Eisbachwelle wiederbeleben: Münchens OB Reiter nennt Drei-Punkte-Plan

Nach der Bachauskehr fehlt von der Welle jede Spur. CSU-OB-Kandidat Baumgärtner meldet sich mit klaren Ansagen zu Wort, die Surfer berichten von einem Gespräch mit der Stadt.
von  Anna Kelbel, Guido Verstegen
Die Eisbachwelle in München.
Die Eisbachwelle in München. © Ben Sagmeister

Update vom 4. November, 15.27 Uhr: Jetzt hat sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zum weiteren Vorgehen in Sachen Eisbachwelle geäußert. Sie sei für ihn "mehr als nur ein Surfspot – sie ist ein Aushängeschild Münchens, ein Symbol für Lebensfreude, Sportgeist und unsere internationale Anziehungskraft", daher habe ihre Wiederherstellung "höchste Priorität", ließ Reiter via Instagram verlauten.

Mit der Stadtverwaltung, dem Wasserwirtschaftsamt und der Surfer-Community werde daran gearbeitet, die Ursachen für die veränderte Strömung zu klären und schnell eine tragfähige Lösung zu finden: "Wir werden jetzt erst einmal die Wasserzufuhr erhöhen, und zwar über das Maß hinaus, das normal war – um einen sogenannten Kickstart zu ermöglichen. Wenn das nicht funktioniert, werden wir eine Regulierung des Unterwassers überprüfen. Und die dritte und letzte Maßnahme, die zugegebenermaßen sehr aufwendig ist, wäre dann tatsächlich wieder Kies hineinzuschütten, um das Wellental künstlich zu erhöhen."  

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Update vom 4. November, 14.37 Uhr: Nach der Bachauskehr durch das städtische Baureferat lässt sich die weltweit berühmte Eisbachwelle nicht mehr surfen. Jetzt meldet sich der Münchner Bezirksverband der CSU zu Wort.

Baumgärtner: "Werden in der Stadtverwaltung die richtigen Prioritäten gesetzt?"

Deren Oberbürgermeister-Kandiat Clemens Baumgärtner fragt sich, was die Ursache für das Verschwinden der Welle ist und warum erste Versuche der Klärung durch OB Dieter Reiter (SPD) und das Baureferat bislang ohne Resultat geblieben sind. "Zwischenzeitlich sind weitere Fragen aufgekommen. Die Abendzeitung berichtet heute, dass das Baureferat seit Juni Sicherheitspersonal an der Welle postiert hat", wird Baumgärtner in einer Mitteilung des Münchner CSU-Bezirksverbands zitiert.

Er habe sich vor Ort selbst ein Bild gemacht. "Beim Anblick des Sicherheitspersonals am Fluss drängt sich aber auch noch eine Frage auf: Wieso und wozu wurden eigentlich die Surferinnen und Surfer überwacht? In anderen Bereichen – etwa, wenn es um die Sicherheit im ÖPNV geht, um die Aufstockung der U-Bahn-Wache oder des KAD – heißt es immer, das Personal sei zu knapp, das Geld sei zu knapp. Da muss man schon fragen: Werden in der Stadtverwaltung die richtigen Prioritäten gesetzt?", sagt Baumgärtner.

Baumgärtner: "Nur vom Machen kommt die Welle zurück und nicht vom Reden"

Viele Interessierte und Beteiligte wünschten sich eine transparente Aufklärung, nur dann ließen sich auch die notwendigen Schritte ergründen, um die Welle wieder zurückzuholen.

CSU-OB-Kandidat Clemens Baumgärtner möchte mehr Konzerte auf dem Königsplatz und fordert eine Änderung der Vergabekriterien.
CSU-OB-Kandidat Clemens Baumgärtner möchte mehr Konzerte auf dem Königsplatz und fordert eine Änderung der Vergabekriterien. © imago images/Sven Simon

Baumgärtner: "Und diejenigen, die sich öffentlichkeitswirksam für die Wiedereröffnung der Welle haben feiern lassen, fordere ich auf, sich jetzt auch mit ebenso viel Einsatz für die Rückkehr der Welle starkzumachen und die entsprechenden Maßnahmen schnellstmöglich umzusetzen. Denn nur vom Machen kommt die Welle zurück und nicht vom Reden!"

