Stress macht krank: Immer mehr Notrufe
MÜNCHEN - Das alltägliche Leben kann zur Last werden: Allein in München ist die Zahl derer, die sich 2009 an den telefonischen Krisendienst der Psychiatrie München (KPM) gewandt haben, um über ein Drittel angestiegen.
Stress, Leistungsdruck, familiäre Probleme. Immer mehr Menschen fühlen sich von ihrem Alltag überfordert. Jeder Dritte benötigt mittlerweile mindestens einmal im Leben professionelle psychiatrische oder psychotherapeutische Hilfe. Allein in München ist die Zahl derer, die sich 2009 an den telefonischen Krisendienst der Psychiatrie München (KPM) gewandt haben, um über ein Drittel angestiegen. Waren es 2008 noch 7038 Anrufer, nahmen 2009 schon 9540 Betroffene die Hilfe der Hotline in Anspruch.
31 Prozent der Hilfesuchenden leiden unter affektiven Störungen wie Depressionen, Manie und Zyklothymie. Am zweithäufigsten schildern die Anrufer Krankheitsbilder, die sich in einer gestörten Realitätswahrnehmung manifestieren.
„Den größten Zuwachs verzeichnen wir aber bei den sogenannten Belastungsreaktionen“, konstatiert Diplom-Psychologin Simone Eiche vom Leitungsteam des KPM. Belastungsreaktionen sind – wie der Name schon sagt – unmittelbare Reaktionen des Einzelnen auf belastende äußere Umstände. Sie können zum Beispiel von Stress am Arbeitsplatz, der Sorge um die finanzielle Situation oder Angst vor sozialem Abstieg ausgelöst werden.
Der Anruf beim Krisendienst ist in solchen Fällen nur ein erster Schritt. Die Betroffenen werden dann unbürokratisch an Psychologen in ihrer Nähe weiter vermittelt. Den telefonischen Krisendienst gibt es in München seit drei Jahren. Das 40-köpfige Team des KPM besteht aus Psychologen, Sozialpädagogen, Fachpflegern und Pädagogen. Bis zu 25 Anrufe nimmt es täglich entgegen. Seit dem ersten April 2007 hat es 9664 telefonische Beratungen und Kriseninterventionen durchgeführt. 60 Prozent der Anrufer sind zwischen 20 und 49 Jahre alt. Der Rest verteilt sich gleichmäßig auf die anderen Altersgruppen.
Der KPM wird hauptsächlich vom Bezirk Oberbayern, der Landeshauptstadt München und dem Isar-Amper-Klinikum finanziert. Das Angebot des Krisendiensts soll schrittweise optimiert werden. Geplant sind eine 24 Stunden-Erreichbarkeit des Krisendienstes sowie eine personelle Aufstockung, um besser helfen zu können.
Simone Ketterl
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