Neffen Michael aus der Klemme helfen.

Vergangene Woche übergab eine 81-Jährige 67.000 Euro. Sie dachte, sie würde damit einem guten Bekannten einen Gefallen tun. „Das sind hinterhältige Gauner, die alten Menschen oft die Ersparnisse ihres gesamten Lebens abknöpfen“, sagt Polizeivizepräsident Robert Kopp. „Die Täter sind sehr überzeugend, absolute Profis.“ Eine „spektakuläre Serie“, wie die Polizei selbst zugibt, die man momentan nicht im Griff hat. Ermittlungen ergaben, dass die Drahtzieher in Polen sitzen. Mit Hilfe von elektronischen Telefonverzeichnissen, suchen sie gezielt nach Leuten mit altmodischen Namen: Agatha, Kreszentia, Theresia – Namen, die auf Senioren hindeuten. Die werden von speziell geschulten Komplizen angerufen. „Das funktioniert wie in einem Callcenter“, berichtet Polizeihauptkommissar Siegfried Zens.

„Kennst meine Stimme nicht? Weißt nicht mehr, wer ich bin?“ - das sind zwei der beliebten Fangfragen, mit denen die Gauner Namen von Bekannten und Verwandten herausbringen wollen. Aus Freude, von einem geliebten Menschen wieder einmal etwas zu hören, verlieren die Angerufenen jegliches Misstrauen. manchmal genieren sie sich aber auch nur, zuzugeben, den Anrufer nicht zu erkennen. Sie fürchten dann, als vergesslich und senil angesehen zu werden.

Die Gauner tischen ihnen rührselige Geschichten auf. Sie bräuchten Geld für eine Immobilie, ein Auto oder steckten in Schwierigkeiten.

Selbst können sie das Geld nicht abholen, „dann würde der Schwindel auffliegen“, sagt Friedrich Leuthner. Deshalb wird ein Vertrauter geschickt. Dem geben die Opfer Geld, Schmuck und Gold, oft die gesamten Ersparnisse.

Nicht immer klappt die Masche. Bei einem 74-Jährigen aus dem Maxhof blitzten die Gauner am Dienstag ab. Ein vermeintlicher Neffe forderte 36.000 Euro für ein Auto. Dem Rentner kam die Sache suspekt vor. Er legte einfach auf.

Bereits wenige Vorsichtsmaßnahmen können helfen, nicht ausgeplündert zu werden – hier die Tipps der Polizei: Scheuen Sie sich nicht, zu sagen, dass Sie den Anrufer nicht kennen. Seien Sie misstrauisch, wenn jemand Geld verlangt. Legen Sie auf und rufen Sie den Betreffenden selbst an. Im Zweifel lieber die 110 - den kostenlosen Polizeinotruf wählen.

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