Weihnachten war immer sehr schön
Schwabing - „Weihnachten war immer sehr schön – Die Kinderheime der Landeshauptstadt München 1950 bis 1975“ – so lautet der Titel einer Dokumentation, die ein differenziertes Bild der Heimerziehung in München nachzeichnet. Auf Grundlage dieser Dokumentation hat die Stadt eine Ausstellung konzipiert, die am Donnerstag, 22. Mai, um 18 Uhr in der Seidlvilla von Jugendamtsleiterin Dr. Maria Kurz-Adam eröffnet wird.
Der nachhaltige Druck ehemaliger Heimkinder, die Opfer körperlicher, seelischer und sexueller Gewalt wurden, löste seit 2005 in der gesamten Bundesrepublik eine politische und gesellschaftliche Aufarbeitung der Heimerziehung der Nachkriegszeit bis in die Mitte der siebziger Jahre aus. Berichte ehemaliger Heimkinder von Misshandlungen, Demütigungen und zerstörten Biografien waren auch für das Stadtjugendamt im Sozialreferat Anlass, diesen Prozess aufzugreifen.
Seit 2009, als der Runde Tisch „Heimerziehung in den 50-er und 60-er Jahren“ von Bund und Ländern einberufen wurde, befasst sich das Stadtjugendamt mit der Aufarbeitung der Heim- beziehungsweise Fürsorgeerziehung in den drei Heimen in Trägerschaft der Landeshauptstadt München zwischen 1950 bis zirka 1975 (Münchner Waisenhaus, Münchner Kindl-Heim, Marie-Mattfeld-Haus).
Unmittelbar nach Einberufung des Runden Tisches hat sich das Stadtjugendamt mit einem ausführlichen Anschreiben an ehemalige Heimkinder gewandt, um ihre Heimgeschichte – im Guten wie im Schlechten – zu hören und ihnen Zugänge zu Hilfe und Unterstützung nach dieser langen Zeit zu ermöglichen. Die Antworten waren sehr vielfältig, berührend, erschütternd und in vielen Fällen beschämend: Der auch damals schon bestehende fördernde pädagogische Anspruch der Kinder- und Jugendhilfe wurde oftmals nicht erreicht oder sogar ins Gegenteil verzerrt, die Würde der dem Stadtjugendamt anvertrauten Kinder und Jugendlichen wurde oft nachhaltig verletzt und ihr Leben beschädigt.
Stadtrat und Stadtverwaltung der Landeshauptstadt München haben sich im Jahr 2011 mit einer Erklärung „Anerkennung von erlittenem Leid und Unrecht“ stellvertretend für alle, die damals Verantwortung trugen, bei den ehemaligen Heimkindern entschuldigt. Zudem wurde das Stadtjugendamt beauftragt, im Rahmen einer weitergehenden historischen Aufarbeitung eine Dokumentation mit einem differenzierten Bild der Heime in städtischer Trägerschaft in Auftrag zu geben und ein Verstehen der Geschichte der Heimerziehung vor dem Hintergrund der Berichte ehemaliger Heimkinder zu ermöglichen.
Diese historische Aufarbeitung liegt nun in Form einer Dokumentation mit dem Titel „Weihnachten war immer sehr schön – Die Kinderheime der Landeshauptstadt München 1950 bis 1975“ vor. Sie zeichnet auf Grundlage aller verfügbaren Akten, Dokumente, Berichte und Gespräche ein differenziertes Bild der damaligen Heimerziehung in den städtischen Heimen nach und gibt einen vielfältigen Einblick in die Entwicklung, den Alltag und die Hintergründe der Heimerziehung in den Jahren zwischen 1950 und 1975 in einer sich entwickelnden modernen Großstadt.
Entlang der Dokumentation wurde eine Ausstellung gleichen Titels konzipiert. Die Exponate, Bilder und Dokumente werden ergänzt und erweitert durch persönliche Berichte. Sichtbar und hörbar kommentieren, verdeutlichen und differenzieren die Stimmen ehemaliger Heimkinder das oft allzu „papierene“ Bild der damaligen Heimerziehung.
Was? Ausstellung über Heimerziehung in der Seidlvilla
Wann? Freitag, 23. Mai, bis 20. Juni, täglich von 12 bis 19 Uhr
Wo? Seidlvilla, Nikolaiplatz 1b
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