Streit in Hotel Mama: Mutter ersticht Sohn
München - Sie ist es leid gewesen, dass ihr Sohn Raphael (18) keinen Finger in der Wohnung rührt, sie ständig beleidigt und beschimpft. Als Irene N. (39) ihn aus dem Hotel Mama werfen will, schreit er: „Ich bring dich um.“
In dem Moment holt die Angeklagte ein Küchenmesser aus der Schublade und sticht zu – mitten ins Herz. Ihr Sohn verblutet. Die gelernte Krankenschwesterhelferin steht jetzt wegen Totschlags vor dem Münchner Schwurgericht.
Der Prozessauftakt verzögert sich um fast eine Stunde. Die Angeklagte weint, will sich nicht aus der U-Haft in den Gerichtssaal bringen lassen. Die Ärztin verabreicht ihr Beruhigungmittel. Mit einem Aktenordner vor dem Gesicht sitzt sie dann auf der Anklagebank, bricht immer wieder in Tränen aus: „Ich denke jeden Tag an Selbstmord. Ohne Raffi will ich auch nicht mehr leben. Ich wollte das nicht.“
Irene N. wächst mit ihrem Bruder im Kosovo bei den Großeltern auf. Erst mit zehn Jahren kommt sie mit ihrem ein Jahr älteren Bruder zur Mutter, die in München in einer Bäckerei arbeitet. Den Vater kennt sie nicht. Mit 14 ist sie das erste Mal schwanger. Sie lässt das Baby abtreiben. Die Mutter gibt sie und ihren Bruder in ein Heim. Nach ihrem Qualifizierten Hauptschulabschluss schlägt sie sich zunächst mit Mini-Jobs durch, ist auf Sozialhilfe angewiesen.
Nach der Geburt der Tochter (heute 17) trennt sie sich 1993 von ihrem ersten Mann. Während eines Krankenhausaufenthalt wird ihr klar: „Ich dachte, du hast zwei kleine Kinder, die du versorgen musst. Ich wollte unbedingt eine Ausbildung machen.“
Irene N. wird Krankenschwesternhelferin. 1998 lernt sie ihren neuen Lebensgefährten kennen. Aus der Beziehung geht eine Tochter (heute 7) hervor. Kurz vor der Tat, im September 2010, die Trennung.
Der Tatabend ist der 12. Dezember, ein Sonntag. „Am Samstag haben wir die Wohnung gestrichen. Raffi sollte noch die Reste vom Klebeband entsorgen. Ich saß vor dem Fernseher und habe den Schuh des Manitu geschaut.“
Raphael, der mit seiner schwangeren Freundin bei der Mutter lebt, ist sauer, dass er was tun muss. Dabei hat seine Mutter wegen ihm 20.000 Euro Schulden aufgebaut: „Er ist ständig schwarz gefahren, hatte enorme Handygebühren und brauchte ständig Geld.“ Als sich Raphael immer mehr reinsteigert und ständig schimpft, ist die Mutter besorgt. Denn der Sohn leidet bei Stress unter epileptischen Anfällen. Sie will wissen, ob er seine Artzney genommen hat. Darauf schreit er seine Mutter an: „Es ist mir scheißegal, ob ich sterbe. Du langweilst mich.“
Damit der Sohn sich wieder beruhigt, schickt sie die Freundin aus der Wohnung. Das macht den Sohn noch wütender. Die Angeklagte: „Er schimpfte immer auf die ,Schweißwohnung’. Ich sagte, dass er sich verpissen soll. Er drohte mir, dass er mich umbringen werde.“
Irene N. holt das 25,5 Zentimeter lange Küchenmesser aus der Schublade, will den Sohn aus der Wohnung drängen. Sie öffnet die Tür und kann sich nur noch daran erinnern: „Da war plötzlich überall Blut. Ich hatte zugestochen.“ Der Prozess dauert an.
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