Traditionsunternehmen hat 100. Geburtstag: ARRI - Global Münchnerisch

Von Altersschwäche keine Spur: ARRI - das Traditionsunternehmen in Schwabing für Filmtechnik feiert 100. Geburtstag.
München - Auf der ganzen Welt aktiv, in Bayern zu Hause. Ob in Hollywood oder Bollywood, der Name ARRI ist ein Begriff. Auch im 100. Jahr seines Bestehens. Wohl jeder renommierte Kameramann hat die berühmten ARRIFLEX in verschiedenen Variationen eingesetzt, von Kamera-Legende Michael Ballhaus, der allein sieben Mal für Martin Scorsese arbeitete, bis Gernot Roll ("Rossini") oder Joseph Vilsmaier ("Comedian Harmonists"), der bei ARRI in den 1950er Jahren in die Lehre ging. Allein 19 Mal wurde ARRI mit dem Technik Oscar ausgezeichnet, in diesem Jahr für die "innovative Technologie" des Digitalkamerasystems ALEXA.
Eines der ersten Produkte von ARRI war eine Filmkopiermaschine. Foto: ARRI
Begonnen hat die Erfolgsgeschichte in einem kleinen ehemaligen Schuhmacherladen in der Türkenstraße. Dort gründeten die zwei Schulfreunde August Arnold und Robert Richter, passionierte Techniker und Filmfans, am 12. September 1917 die Firma ARRI, heute das weltgrößte Unternehmen für Film-Ausrüstung. Wegen ihres jugendlichen Alters mussten die Eltern die Gründungsurkunden unterzeichnen. Der Firmenname setzt sich aus den Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen zusammen. 100 selbstproduzierte Filme, zumeist "Isar-Western", später Heimatfilme und Filme mit Karl Valentin drehten die beiden, ab 1924 entwickelte das Duo Filmzubehör wie Beleuchtung, Ende der 1920er Jahre dann Kameras. 1937 folgte der Durchbruch mit der ARRIFLEX-Kamera mit Spiegelverschluss. Eine Revolution, konnte man doch durch den Sucher das Originalbild sehen. Die immer weiter entwickelte ARRIFLEX-Kamera wurde eingesetzt in Meisterwerken wie "Easy Rider", "Das Boot" "Out of Africa", "Good Fellas" oder "The Departed".
Preisgekrönte Filme wurden mit neuem ARRI-Equipment gedreht
Das Unternehmen wuchs und wuchs auf heute 1.500 Mitarbeiter weltweit, ist neben Europa in Nord- und Südamerika, Asien und Australien präsent und führend in Entwicklung, Herstellung, und Vermarktung von Kamera- und Beleuchtungssystemen für die Filmindustrie mit weltweitem Servicenetz. Ein echter Global Player. Daneben ist ARRI als Mediendienstleister in der Postproduktion, im Kamera-, Licht und Bühnenverleih aktiv. Vor einigen Jahren kam der Bereich Medizintechnik hinzu.
Das Traditionsunternehmen stellte sich frühzeitig neuen Herausforderungen, schaffte den schwierigen Übergang vom Analog- ins Digitalzeitalter mit der ALEXA, einer Digitalkamera, die schnell zum Liebling der Kamera-Profis wurde – vom Bond-Film "Skyfall" über "The Life of Pi" bis hin zu "Birdman".Von 19 Wettbewerbsfilmen des diesjährigen Festival de Cannes wurden 16 mit Kamerasystemen von ARRI gedreht, auch "The Square" von Golden-Palmen-Gewinner Ruben Östlund.
Robert Richter und August Arnold, die Gründer von ARRI. Foto: ARRI
Vorstand Jörg Pohlman: "Durch die Digitalisierung ist manches einfacher, vieles auch komplexer geworden. Wir haben in den letzten vier Jahren das Personal im Bereich Forschung und Entwicklung verdreifacht". Er sieht keine Marktsättigung, auch bei Netflix oder Amazon benötige man Kameratechnik.
ARRI lebt vom kreativen Input aus der Filmindustrie
Zur DNA des Unternehmens gehört seit Beginn der Austausch mit Kameraleuten und Filmschaffenden, "die Beziehung zu den Kreativen der Filmindustrie. Dadurch erhalten wir wertvolle Anregungen, die in Entwicklung und Verbesserung unserer Produkte und Dienstleistungen einfließen", so Vorstand Franz Kraus, seit über 30 Jahren bei ARRI. Angeboten werden hochwertige Technik bei Arbeitsabläufen vom Drehbuch bis zum fertigen Film auf der Leinwand.
Noch ist Schwabing der Nabel der internationalen Filmtechnik. Aber es wird eng. Geplant ist eine neue Zentrale nördlich des Mittleren Rings mit einer Nutzfläche von 20.000 qm, Arbeitsplatz für 600 Mitarbeiter mit kürzeren Wegen und besserer Kommunikation. Pohlman: "Mit dem Neubau eines großen Produktions- und Bürogebäudes in der Parkstadt Schwabing bekennen wir uns weiterhin zu München und Bayern als Produktionsstandort". Für die Zukunft mit den notwendigen Innovationen ist die Firma, die sich immer noch als Familienbetrieb mit flachen Hierarchien versteht, gerüstet.
Gefeiert wurde das Jubiläum schon auf dem ARRI-Gelände im Sommer, vor zwei Tagen noch einmal im kleinen und exklusiven Kreis u.a. mit Medienministerin Ilse Aigner und Heimat-Regisseur Edgar Reitz. Der erinnerte sich schmunzelnd daran, wie ihn der alte Arnold als Student aufforderte, eine ARRI-Kamera auseinanderzunehmen und wieder zusammenzubauen, erst dann würde er sie kostenlos für seinen Dreh bekommen. Reitz, Sohn eines Uhrmachers, schaffte es.
Gäste bei der Feier im Isarforum von links nach rechts: Franz Kraus (Arri), Ministerin Ilse Aigner, Bürgermeister Josef Schmid, Moderatorin Nina Eichinger und Jörg Pohlman (Arri). Foto: Wackerbauer
Und am Donnerstag heißt es noch einmal "Happy Birthday" bei einem riesigen international ausgerichteten Fest in Amsterdam, im Vorfeld der International-Broadcast-Messe IBC. Angestoßen wird selbstverständlich auf die nächsten 100 Jahre ARRI.