Verschwundene Surfwelle soll reaktiviert werden

Update vom 3. November, 14.03 Uhr: Die Eisbachwelle in München soll repariert werden. Ein erster Versuch sei für die kommenden Tage vorgesehen, sagte Mathias Schmidt von der Interessengemeinschaft Surfen in München (IGSM) nach einem Gespräch mit Vertretern von Stadt und Freistaat. Nicht nur bei den Surfern ist das Interesse groß, die berühmte Welle aufleben zu lassen. Stadt und Freistaat seien sehr bemüht, eine Lösung zu finden, so Schmidt.  

© Ben Sagmeister

Die Idee sei, die Wassertiefe des Eisbaches temporär künstlich zu erhöhen, um zu sehen, ob sich die Welle dann wieder aufbaut – und in der Hoffnung, dass sie auch bestehen bleibt, wenn der Wasserstand später wieder auf seine natürliche Höhe zurückgeht, erläuterte Schmidt. Sollte das nicht klappen, gebe es Überlegungen für eine weitere Variante im Zusammenspiel der Wasserstände von Eisbach und Schwabinger Bach. Das Baureferat kündigte für den Nachmittag eine Rückmeldung zu dem Treffen an. 

AZ vor Ort: Keine Surf-Fans an der toten Eisbachwelle

Update vom 3. November, 13.21 Uhr: So kennt man die Eisbachwelle im Englischen Garten gar nicht: Wie eine Welle sieht sie im Moment eigentlich nicht aus. Stattdessen sprudelt sie eher vor sich hin, schwappt hin und her und wirkt insgesamt eher traurig als einladend, berichtet unser AZ-Reporter bei einem Besuch vor Ort. Der Wasserstand hat sich augenscheinlich wieder reguliert – nur die Welle fehlt. Eine der berühmtesten Münchner Sehenswürdigkeiten ist verschwunden. Das ist auch für die Surfer ein herber Schlag, war sie doch gerade erst wieder eröffnet worden. Kein Wunder also, dass sich am Dienstagvormittag keine Surf-Fans vor Ort blicken lassen.

Erstmeldung vom 3. November: Bei der Eisbachwelle ist gerade ganz schön der Wurm drin: Eigentlich fehlt der Surf-Hotspot auf keiner Liste zu den Top-Sehenswürdigkeiten Münchens und steht für das Lebensgefühl der Stadt.

Zuletzt mussten die Surfer allerdings zwei Wochen auf dieses Lebensgefühl verzichten. Der Grund: eine Bachauskehr. Am Wochenende hatten sich viele Surfer wieder auf die Freigabe des Eisbachs gefreut. Am Freitag wurde außerdem eine neue Beleuchtungsanlage, ein über elf Meter hoher Mast für erhöhte Surf-Sicherheit im Dunkeln, in Betrieb genommen.

Eisbach nach Bachauskehr unsurfbar: Pegel zu tief?

Die Wiedereröffnung der Welle fiel jedoch ins Wasser – wortwörtlich. Der Wasserpegel war nämlich so tief gefallen, dass das Surfen unmöglich war. Am Sonntagmittag erreichte das Wasser einen Tiefstand von 1,21 Meter. Ideal zum Surfen wären 1,50 Meter. Wegen des niedrigen Pegelstands kommt keine Welle zustande.

Am Montagvormittag hat sich die AZ auf Erkundungstour an den Eisbach begeben. Pegelstand zu der Zeit: 1,44 Meter – fast wieder normal. Auch der gemessene Wasserabfluss von 25,2 Kubikmetern pro Sekunde ist ein Normalwert. Von einer Surferwelle fehlt jedoch jegliche Spur.

Adrenalingeladene Wellenreiter in Neoprenanzug mit Surfbrett unter dem Arm sucht man ebenfalls vergeblich. Nur Surfer Jan Vogt steht bei der Einstiegsstelle – bedröppelt und in Freizeitklamotten. Minutenlang blickt der 41-Jährige wie hypnotisiert aufs Wasser, schüttelt hin und wieder seinen Kopf: "Eigentlich wollte ich heute oder morgen Surfen gehen, aber das wird wohl nichts."

