Thomas S.: "Hinterhältig" und "cholerisch"
Im Kraillinger Kindermordprozess sagt die Großmutter der getöteten Mädchen aus. Sie beschreibt den Angeklagten als aufbrausenden Schmarotzer. Dessen Ehefrau schweigt vor Gericht
MÜNCHEN - Nein, die Frau hat offenbar keinen Zweifel daran, wer ihre Enkeltöchter getötet hat. Und sie hat eine Wut.
Doris S. (70) ist die Großmutter von Sharon († 11) und Chiara († 8), die in Krailling so grausam ermordet worden sind. Am Donnerstag sagte sie im Mordprozess aus – und ließ dabei kein gutes Haar am Angeklagten: Thomas S. (51) ist der Onkel der toten Kinder – und Ehemann von Ursula S., der älteren Tochter von Doris.
Laut der Großmutter haben Streitereien und Geldschwierigkeiten das Leben von Ursula und Thomas S. geprägt; das Paar hat vier gemeinsame Kinder – und sich beim Bau eines Hauses in Peißenberg finanziell komplett übernommen (AZ berichtete).
Sie sei mit ihm von Anfang an nicht zurecht gekommen, sagte die 70-Jährige vor dem Landgericht. Sie beschrieb ihren Schwiegersohn, von Beruf Postbote, als Schmarotzer. Er sei „hinterhältig“ und heruntergekommen. Dazu noch „cholerisch“ und bei Streitigkeiten „richtig ausfallend“.
Thomas S. hörte die Aussagen im Gerichtssaal mit an, zeitweise breit grinsend. Immer wieder schüttelte er zu den Aussagen seiner Schwiegermutter den Kopf. Er schweigt zu den Vorwürfen.
Dafür erzählte Doris S. – etwa davon, wie sich der Angeklagte bei Familientreffen zurückgezogen habe. Außerdem habe er sie einmal aus der Wohnung geworfen. Der Familienstreit schwelte lang.
<WC1>Der Postbote habe etwa nicht gewollt, dass sich die Großmutter um seine Kinder und auch um seine an Krebs erkrankte Frau kümmerte. „Es war jedenfalls eine fürchterliche Auseinandersetzung und Streiterei.“
2009 etwa habe Ursula mit den Kindern bei ihr gewohnt, sagt Doris S.; plötzlich habe damals Thomas S. vor der Tür gestanden und wollte seine Frau und die Kinder holen. Ursula und er hätten sich furchtbar gestritten. Er habe dabei auch mit einer Scheidung gedroht: Sie habe mitzukommen. Sie wollte bleiben. Daraufhin sei er wütend wieder ins Auto gestiegen – und nach einiger Zeit doch wieder an der Wohnungstür erschienen: Da habe er Ursula angeschrien und gedroht: „Wenn du nicht mitkommst, werde ich dich umbringen und die Kinder auch!“
Schließlich ist der Draht zwischen Thomas und Ursula und ihrer Verwandtschaft in Krailling ganz gekappt. Seit etwa drei Jahren habe sie keinen Kontakt zu dieser Familie mehr gehabt, sagte Doris S. vor Gericht. Die Kosmetikerin: „2009 habe ich mich überworfen. "Da hab' ich Schluss gemacht, weil es immer wieder so eskaliert ist. Ich wollte dann nicht mehr.“
Zu Ursulas Schwester, also der Mutter von Chiara und Sharon, zu den Mädchen und zum Lebensgefährten ihrer jüngeren Tochter sei das Verhältnis sehr liebevoll und konfliktfrei gewesen, schilderte Doris S.: Ihre beiden Enkelinnen Chiara und Sharon habe sie bis zuletzt regelmäßig gesehen. Ihre Tochter, die Mutter der Kinder, habe sich nach dem Verbrechen nicht erholt. „Es geht ihr sehr, sehr schlecht.“
Am Nachmittag erschien dann auch Doris’ Tochter Ursula, die (Noch-)Ehefrau des Angeklagten, erstmals vor Gericht. Mitte Januar hatte die noch in einem RTL-Interview über ihren Mann gesagt: „Wenn er jemals wieder auf freien Fuß kommt, habe ich immer den Gedanken, er bringt die Kinder wie auch mich um aus Rache.“
Vor Gericht verweigerte sie die Aussage. Nach fünf Minuten war sie wieder verschwunden.
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