Wegen Lärm! Nachbarn stoppen Millionen-Kita

Im Neubau in Solln sollten bald 136 Kinder betreut werden. Daraus wird nichts, weil Anwohner vor Gericht siegen. Ist die Stadt Schuld am Kita-Chaos?
Thomas Gautier |
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Die städtische Kita in der Herterichstraße in Solln ist fast fertig - fast! Nachbarn haben den Bau jetzt gestoppt.
Thomas Gautier Die städtische Kita in der Herterichstraße in Solln ist fast fertig - fast! Nachbarn haben den Bau jetzt gestoppt.

Eigentlich sollten in Solln bald 136 Kinder betreut werden. Daraus wird nichts, weil Anwohner vor Gericht siegen. Die Stadt als Betreiber kommt nicht gut weg.

Solln - Schön ist sie nicht. Das Gebäude ist ein grauer Klotz. Der Garten ist noch gestampfte Erde. Trotzdem freuen sich über hundert Münchner Eltern auf die neue Kindertagesstätte in Solln. Sie wollen ihre Kinder hinbringen. So schnell es geht.

Doch das können sie jetzt vergessen.

Das Münchner Verwaltungsgericht hat den Bau der städtischen Kita in der Herterichstraße gestoppt, das Baureferat hat seine Vertragsfirmen abgezogen. Die Einrichtung mit acht Gruppen in Krippe, Tagesstätte und Hort sollte eigentlich im Februar fertig sein und im Juni eröffnen. Jetzt ruht die Baustelle – auf unbestimmte Zeit.

Grund dafür ist eine Klage von Nachbarn, die direkt neben dem Gebäude wohnen. Ein Manager (48) und seine Frau (46) fürchten übermäßigen Lärm. Und die Richter haben ihnen Recht gegeben!
Jetzt haben 136 Kinder keinen Kita-Platz – und die Stadt sitzt auf einer Fünf-Millionen-Euro-Ruine.

Selbst schuld, sagen die Sollner Kläger. Sie geben den Behörden die Schuld am Kita-Chaos. Die Nachbarn wollen nicht erkannt werden. Sie haben Angst, dass aufgebrachte Eltern an ihrer Tür klingeln. Oder dass sie in der ganzen Stadt als Kinderhasser dastehen. Als die AZ bei ihnen anruft, sind sie froh – sie wollen vieles klarstellen.

„Wir haben nichts gegen die Kita“, sagt der Mann. „Auch nicht gegen die Kinder.“ Seine Frau ergänzt: „Wir haben selbst drei und wissen: Die können Krach machen.“ Das Problem liege in der Planung: Die Außenanlagen und die Räume seien so angelegt, dass all der Lärm direkt auf ihr Grundstück abstrahle – einen Schallschutz habe die Stadt für sie allerdings nicht eingeplant.

Im März 2012 kontaktiert das Paar deshalb die Stadt und äußert Bedenken – sei aber auf Ablehnung gestoßen. „Die wollten nicht darüber reden“, sagt der Vater. „Ein Mitarbeiter hat mir mehrmals gesagt, dass man das gerne vor Gericht klären könne.“

Anfang November 2012 klagt das Paar gegen die Baugenehmigung, legt ein Lärmgutachten vor und will per Eilantrag erreichen, dass der Bau verschoben wird. Das lehnt das Verwaltungsgericht aber ab. Die Stadt baut schon mal vor – „mit dem gewissen Risiko, dass man den Prozess auch verlieren kann“, sagt Thorsten Vogel heute.

Dass es genau so gekommen ist, sei die Schuld der Stadt, sagen die Nachbarn: Mehrere Schreiben mit dem Versuch einer einvernehmlichen Lösung habe die Lokalbaukommission ignoriert.
„Zwei Jahre lang haben wir Gespräche angeboten, und die Stadt lässt es einfach darauf ankommen“, sagt der Nachbar. Seine Frau ergänzt: „Wir sind verblüfft, wie die Stadt Steuergelder verschwendet – auch unsere.“

Beide betonen: „Wir wollen nur eine Schallschutzwand.“ Die Richterin habe bei einem Ortstermin einen Tag vor dem Urteil am 28. Januar genau das vorgeschlagen – als Vergleichsgrundlage, sagt der Mann. „Wir haben damals Ja gesagt. Die Stadt hat Nein gesagt.“

Ein Ende der Kita-Krise ist nicht in Sicht: Bildungs-, Bau- und Planungsreferat bleiben stur – trotz der Kitaplatz-Knappheit, trotz der verzweifelten Eltern: „Wir gehen davon aus, dass unsere Baugenehmigung rechtens war“, sagt Thorsten Vogel. Bevor man in Berufung gehe, wolle man aber die Urteilsbegründung abwarten.

Und wann kommt die? Laut Gerichtssprecherin wird das noch dauern: „Wahrscheinlich bis zu acht Wochen.“

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