Tierquäler: „Der Schritt vom Tier zum Menschen ist klein“
AZ: Herr Dr. Lüdke, ein Mensch schändet Kühe und verletzt sie am Unterleib so sehr, dass drei Tiere sterben. Wer tut sowas?
CHRISTIAN LÜDKE: Jemand mit einer schweren Persönlichkeitsstörung. Da ist einer aktiv geworden, der will, dass ein Tier Qualen leidet und inkauf nimmt, dass es stirbt. Wer so etwas Abartiges tut, will wahrgenommen werden.
Warum?
Weil er sich als Versager fühlt, keine emotionale Beziehung führen kann und immer wieder abgewiesen wird. Plötzlich absolute Macht über ein wehrloses Tier zu haben, vermittelt Rauschgefühle, vermutlich gekoppelt an sexuelle Erregung.
Wie häufig passiert so etwas?
Im Jahr werden in Deutschland ein Dutzend Fälle bekannt, in denen Menschen Besenstiele oder Ästen in Pferde, Esel oder Kühe einführen. Die Dunkelziffer ist sicherlich viel höher.
Aber warum Tiere?
Die Kuh ist oft nur ein Umweg zum Menschen. Oft läuft es so: Mit elf, zwölf Jahren macht ein Junge wieder ins Bett, fängt an mit Feuer zu spielen, beschmiert Wände, später zündet er Igel an oder quält Kühe. Oft kommt zwanghaftes Onanieren dazu. Das ist gefährlich.
Weil der Täter sexuelle Erregung mit Gewalt verbindet?
Richtig. Manchmal schneiden Täter nach der Schändung eines Tieres auch Körperteile ab, um Trophäen mit heim zu nehmen und den Tatrausch zu verlängern. Schließlich schänden sie Friedhöfe oder Leichen.
Danach ist der erste Mensch dran?
Der Schritt vom Tier zum Menschen ist klein. Je länger ein Täter sich unbeachtet fühlt, umso mehr steigert er die Dosis. Das ist der paradoxe Versuch einer Eigentherapie.
Was löst so ein Verhalten aus?
Wer nie eine starke emotionale Bindung zu den Eltern hatte, sich nie als Person wahrgenommen gefühlt hat, tut immer extremere Dinge, um beachtet zu werden. Bei vielen entwickelt sich dann das Programm: Wenn ich schon nicht geliebt werde, dann wenigstens gehasst.
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