Stromer als Streifenwagen: So ist die Münchner Polizei in der Zukunft unterwegs
Es ist die klassische Gretchenfrage beim Autokauf: Lieber eines mit Verbrennungsmotor oder doch ein Fahrzeug mit Elektroantrieb? Die Polizei in Bayern testet gerade verschiedene Modelle von BMW, Audi und VW. In den Präsidien ist man mit den neuen elektrischen Streifenwagen sehr zufrieden. Doch was passiert, wenn das Aus vom Verbrenner-Aus in der EU tatsächlich kommen sollte?
Die Zulassungszahlen für Elektroautos in Deutschland steigen. Nach Branchenangaben sind im September 2025 deutlich mehr rein batterieelektrische Pkw neu zugelassen worden. Ihr Marktanteil liegt demnach in Summe der ersten neun Monate bei rund 18 Prozent.

Der positive Trend könnte schnell abflauen, wenn das Verbrenner-Aus gekippt wird und nach 2035 in der EU weiterhin Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotor zugelassen werden dürfen. Die viel diskutierte Planungssicherheit – sie ist jetzt schon dahin.
Bisher überwiegen bei der bayerischen Polizei klar Autos mit Verbrennungsmotor. Aktuell sind es nach Angaben des Innenministeriums 9740 Autos und etwa 180 Motorräder.
Stromer sind dagegen derzeit noch eine verschwindend kleine Minderheit im Fuhrpark. In ganz Bayern verfügt die Polizei laut neuesten Zahlen des Innenministeriums lediglich über 176 vollelektrische Pkw und 14 vollelektrische Motorräder.

Das soll sich aber ändern. Der Anteil der elektrisch betriebenen Fahrzeuge werde in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen, so die Ankündigung aus dem Ministerium – allerdings nur, sofern die nötigen finanziellen Mittel zum Kauf neuer elektrischer Streifenwagen bereitstehen.
Pilotversuch mit Elektroautos
In einem bayernweiten Pilotversuch werden derzeit 20 Elektroautos auf Alltagstauglichkeit bei den Polizeipräsidien getestet. Drei Typen deutscher Hersteller sind dazu ausgewählt worden: der Audi Q4 e-tron, der BMW iX1 und der VW ID4.
Erste Erfahrungen im Polizeidienst
Einen Audi Q4 e-tron fährt momentan im Münchner Polizeipräsidium der HvD, das ist der höhere Beamte vom Dienst, der bei größeren Einsätzen die Leitung übernimmt. Ein Job, bei dem das Einsatzfahrzeug zuverlässig funktionieren muss – auch was Reichweite und Ladetempo betrifft.
Ein BMW iX1 ist bei der PI 24 in Neuperlach im Einsatz. "Die beiden Fahrzeuge werden als uniformierte Streifenwagen genutzt", sagt Polizeisprecherin Tamara Djukaric. "Beide Testfahrzeuge wurden nach mehr als einjähriger Testphase als grundsätzlich geeignet für den Polizeidienst eingestuft."

Auch aus den anderen Präsidien kommen ähnlich positive Rückmeldungen. Nur bei einigen wenigen Polizeidienststellen auf dem flachen Land mit einem sehr großen Zuständigkeitsbereich von deutlich mehr als 500 Quadratkilometern gab es gelegentlich Bedenken bezüglich der Reichweite der E-Fahrzeuge.
Michael Eisenbacher von der Arbeitsgruppe E-Mobilität beim Polizeipräsidium in Würzburg: „Mit der neuesten Generation der Elektro-Autos dürfte sich auch das Problem erledigt haben.“ Einige der neuesten Modelle von BMW beispielsweise schaffen bis zu 800 Kilometer Reichweite laut WLTP – ein weltweit einheitliches, realistischeres Verfahren zur Ermittlung von Kraftstoff- und Stromverbrauch bei Autos.

