Tourismus boomt: Nur die Russen bleiben weg

München erfreut sich weiterhin einer großen Beliebtheit bei ausländischen Touristen. Allein Gäste aus Russland (die gutes Geld dalassen) sind weniger geworden. Vor allem in der Hochpreis-Branche macht sich das bemerkbar. Eine Bestandsaufnahme
München - Sie fallen im Stadtbild nicht ganz so auf wie Besucher aus arabischen Staaten, aus Japan oder China. Und doch spüren manche in der Stadt ihre Abwesenheit ganz deutlich. Die Russen fehlen in der Stadt. Und diejenigen, die trotz der politischen Großwetterlage und galoppierender Inflation in ihrer Heimat in den Westen reisen, geben deutlich weniger Rubel aus als früher.
Die Straßencafés sind mitunter eher leer – und das liegt momentan nicht nur am durchwachsenen Wetter. Drinnen an den Tischen wird kräftig palavert: auf italienisch, englisch, japanisch. Doch Russisch hat man in dem kleinen Café am Dom schon einige Zeit nicht mehr gehört.
„Russen sind selten geworden“, sagt eine Bedienung. Sie stammt selbst von der Schwarzmeerküste, spricht fließend russisch. Doch anfangen kann sie immer weniger damit.
Im ersten Halbjahr 2014 ging die Zahl der Touristen aus Russland nach Angaben der Stadt um 1,2 Prozent zurück. „Die Zahl der Übernachtungen sank zudem auf 254 544“, sagt Karoline Graf von München Tourismus. Macht ein Minus von 2,5 Prozent.
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Vor allem bei den Fünf-Sterne-Hotels macht sich der Rückgang bemerkbar. Im Bayerischen Hof beträgt das Minus laut Eigenauskunft immerhin 25 Prozent. Bei vielen Konkurrenten sieht es nicht besser aus. „Wir gehen davon aus, dass sich die Situation in den kommenden Monaten nicht bessern wird“, sagt Pressesprecherin Ulrike Barcatta.
Was in den Suiten der Münchner Luxus-Hotels beginnt, setzt sich auf den Flanier-Meilen fort. „Früher hatte man an machen Tagen das Gefühl, in einer Filiale in Moskau zu arbeiten“, erzählt die Mitarbeiterin eines internationalen Modelabels.
Die Boutiquen mit teuren Designer-Moden sind betroffen. Aber auch Uhren- und Schmuckboutiquen verzeichnen ein kräftiges Minus bei den Umsätzen mit russischen oder auch ukrainischen Touristen.
„In einigen Geschäften sind das um die 20 Prozent“, bestätigt Wolfgang Fischer vom Verbund City-Partner. Teure Mode, teure Accessoires bleiben plötzlich in den Regalen liegen und setzen Staub an. „Bei uns kostet eine Handtasche bis zu 50 000 Euro“, rechnet eine Verkäuferin vor, „da kann man sich leicht ausrechnen, was an manchen Tagen in der Kasse fehlt“.
Laut dem Shoppingguide „Globalblue“ haben russische Touristen im zweiten Quartal 2014 im Schnitt 335 Euro pro Einkauf und Geschäft ausgegeben, bei Uhren und Schmuck sind es sogar 1136 Euro. Nur bei Chinesen und Arabern sitzt das Geld noch lockerer.
Den Spaß am Shopping-Urlaub in München verderben den Russen gleich mehrere Faktoren. Da wäre der Konflikt in der Ost-Ukraine. Die EU hat Sanktionen gegen Moskau verhängt. Viele Russen reagieren verärgert: „Wir sind im Westen nicht mehr willkommen“, sagen mache ganz offen.
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Der zweite Grund hat ebenfalls mit der Ukraine zu tun: Die Sanktionen heizen die Inflation in Putins Reich an. Der Rubel ist im Ausland immer weniger wert. Das trifft vor allem die zu Wohlstand gekommene russische Mittelschicht hart. Für sie ist Urlaub in München immer schwieriger zu finanzieren. Viele Touristen weichen deshalb auf die Krim aus oder fliegen gleich in die Türkei.
Probleme gibt es oft auch bei der Vergabe von Visa, sagt Wolfgang Fischer von City-Partner. Manche Russen müssen ihre Chefs inzwischen um Erlaubnis fragen, wenn sie im Westen Urlaub machen wollen. Davon betroffen sind vor allem Beschäftigte bei Staatsbetrieben oder auch Beamte.
Die Münchner Geschäftsleute geben das Jahr noch nicht verloren. Zum Winter hin kommen traditionell mehr Russen nach München. Die wollen dann nicht nur shoppen, sondern auch Ski fahren.
Und noch ein Trend lässt die Münchner Tourismusbranche hoffen: Die Schweizer entdecken München neu. „Der Wechselkurs Franken in Euro ist günstig“, sagt Wolfgang Fischer, „da wird ein Einkaufsbummel durch München zum Schnäppchen.“