Strafbefehl: Reicht ein Arm zum Autofahren?
MÜNCHEN Günter Bildl hat seit der Geburt nur einen vollständigen Arm. Eine Behinderung, mit der er gelernt hat zu leben. Sein Schwarzer Gürtel in Karate und Jiu-Jitsu sind der Beweis dafür. Mit dem Auto fährt der kaufmännische Angestellte seit 30 Jahren unfallfrei – doch damit könnte jetzt Schluss sein. Nach einer Verkehrskontrolle am 21. Oktober in der Heinrich-Wieland-Straße wird Bildl angezeigt. Vorsätzliches Fahren ohne Führerschein, so der Vorwurf. Drei Monate später flattert ihm der Strafbefehl über 1800 Euro ins Haus.
„Reine Schikane”, sagt Bildl. „Die Polizisten haben sich noch nicht einmal genau angesehen, wie ich das Auto bedienen kann.” Auch seinen Führerschein habe er präsentiert. Doch genau da liegt das Problem. Seine Fahrerlaubnis wurde ihm nur unter Auflagen erteilt. Und die hat er nach Ansicht der Polizei verletzt.
Der Streit dreht sich um die Notwendigkeit von zusätzlichen Bedieneinrichtungen, um im Auto Hupe, Blinker oder Licht zu betätigen – ohne das Lenkrad loslassen zu müssen. Im Führerschein sind deswegen unter anderem die Auflagen „Angepasste Bedienvorrichtungen” und „Angepasste Lenkung” notiert. Die fehlten nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft im Mietauto.
Bildl widerspricht vehement. Solange er mit einer Hand alles bedienen kann, ohne das Lenkrad loszulassen, seien die Auflagen doch erfüllt. Und dass er trotz Behinderung sicher Auto fahren kann, hat ihm der TÜV im März in einer Fahrtauglichkeitsbegutachtung bestätigt. Der TÜV-Mann kommt sogar zu dem Schluss, dass man die Auflagen streiche könne.
Den Polizisten sei es aber nur „um die Diskriminierung von Schwerbehinderten gegangen”, glaubt Bildl. Er kenne das. Schon Anfang der 90er Jahre habe er – damals noch in Regensburg – lange kämpfen müssen, um den Motorradführerschein zu bekommen. Er setzte sich durch.
Ein Erfolg, den er nun wiederholen will: Gegen den Strafbefehl legt er Widerspruch ein. Die Polizisten zeigt er an und will auch zivilrechtlich gegen sie vorgehen. Am 15. März kommt’s zum Showdown vor Gericht. Der Richter ist ratlos, setzt das Verfahren aus, bis ihm ein Gutachter erklären kann, was die Auflagen im Führerschein nun wirklich zu bedeuten haben. Ende offen.