Termin verpasst: Patientin muss 300 Euro blechen

Die Münchnerin Kathrin Stadler (34) will ihre Zähne behandeln lassen und vergisst den Termin: Jetzt plagt sie ein Loch im Portemonnaie – denn der Arzt verlangt ein saftiges Ausfallhonorar
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Kathrin Stadler musste ein Ausfallhonorar zahlen, weil sie einen Zahnarzttermin verpasste
Petra Schramek/ddp Kathrin Stadler musste ein Ausfallhonorar zahlen, weil sie einen Zahnarzttermin verpasste

Die Münchnerin Kathrin Stadler (34) will ihre Zähne behandeln lassen und vergisst den Termin: Jetzt plagt sie ein Loch im Portemonnaie – denn der Arzt verlangt ein saftiges Ausfallhonorar

MÜNCHEN Persönlich hat ihr Zahnarzt bis heute nicht mit Kathrin Stadler gesprochen. „Nur seine Anwaltsschreiben kommen immer pünktlich“, sagt die 34-jährige Münchnerin. Und auf Pünktlichkeit legt der Arzt auch bei seinen Patienten großen Wert – ansonsten zahlen sie die vollen Behandlungskosten.

Im September hatte Stadler zwei Termine in der Praxis von Oliver W. in der Sonnenstraße ausgemacht. Ihre Zahnhälse lagen offen und sollten aufgefüllt werden. Doch die Angestellte musste auf Geschäftsreise und vergaß in der Hektik, die Termine abzusagen. „Das war sicher nicht richtig, aber kann jedem mal passieren“, sagt sie.

Wenig später trudelte der erste Anwaltsbrief ein: Dem Zahnarzt seien „nicht unerhebliche Unkosten entstanden“. 221,67 Euro sollte Stadler für die versäumte Behandlung zahlen. „Das ist einfach viel zu viel. Für was?“, sagt Stadler. „Als ich in der Praxis angerufen habe und mit W. reden wollte, war die Helferin echt unverschämt und wimmelte mich ab.“

Was Kassenpatientin Stadler nicht wusste: Vom Gesetz her ist Zahnarzt W. im Recht. Gerade bei Zahnärzten ist ein Ausfallhonorar gerechtfertigt, weil sie ihre Behandlungen nach Terminen vergeben. Kommt ein Patient nicht, ist das ganze Team für diese Zeit blockiert – schaut nicht gerade ein Notfall vorbei. In diesem Fall müsste der Patient dann wieder warten.

3,38 Euro pro Minute

Als Stadler sich zunächst weigerte, die Summe zu zahlen, machte der Arzt ihr ein Vergleichsangebot: 160 Euro solle sie zahlen, dazu die Anwaltskosten von 46,41 Euro. Stadler hakt erneut nach, bekommt wieder keine Antwort. Bis heute wisse sie nicht, wie sich das Ausfallhonorar von über 200 Euro im Einzelnen zusammensetzt.

Die AZ wollte nachfragen, wurde in W.s Praxis aber mehrmals abgewiesen. Der Anwalt des Zahnarztes verweist auf die Schweigepflicht und möchte die Summe nicht kommentieren. Dafür kommt schriftlich diese Antwort: Kathrin Stadler habe sich „ausdrücklich damit einverstanden erklärt“, bei einem versäumten Termin ein Ausfallhonorar zu zahlen. So stehe es im Anamnesebogen, den jeder Patient vor seiner ersten Behandlung unterschreiben müsse.

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayern gibt W. recht: Rechne man alle Praxiskosten auf die Minute herunter, so die Vereinigung, koste eine Minute beim Zahnarzt 3,38 Euro. Für die Stunde macht das 202,80 Euro – also etwa der von W. geforderte Betrag. „Die Summe ist damit überhaupt nicht überzogen“, sagt ein Sprecher.

Stadler hat mittlerweile 303 Euro gezahlt: Das Ausfallhonorar plus die inzwischen über 80 Euro Anwaltskosten. Ihre Zähne lässt sie sich jetzt allerdings von einem anderen Arzt richten.

Anne-Kathrin Koophamel

Die Patientenbeauftragte hilft

Wer Ärger mit seinem Arzt hat, für den gibt es mehrere Möglichkeiten und Anlaufstellen. Die neueste heißt Dr. Gabriele Hartl und wurde vom Gesundheitsministerium vor kurzem zur „Patientenbeauftragten“ ernannt. „Für alle Fragen habe ich ein offenes Ohr und versuche, jedem eine Lösung aufzuzeigen. Mit meinen vier Mitarbeitern nehme ich mich dann der Sache an“, versprach sie im AZ-Interview. Erreichbar ist Hartl, selber eine Chirurgin, im Internet auf www.patientenportal.bayern.de. Die Postanschrift lautet: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit Rosenkavalierplatz 2, 81925 München. Außerdem gibt es eine Telefonsprechstunde jeden Donnerstag von 10 bis 11 Uhr unter der Telefonnummer (089) 9214 3730 begin_of_the_skype_highlighting              (089) 9214 3730      end_of_the_skype_highlighting. Ein kompetenter erster Ansprechpartner für Betroffene ist natürlich auch die eigene Krankenkasse.

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