Das klingt deutlich besser als noch vor zehn Jahren beim ersten Versuch mit E-Autos im Streifendienst. 2015 wurde der elektrische BMW i3 in den Präsidien erprobt. Der kleine Wagen fiel glatt durch: zu lange Ladezeit, zu geringe Reichweite und mit 37.000 Euro auch nicht billig in der Anschaffung.
In den Präsidien München und Rosenheim wird der i3 nur mehr für „Sonderaufgaben“ eingesetzt, heißt es, bei Veranstaltungen oder für Verwaltungsfahrten. Das Fahrzeug sei aufgrund der geringen Größe nicht als vollwertiger Streifenwagen geeignet, so das Fazit der Tester, es habe zu wenig Platz für die Ausrüstung. Aktuell nutzt die bayerische Polizei nach Angaben des Innenministeriums noch 31 Fahrzeuge vom Typ BMW i3.
Einsatz von Elektrofahrzeugen bei der Polizei
Das Polizeipräsidium München verfügt über insgesamt 15 Pkw, beziehungsweise Transporter, mit rein elektrischem Antrieb. Dazu kommen fünf elektrisch angetriebene Motorräder sowie über 70 E-Bikes und Pedelecs, die beispielsweise bei der Radlstaffel im Einsatz sind. Dem stehen im Präsidium nach neuesten Zahlen rund 1280 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gegenüber.
Die Testphase mit den neuen Elektro-Streifenwagen läuft vielversprechend. Die 20 elektrischen Streifenwagen aus dem Pilotprojekt haben alle eine vollwertige Polizeiausstattung. Fazit des Innenministeriums: „Die Fahrzeuge konnten in Bezug auf Fahrverhalten und Beschleunigung überzeugen. Auch die Reichweite der Fahrzeuge war für Dienststellen in urbanen Gebieten stets ausreichend“, sagt Florian Kraku, Sprecher des Ministeriums.

Nur auf dem flachen Land, wo die Polizei mancherorts sehr weite Strecken im Streifenwagen zurücklegen muss, drohte es manchmal eng zu werden. Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim deckt beispielsweise neun Landkreise und die Stadt Rosenheim ab, eine Fläche von über 9000 Quadratkilometern mit rund 1,25 Millionen Einwohnern.
Bei den Rosenheimern sind drei vollelektrische Fahrzeuge im Einsatz, wie Polizeisprecher Stefan Sonntag auf AZ-Anfrage mitteilte: ein Audi Q4 e-tron, als Streifenfahrzeug bei der PI Miesbach, ein BMW iX1 als Streifenfahrzeug bei der PI Brannenburg und ein BMW i3 für Öffentlichkeitsarbeit im Poolbetrieb.
Erfahrungen mit Elektrofahrzeugen
Bei nur drei Dienststellen in Bayern mit sehr großen Zuständigkeitsgebieten habe man gelegentliche Einschränkungen in der Reichweite festgestellt, so das Fazit. "Die aber durch organisatorische Maßnahmen kompensiert werden können", sagt Florian Kraku, Sprecher des Innenministeriums. "Insgesamt wurde die Nutzung der batterieelektrischen Fahrzeuge von den meisten Kolleginnen und Kollegen sehr positiv aufgenommen", erklärt der Sprecher des Innenministeriums.
Die 20 Fahrzeuge des Pilotversuchs werden weiterhin im Streifendienst genutzt, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, betont Florian Kraku. Dabei seien die Autos auch im alpinen Gelände getestet worden: "Dank Allradantrieb überzeugten die Modelle im ganzjährigen Test insbesondere auch auf schneebedeckter Fahrbahn."

Die Modelle von Audi, BMW und VW liegen gut im Rennen. Auf einen Favoriten im Alltagsbetrieb haben sich die testenden Polizisten nicht festgelegt. „Die Leistungsdaten der getesteten Fahrzeugmodelle waren sehr ähnlich“, so das Ministerium, „ohne dass die Nutzerinnen und Nutzer deutliche Unterschiede in den Erfahrungen berichteten.“
„Unser Ziel ist, den Fuhrpark der bayerischen Polizei in geeigneten Bereichen so klimafreundlich wie möglich umzustellen“, kündigt Innenminister Herrmann (CSU) an. Elektrofahrzeuge sollen „einen bedeutenden Anteil an der Fahrzeugflotte einnehmen, um die CO²-Emissionen zu reduzieren und die Einsatzfähigkeit der Polizei nachhaltig zu verbessern.“

Eine wichtige Voraussetzung dafür ist dabei der Ausbau der eigenen Ladeinfrastruktur. Die Polizei in Bayern verfügt über etwa 900 Ladepunkte an mehr als 200 Gebäuden oder Grundstücken, so das Ministerium. An zahlreichen Liegenschaften existieren zudem bereits Photovoltaikanlagen.
In München verfügt das Präsidium über drei Photovoltaikanlagen auf Dienstgebäuden. Hinzu kommen 29 Ladepunkte, verteilt auf zehn Liegenschaften, so eine Polizeisprecherin. Geplant ist die Inbetriebnahme von zusätzlichen zehn Ladepunkten.

Der Kauf weiterer elektrischer Streifenwagen beim Präsidium München in diesem Jahr sei aufgrund knapper Haushaltsmittel nicht möglich, teilte Polizeisprecherin Tamara Djukaric mit. Ähnlich sieht es in Rosenheim aus. Wie es in puncto Elektromobilität bei der bayerischen Polizei weitergeht, hängt auch davon ab, ob es beim Verbrenner-Aus ab 2035 bleibt.

