Tausende Fische gegen Millionenprojekt: Rettungsaktion im Sendlinger Loch

Von dem Baugerüst, das bis hinunter in das tiefe Loch reicht, sind sie mit bloßem Auge zu erkennen: Hunderte kleine Fische tummeln sich neben einer schwimmenden Arbeitsplattform (Ponton) und einem Boot. Schätzungsweise leben hier mehrere Tausend, vor allem Rotaugen und Giebel – noch. Zwei Drittel des Wassers sind bereits weg.
Der neue Eigentümer Pembroke und der Projektentwickler Ehret+Klein haben in den vergangenen Wochen 20 Millionen Liter Wasser, das sich in fünf Jahren Baustillstand im Sendlinger Loch angesammelt hatte, abpumpen lassen. "Die Menge entspricht 20-mal dem Südbad", sagt Petr Lehr, Sprecher von Ehret+Klein.
Sprecher führt die AZ auf der Baustelle Sendlinger Loch herum – Zwei Drittel des Wassers bereits abgepumpt
Er hat die AZ auf der Baustelle herumgeführt. Das abgepumpte Wasser fließt durch dicke Rohre zu einem mit Sand gefüllten Container neben der Alramstraße. Dort wird es gefiltert. Danach fließt es weiter zu einem unscheinbaren Sickerbrunnen ein paar Meter weiter – und gelangt von dort zurück ins Grundwasser. "So gutes Wasser sollte man nicht verschwenden", sagt Lehr.

Noch im Herbst soll nun auch endlich mit dem Neubau begonnen werden. Wie berichtet, will Eigentümer Pembroke – statt luxuriösen Eigentumswohnungen, die der vorherige Eigentümer geplant hatte – Mietwohnungen bauen. Beim Baustellenbesuch sind aber keine Arbeiter zu sehen. "Wir warten aktuell auf die Freigabe für die zweite Anker-Lage vom Statiker", sagt Lehr.
Die Anker sind Stahlseile in den Seitenwänden, die im Boden verankert sind. Rund 500 Stück sichern die Grube, damit sie nicht einstürzt. Da das Projekt so lange stillstand und Gewährleistungsfristen abgelaufen sind, müssen sie einzeln überprüft werden. Bislang gab es offenbar keine gravierenden Probleme. Das Wasser habe Druck von den Wänden genommen, also die Grube stabilisiert, so Lehr. Korrosion halte sich in Grenzen, die Grube sei damals "sehr gut gemacht" worden.
Sprecher des Projektentwicklers: "Tote Fische wollen wir hier keine sehen"
Sobald die Freigabe da ist, wird das restliche Wasser abgepumpt. Doch da sind ja noch die vielen Fische. Die Rotaugen wurden vermutlich als Eier im Gefieder von Enten hereingetragen. Die Giebel sind wohl Nachkommen von Goldfischen, die ausgesetzt wurden. "Tote Fische wollen wir hier keine sehen", sagt Lehr. Bei Niedrigwasser sollen sie "tierschutzgerecht" aus der Grube gefischt werden. Dafür, so der Plan, sollen sie zuvor mit Strom betäubt werden. Spezialisten sind bereits beauftragt.

Die Aktion wird aufwendig und kompliziert – das hatten mehrere Experten bereits in der AZ zu Bedenken gegeben. Ob sie gelingen wird? Naheliegend, dass der Bauherr nicht unbedingt will, dass halb Sendling dabei zuschaut. Vor Kurzem wurde am Loch ein grüner Sichtschutz angebracht. Die offizielle Begründung lautet: damit die Arbeiter ungestört arbeiten können. Doch einige Sendlinger wollen offenbar sehen, was an und in der Grube passiert: Der Sichtschutz ist schon ein paar Mal heruntergerissen worden.