Von Bienen und Bullen: So nachhaltig wird der SAP Garden

Mit dem SAP Garden entsteht im Olympiapark eine der modernsten Arenen der Welt. Mit Hilfe von Wärmerückgewinnung sollen die Spiele des EHC und der FCB-Basketballer weitgehend energieautark sein.
Martin Wimösterer |
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An der Außenseite des Oberflächenteils des SAP Garden laufen - erst geschwungen, dann senkrecht - Lamellen in Richtung Himmel. 260 Stück, bis zu 17 Meter hoch, sie sollen den Treibhauseffekt verhindern.
An der Außenseite des Oberflächenteils des SAP Garden laufen - erst geschwungen, dann senkrecht - Lamellen in Richtung Himmel. 260 Stück, bis zu 17 Meter hoch, sie sollen den Treibhauseffekt verhindern. © City-Press/ho

München - In eineinhalb Jahren werden dort die Bienen summen, wo heute die Kräne surren.

Im Westen des Olympiaparks sind derzeit 140 Arbeiter auf dem Gelände des ehemaligen Radstadions täglich im Einsatz, verbauen insgesamt 130.000 Tonnen Beton und 1.200 Tonnen gebogene Träger aus Stahl. Nach mehrmaligen Verzögerungen geht es nun zügig voran mit dem SAP Garden.

Red Bull-Arena bis 2024 fertig

2024 beziehen dann der EHC Red Bull München und die Basketballer des FC Bayern, die als Langzeitmieter fungieren, in der neuen Arena, die vom Red-Bull-Konzern vollständig finanziert wird, ihre benachbarten Kabinen. Der SAP Garden wird dann eine der modernsten Sport- und Event-Hallen der Welt sein.

Auch, was die Nachhaltigkeit angeht.

Und da kommen sie wieder ins Spiel - die Bienen: Sie stehen sozusagen symbolisch für den Ansatz, den der Bauherr Red Bull mit der neuen Arena verfolgt. Das Dach wird begrünt, eine Blumenwiese ausgesät. Es soll sich so optisch völlig in den Olympiapark und sein Ensemble einfügen, zugleich aber auch die Erwärmung im Inneren träger machen und - ganz nebenbei - für Honig sorgen.

Ein Imker wird auf dem Dach der Halle Bienenstöcke stehen haben, von wo die Immen aufs Parkgelände ausschwirren.

Symbolische Bienen auf dem Dach

Der Effekt hat als Beitrag für den Klimaschutz mehr symbolischen Charakter, anders verhält es sich hingegen mit dem Energiekonzept. Per Wärmerückgewinnung soll die Halle beinahe energieautark werden. Vereinfacht gesagt: Was die Kühlmaschinen bei der Eisbereitung (mit Ammoniak betrieben), bei der Entfeuchtung und der Klimatisierung der Raumluft an Wärme erzeugen, wird hergenommen, um die Räume zu beheizen und über eine Wärmepumpe das Duschwasser für die Sportmannschaften auf angenehme Temperaturen zu erhitzen. Zum SAP Garden führt erst gar keine Gas-Leitung. Für Phasen, in denen an Energie zugeschossen werden muss, steht ein Fernwärmeanschluss zur Verfügung.

Nachhaltiges Konzept durch Fernwärme

Ähnliche Konzepte sind in modernen Hallen, die in den vergangenen Jahren etwa in der Schweiz entstanden sind, gängig. Bei der taufrisch fertiggestellten Swiss-Life-Arena in Zürich-Altstetten soll sogar (quantitativ nicht bezifferte) Abwärme von der Kälteproduktion in den Energieverbund eingespeist werden. Das ist beim SAP Garden derzeit nicht geplant.

Denkmalschutz vs. Photovoltaik

Verschiedene Konzepte verfolgen die beiden Hallen auch, was das Dach betrifft: Auf dem Zürcher Bau findet sich Photovoltaik. Dies war laut der Red Bull Stadion München GmbH beim Bau des SAP Gardens nicht gestattet. Ob Photovoltaik im Oly-Park installiert werden darf, ist laut den Stadtwerken "in jedem Fall abhängig von der Bewertung und Freigabe durch den Denkmalschutz".

Architektur hat immer auch mit Vorgaben zu tun und ist zugleich Ausdruck ihrer Epoche und deren Ideen. Mit den Glasfronten baute man im Olympiapark vor 50 Jahren nicht nach dem heutigen Zeitgeist.

