War die Räumung rechtmäßig?

Im Sommer traten 50 Flüchtlinge in den Hungerstreik. Die Polizei räumte das Lager - Stadträtin Dagmar Henn zweifelt an der Rechtmäßigkeit der Räumung und stellte eine Anfrage an die Stadt. 
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Das Hungerstreik-Camp auf dem Münchner Rindermarkt ist Ende Juni von der Polizei geräumt worden.
Daniel von Loeper Das Hungerstreik-Camp auf dem Münchner Rindermarkt ist Ende Juni von der Polizei geräumt worden.

Im Sommer traten 50 Flüchtlinge in den Hungerstreik. Die Polizei räumte das Lager - Stadträtin Dagmar Henn zweifelt an der Rechtmäßigkeit der Räumung und stellte eine Anfrage an die Stadt.

Altstadt - Bereits im Juli stellte Stadträtin Dagmar Henn (Linke) der Stadt einige Fragen bezüglich der Räumung des Rindermarkts. Die Antworten stammen von Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle und dem Polizeipräsidium: 

"Auf einem Video vom Eindringen der Polizei in das Flüchtlingscamp ist eindeutig zu erkennen, dass die Zelte der Hungerstreikenden bereits von Polizei umringt waren, als die Durchsage der Polizei kam, die Versammlung sei beendet. Nach dem Versammlungsrecht muss die Polizei den Teilnehmern Zeit lassen, eine Versammlung zu verlassen, ehe eingegriffen wird.

Das war offensichtlich nicht der Fall. Obwohl die Teilnehmer gar keine Möglichkeit mehr hatten, selbst die Versammlung aufzulösen, wurden sie abtransportiert bzw. festgenommen. Gleichzeitig ist zu erkennen, wie die Polizei gewaltsam gegen die Teilnehmer vorgeht"

Wie rechtfertigt es die Polizei, den Teilnehmern keine Möglichkeit zu lassen, die Versammlung aufzulösen?

Die Fragestellerin meint vermutlich, warum den Teilnehmern keine Möglichkeit gegeben wurde, die Versammlung selbst zu beenden. Eine Auflösung kann nur durch die zuständige Versammlungsbehörde erfolgen.

Auf Grund der Entwicklung der Versammlung, insbesondere der Aussagen des Versammlungsleiters und der im Internet veröffentlichen Statements des Veranstalters, war die freiwillige Beendigung der Versammlung zu keinem Zeitpunkt realistisch.

Dies kommt unter anderem im Statement Nummer fünf vom 28. Juni zum Ausdruck: "Die deutsche Regierung muss erkennen, dass politische Spiele vorüber sind und dass es nur zwei Einbahn-Straßen zu beschreiten gibt: Entweder die Erfüllung der exakten Forderung der hungerstreikenden Asylsuchenden oder Bobbys und Holger Meins auf den Straßen Münchens!"

Wie rechtfertigt die Polizei ihr gewaltsames Eingreifen, wenn eine Verletzung des Versammlungsrechts gar nicht vorliegen kann, da die Teilnehmer keine Möglichkeit hatten, die Versammlung aufzulösen?

Die Auflösung der Versammlung wurde durch das KVR München als zuständige Versammlungsbehörde verfügt und durch die Polizei vollzogen. Bereits vor der Auflösung wurde durch den Versammlungsleiter das Versammlungsrecht verletzt.

So wurde beispielsweise gegen die mit rechtskräftigem Bescheid des KVR München vom 27. Juni unter Ziffer 1 bis 3 verfügten Beschränkungen (Gewährung des Zugangs für Ärzte, Rettungspersonal und Beschäftigte des Stadtjugendamtes) mehrfach bewusst verstoßen.

In Ziffer 4. dieses Bescheides wurde bereits der unmittelbare Zwang zur Durchsetzung der Beschränkungen angedroht. Im Vorfeld wurde dreimal versucht, die verfügte Beschränkung, d. h. den ärztlichen Zugang zu ermöglichen. Zwei dieser Versuche fanden unter Mitwirkung der Polizei statt.

Der Versammlungsleiter wurde dabei ausdrücklich auf die Strafbarkeit seines Verhaltens hingewiesen. Die Anwendung unmittelbarem Zwangs im Rahmen der Auflösung war erforderlich, um Rettungsdienstkräften unverzüglich den Zugang in die Versammlung zu ermöglichen und dadurch eine konkret bestehende Lebensgefahr für die Hungerstreikenden abzuwenden. Dies wird bei Ansicht des von der Fragestellerin erwähnten Videos deutlich.

Darin ist zu sehen, dass die sogenannten "Unterstützer“ der Versammlung nach Erkennen der nahenden Polizeibeamten sofort eine Absperrkette am Zugang zur Versammlung bildeten, um diese nach außen abzuschirmen.

Die Auflösungsverfügung des KVR München wurde unmittelbar im Anschluss mittels Lautsprecherdurchsagen bekannt gegeben.

Die akute Lebensgefahr wird durch das Auffinden einer bereits bewusstlosen Person unter Decken in einem Versammlungszelt eindeutig belegt.

Wie kann es sein, dass Teilnehmer am Hungerstreik in Gefangenensammelstellen und nicht in Krankenhäuser verbracht wurden, obwohl der Einsatz mit der Gefahr für ihr Leben begründet wurde?

Alle Versammlungsteilnehmer wurden durch das eingesetzte ärztliche Personal gesichtet und bei medizinischer Notwendigkeit in Krankenhäuser transportiert. Personen, bei welchen diese Notwendigkeit nicht gegeben war, wurden bei vorliegenden Rechtsverstößen zur Sachbearbeitung in das Polizeipräsidium München verbracht.

Wie kann es sein, dass gegen bekanntermaßen körperlich geschwächte und gesundheitlich gefährdete Menschen mit körperlicher Gewalt vorgegangen wird?

 Unmittelbarer Zwang wurde lediglich gegen die Personen angewandt, die polizeiliche Anordnungen nicht befolgten, beziehungsweise sich polizeilichen Maßnahmen widersetzten.

 Wird dieser offenkundige Rechtsbruch durch die Einsatzkräfte geahndet?

Hinweise auf rechtswidriges Verhalten der Einsatzkräfte liegen hier nicht vor.

Haben Sie, Herr Oberbürgermeister, diesem Einsatz zugestimmt?

Die Auflösung der Versammlung auf dem Rindermarkt am 30.06.2013 geht auf eine versammlungsrechtliche Empfehlung des eingerichteten Krisenstabes (Stab für außergewöhnliche Ereignisse) zurück.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

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