Totes Baby im Schrank: Angeklagte schweigt
MÜNCHEN - Die wegen Kindstötung angeklagte Alexandra S. hat sich zum Prozessauftakt vor dem Münchner Landgericht am Donnerstag zunächst nicht zu den Vorwürfen geäußert.
9.40 Uhr, Saal 166, Münchner Landgericht: Blitzlichtgewitter, surrende Kameras. Im schwarzen Hosenanzug, den Kopf mit einem Tuch verhüllt, lässt sich Alexandra Sch. (39) zur Anklagebank führen. Sie wagt keinen Blick zu den voll besetzten Zuschauerreihen. Sie schämt sich für ihre Tat.
Kindstötung in zwei Fällen wirft ihr die Staatsanwältin vor. Eine Tochter soll sie im Oktober 1995 im Klo geboren und sterben haben lassen. Im Januar 2009 brachte sie in der mit Wasser gefüllten Badewanne in ihrer Wohnung in München-Haar einen Buben zur Welt. Das Baby starb nach wenigen Minuten.
Danach soll sie das Baby in eine Plastiktüte und einen Stoffsack gesteckt und auf dem Balkon versteckt haben. Freunde fanden das tote Baby, als sie der Angeklagten beim Aufräumen auf dem Balkon halfen (AZ berichtete).
Die 1,63 kleine und 92 Kilo schwere Angeklagte erzählt flüsternd von ihrem Leben. Unehelich kommt sie zur Welt. Ihr leiblicher Vater sei ein Hallodri gewesen: „Er ist Engländer, hatte eine Familie, als er meine Mutter kennen lernte.“ Sie wächst mit einer Stiefschwester auf. Die Mutter ist alkoholabhängig, der Grund für die Trennung ihrer Eltern. 1996 stirbt ihre Schwester an Drogen. „Meine Mutter gab mir die Schuld an dem Tod meiner Schwester. Ich hätte mich nicht richtig um sie gekümmert.“
Nach der Hauptschule macht sie eine Lehre zur Einzelhandelskauffrau und heiratet mit 19 Jahren. Im Oktober 1991 kommt ihr Sohn zur Welt. Mit 26 lässt sie sich wieder scheiden: Sie hatte herausgefunden, dass ihr Mann, der in einem Lebensmittelladen arbeitete, kriminell war: „Er hatte bei seinem Arbeitgeber Sachen und Geld unterschlagen.“ Der Schaden betrug damals rund 60 000 Euro, wurde aber außergerichtlich geregelt.
Dann lernt Alexandra Sch. ihre große Liebe kennen und bringt im September 2001 eine Tochter zur Welt. 2003 geht die Beziehung auseinander – er hatte eine andere. Sie verliert ihren Arbeitsplatz bei Schlecker, nimmt Schmerztabletten, bis zu 100 Stück am Tag. Verwandte halten sie und ihre beiden Kinder finanziell über Wasser. Sie gibt sich mit viel jüngeren Männern ab, auch der Vater des toten Jungen ist erst 19. Über die Kindstötung selbst will sie keine Angaben machen. Der Prozess dauert an.
Torsten Huber
- Themen:
- Landgericht München