Anders die Pläne des Kopenhagener Büros "3XN" mit Latz + Partner, die 2019 den Zuschlag der Jury erhielten, die den Stil übernehmen, gleichzeitig aber nachhaltiger sein sollen.

An der Außenseite des Oberflächenteils laufen - erst geschwungen, dann senkrecht - Lamellen in Richtung Himmel. 260 Stück, bis zu 17 Meter hoch. Sie werden dem SAP Garden nicht nur sein unverwechselbares Erscheinungsbild verleihen.

Die Aluminiumstäbe sollen mittels ihrer dreieckigen Form auch die direkte Sonneneinstrahlung durch die 5.000 Quadratmeter Aluminumglas reduzieren und so den klassischen Treibhauseffekt verhindern und Energie sparen.

Größtenteils unterirdischer Bau

Der SAP Garden wird drei Untergeschosse, ein Erdgeschoss und drei Obergeschosse umfassen. Unterirdisch beträgt die Ausdehnung 230 Meter in Ost-West-Richtung und 125 Meter in Nord-Süd-Richtung, oben mindert sich die Ost-West-Ausdehnung auf 145 m.

Zwei Drittel der Halle liegen (wegen des Ensembleschutzes auf zwölf Meter Höhe über dem Boden beschränkt) unterirdisch.

Für die Eissportler wichtig: Die Tiefe trägt zu einer natürlichen Kühlung der Arena bei. Die drei Trainings- und Breitensportflächen, die neben der Hauptspielfläche zum Komplex gehören, liegen in Gänze unter dem künstlich angelegten Gelände des Olympiaparks.

Enorme Zahlen, enormer Verbrauch?

Das alte, im Betrieb befindliche Eissportzentrum verbraucht im Jahr nach Angaben des Olympiaparks insgesamt 2.600.000 kWh Fernwärme, dazu kommen 3.200.000 kWh Strom. Enorme Zahlen, enormer Verbrauch. Im SAP Garden soll übrigens beim Strom vollständig auf fossile Brennstoffe verzichtet werden. 100 Prozent "Öko-Strom". Der Strom, den die Baustellenarbeiter derzeit für ihr Tagwerk benötigen, besteht auch zu 70 Prozent aus ökologischen Quellen.

Der SAP Garden enthält viele Punkte des "Leitfadens nachhaltiger Sportstättenbau" des Bundesinstituts für Sportwissenschaft und noch weitere. Klar ist freilich auch, dass es derzeit noch keine CO2-neutrale Sporthalle gibt.

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Entgegen einiger Beteuerungen wird auch die Climate-Pledge-Arena in Seattle ("bis 2024") den Vorgaben letztlich nicht gerecht. Der SAP Garden kann sie ebenso nicht erfüllen.

Es kommt nach derzeitigem Stand darauf an, den Energieverbrauch zu minimieren und anfallenden Müll zu reduzieren. Langlebige LED-Lampen und wasserlose Urinale sind dazu kleine Beiträge unter vielen.

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4 Kommentare
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  • MUC am 31.10.2022 19:53 Uhr / Bewertung:

    Naja, das Umweltschutz-Hauptproblem bei Sport-Großereignissen ist die Anfahrt der Fans mit den Autos ... hier findet die Umweltverschmutzung statt ... alles andere ist Augenwischwerei.

  • koeju am 31.10.2022 12:58 Uhr / Bewertung:

    Warum spielt bei der Gestaltung der Arena der Denkmalschutz keine Rolle, aber für den Bau eine Photovoltaikanlage schon. Das ist doch absurd.

  • Plato's Retreat am 31.10.2022 10:02 Uhr / Bewertung:

    Auch am Beispiel SAP-Garden sieht man ganz klar, dass in München nur noch etwas vorwärts geht wenn es von Privaten Initiatoren betrieben wird.

    Was ist denn jetzt mit dem neuen Konzertsaal im Werksviertel - den müssen Söder & Consorten "überdenken", weil er zu teuer wird. Das Trauerspiel mit der 2. Stammstrecke kommt dann oben drauf. Beides staatliche Maßnahmen.

    Der SAP-Garden wird in drei bis vier Jahren hochgezogen - trotz Corona. Das übrige Olympiagelände vergammelt seit Jahrzehnten. Selbst die Renovierung des Olympiabads hat 30 Jahre gebraucht. So schaut's aus.

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