Über Cafe Forum: Witwe in Wohnung ermordet
München - Auf dem Viktualienmarkt fühlte sich Inge Wittersheim immer ausgesprochen wohl. Quasi jeden Tag war sie dort, schlenderte zwischen den Ständen umher, kaufte ein und trank gelegentlich auch eine Tasse Kaffee. Möglicherweise ist die 69-Jährige mit den auffallend roten Haaren auf dem Viktualienmarkt ihrem Mörder begegnet.
Am Donnerstagnachmittag fand die Polizei die Leiche der Witwe in ihrer Wohnung in der Corneliusstraße 2.
Nachbarn sahen Inge Wittersheim zuletzt am Mittwoch vergangener Woche. „Sie wirkte wie immer“, sagt Martin Kolonko, der Inhaber des Café Forum in der Müllerstraße. Er kannte Inge Wittersheim seit 22 Jahren – so lange eben, wie er das Café betreibt.
Inge Wittersheim lebte seit dem Tod ihres Mannes Karl allein in einer Zwei-Zimmer-Wohnung im zweiten Stock. Kinder hat sie keine. „Sie war ein geselliger Mensch, der das Leben genoss“, sagen Nachbarn. „Mal eine Zigarette, mal ein Gläschen Wein, gute Gesellschaft, das mochte sie.“ Ihre täglichen Ausflüge zum Viktualienmarkt und die wöchentlichen Kegelabende mit Freunden waren fester Bestandteil ihres Lebens.
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Doch Anfang Oktober verschwand Inge Wittersheim plötzlich. Besuchern öffnete sie nicht die Tür, sie reagierte auch nicht auf Anrufe.
Eine Freundin schlug schließlich an diesem Donnerstag Alarm. Am Nachmittag öffneten Polizei und Feuerwehr die Wohnungstür. Inge Wittersheim lag in der Wohnung. Der Notarzt konnte nichts mehr für die 69-Jährige tun. „Der Leichenbeschauer konnte keine Todesursache erkennen“, sagt Markus Kraus, Chef der Mordkommission. Verdächtig waren Verletzungen an Kopf und Oberkörper der Rentnerin.
Unfall oder Mord? Die Todesermittler vom K 12 schalteten sich ein. Die Staatsanwaltschaft ordnete eine Obduktion an. Das Ergebnis ist eindeutig: Inge Wittersheim wurde Opfer eines brutalen Verbrechens.
Nachbarn und Freunde der Toten werden inzwischen von der Polizei befragt. „Mir hat's die Füße weggezogen, als ich von ihrem Tod hörte“, sagt Café-Forum-Chef Martin Kolonko. „Das ist schockierend.“ Sie sei eine „entzückende und wahnsinnig liebe Frau“ gewesen.
Früher betrieb Inge Wittersheim im Nebenhaus einen Fußpflegesalon. Danach führte sie eine Parfümerie und arbeitete zuletzt bei einer Krankenkasse. Seit fünf Jahren war sie in Rente und genoss ihr Leben.
Doch dann starb ihr Mann mit nur 59 Jahren. Karl Holzöder litt an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sein früher Tod war für die lebenslustige Rothaarige ein schwerer Schlag.
Karl war ihre große Liebe. Für ihn war sie vor 40 Jahren von Kalenborn (Rheinland-Pfalz) nach München gezogen. Zunächst wohnte das Paar in der Klenzestraße, später dann in der Corneliusstraße.
2011 – im selben Jahr wie Karl Holzöder starb, wurde in die Wohnung in der Corneliusstraße eingebrochen, erzählen Nachbarn. Der gesamte Schmuck verschwand damals. Der zweite schwere Schlag innerhalb weniger Monate für Inge Wittersheim. Lange brauchte sie, bis sie den Verlust der Erinnerungsstücke verwunden hatte.
Einbruchsspuren fand die Polizei diesmal nicht. Das könnte bedeuten, dass Inge Wittersheim den Mörder selbst hereingelassen hat. „Wir überprüfen, ob Geld oder andere Wertgegenstände aus der Wohnung verschwunden sind“, sagt Kriminaloberrat Kraus. Angeblich fand sich in den Zimmern kein einziger Euro, was auf einen Raubmord hindeuten könnte. Doch auch eine Beziehungstat wäre möglich. Ein Sexualverbrechen schließen die Ermittler aus.
Am Tatort suchen Spezialisten nach fremder DNA. Zudem wird der Freundes- und Bekanntenkreis der Frau durchleuchtet. Wie Inge Wittersheim starb, will die Mordkommission aus Ermittlungstaktischen Gründen nicht verraten. Das könne nur der Mörder wissen, heißt es.