Vogt, in der Au geboren, kennt sich aus mit Wellen. Nicht nur, weil er seit 25 Jahren auf der Eisbachwelle surft, sondern auch, weil er 17 Jahre lang für den Extremsportler Jochen Schweizer die sogenannte "City Wave" mitbaute. Das ist ein künstlich erzeugter, stehender Indoor-Wellenpark zum Surfen in Taufkirchen nördlich von München.

"Wenn umgegraben wird, verändert sich der Wasserstand"

Surf-Spezialist Vogt erklärt: "Wenn, wie zuletzt bei der Bachauskehr, umgebaut oder umgegraben wird, verändert sich der Wasserstand." Eine Welle wie die am Eisbach sei "sensibel". Vogt fügt hinzu: "Das sieht nun endlich auch die Stadt."

Ob er glaubt, dass es was wird mit dem Surfen in den nächsten Tagen? Vogt schnaubt: "Nur, wenn die Stadt die richtigen Leute an den Kanal lässt und auch mal die Surfer mit einbindet." Für die Surfer-Gemeinschaft sei die fehlende Welle "richtig ärgerlich".

Münchner Eisbachwelle wegen niedrigem Wasserpegel nicht surfbar –Münchner und Münchnerinnen schauen ungläubig auf den sonst sehr belebten Surf-Spot. München, 3. November 2025.
Münchner Eisbachwelle wegen niedrigem Wasserpegel nicht surfbar –Münchner und Münchnerinnen schauen ungläubig auf den sonst sehr belebten Surf-Spot. München, 3. November 2025. © IMAGO/Wolfgang Maria Weber (www.imago-images.de)

Ein weiterer Surfer, seinen Namen möchte er nicht nennen, gesellt sich dazu: "Ich war heute stattdessen auf der E2 surfen." Die "kleine Eisbachwelle" ist seit 2012 im Betrieb. Zu ihr gelangt man nur noch erschwert. In diesem Frühjahr haben Anwohner der E2 einen Zaun direkt am Ufer aufgestellt. Eine Ersatzlösung für die Surfer ist das nicht.

"Keine Beschädigungen festgestellt"

Wie erklärt man sich beim zuständigen Baureferat die fehlende Welle? Bei der Bachauskehr, erklärt das Referat auf AZ-Nachfrage, werde das "das Bachbett von Unrat und Sedimenten befreit, die sich am Grund ablagern". Bei abgesenktem Wasserspiegel würden auch "erforderliche Reparaturen ausgeführt", weil "durch mitgerissenes Treibgut Schäden an Böschungen, Dämmen und Brücken entstehen können". Das Referat erklärt aber auch ausdrücklich: "Bauliche Veränderungen an der Eisbachwelle oder ihrer Seitenbereiche wurden bei der Bachauskehr nicht vorgenommen." 

Auch nach nochmaliger Überprüfung am Montagvormittag "auf Bitte des Oberbürgermeisters" habe man "keine Beschädigungen" feststellen können.

Nach dem Öffnen der Schleusen nach einer Bachauskehr müsse sich das gesamte Gewässersystem immer erst wieder vollständig auffüllen, "dies nimmt in der Regel einige Zeit in Anspruch".

"Heute weist der Eisbach wieder den gewöhnlichen Pegelstand auf", heißt es weiter, "die Surferwelle ist leider bisher nicht vorhanden." 

Kurzum: Auch im Baureferat kann man sich das Ausbleiben der Surfwelle nicht erklären.

Auf dem Wasser bleibt es also vorerst leer. In Flussrichtung links stehen zwei dunkel gekleidete, groß gewachsene Männer. Ihre Blicke sind aufmerksam auf das Geschehen rund um den Eisbach gerichtet. Sind das etwa Securitys, die darauf schauen, dass niemand etwas in den Eisbach schmeißt?

Erneute Nachfrage beim Baureferat. Seit Juni 2025 hat die Stadt München einen externen Dienstleister "mit der Einhaltung der geltenden Sicherheitsregeln" betraut.

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