Schlachthofviertel in München: "Rau und herzlich"
Er gilt als Münchens Weißwurstkönig: In der AZ spricht Metzger Magnus Bauch über die Spezialität – und über sein Viertel im Wandel.
Isarvorstadt - Täglich verlassen 14 Tonnen Fleischspezialitäten die Produktionsstätte von Magnus Bauch an der Thalkirchner Straße. Wir treffen ihn in seinem holzvertäfelten Büro hinter der Metzgerei zum Gespräch.
AZ: Grüß Sie, Herr Bauch, Sie kennen das Viertel von klein auf.
MAGNUS BAUCH: Ja, dort bin ich geboren, dort gefällt’s mir. Das Viertel hat seinen ganz besonderen Charme.
Wie würden Sie den beschreiben?
Hier menschelt’s. Hier gibt’s keine Großstadt-Anonymität. Viele wissen was voneinander. Viele schauen aufeinander. Der Jargon war schon immer ein bisserl rau, aber herzlich. Das hat sich etwas abgeschwächt, seit wir vom sogenannten Arbeiterviertel, in das früher niemand ziehen wollte, zum In-Viertel wurden.
Nahm nur der raue Ton etwas ab oder auch das Herzliche?
Glücklicherweise weitgehend nur das Erste. Inzwischen lebt hier eine bunte Mischung, was eine Bereicherung ist. Wir haben jetzt bayerisches und internationales Flair, aber nach wie vor keine Großkopferten. Wir im Schlachthofviertel sehen uns als Kosmopoliten.
Die offensichtlich gern kosmopolitisch essen und ausgehen.
Ja, was Läden und Gastronomie anbelangt, ist viel passiert. Früher saßen in den paar Wirtshäusern nur Bierdimpfl. Jetzt haben wir Lokale verschiedenster Art und noch immer mit gutem Preis-Leistungsniveau.
Bei den Wohnungen sieht das inzwischen anders aus.
Günstige Mieten bekommt man bei uns leider wirklich nicht mehr. Bezüglich alteingesessener Mieter kenne ich aber viele Hausbesitzer, die ihre für heutige Verhältnisse niedrigen Mieten nur im sehr fairen Bereich anheben. Gefährlich kann es werden, wenn ein Haus von einem Investor gekauft wird, denn der will verdienen.
Ihre Eltern haben hier 1953 eine kleine Metzgerei eröffnet. Wie groß ist ihr Areal heute?
Aus damals nur 29 wurden 1800 Quadratmeter Produktions- und Verkaufsfläche. Mein Papa hat noch mit dem Radl ausgeliefert. Ab und zu hat ihm der Kohlenhändler, der ja ein Pferdefuhrwerk hatte, geholfen und schwere Wurstpakete mitgenommen.
War Ihnen klar, dass Sie in die Fußstapfen der Eltern treten?
Mich zog’s von Anfang an in die Wurstküche. Als Bub hab ich schon mit meinem Spielzeugtraktor die Kohlen für die Wurstkessel hergefahren.
Inzwischen sind Sie längst zu Münchens "Weißwurstkönig" geworden.
Es gibt Menschen, die das sagen…
Warum so bescheiden? Fürchten Sie die Konkurrenz?
Nein, unter uns Metzgern ist das Verhältnis gut. Das mit dem "Weißwurstkönig" ehrt mich, doch drüber reden sollen andere. Fakt ist, dass mein Vater und ich für die Entwicklung unserer Rezeptur zwölf Jahre gebraucht haben.
Wie bitte?
Ja, so lange hat es gedauert, bis wir die perfekte Mischung gefunden haben. Die Weißwurst ist hochsensibel.
Was macht Ihre so besonders?
Das verrät kein Metzger, doch Qualität setzt sich durch. Unser am weitesten entfernter Weißwurst-Kunde lebt in Martinique. Ein Lokal in London bekommt jede Woche eine Lieferung. Sowas spornt an – beim nie endenden Streben nach Perfektion.
Wie hat Ihre Familie reagiert, als Sie einst mit der "Bali-Wurst" ankamen?
Mei, die wissen, dass der Chef manchmal ungewöhnliche Ideen hat. Mittlerweile ist die "Bali-Bratwurst", die offiziell "Pikante Zwiebelbratwurst mit Knoblauch" heißt, ein Renner.
Ihre Frau stammt aus Bali. Wie ist sie seinerzeit hier aufgenommen worden?
Überall positiv, doch mit ihrem exotischen Aussehen war sie damals im Schlachthofviertel eine Sensation. Heute ist das unvorstellbar, weil unser Viertel so international geworden ist.
Haben Sie einen Tipp, wo man unbedingt hingehen sollte?
Für mich ist die Kapuzinerkirche ein Ort der Ruhe. Einzigartig ist die Atmosphäre in der legendären Absturzkneipe "Zur Gruam", wo sich jetzt ein absolut gemischtes Publikum trifft. Es gibt so viel zu entdecken, wenn man durchs Viertel läuft. Es ist so vielfältig wie meine Würste.
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