Otto Koch sagt Servus

Otto Koch, der Pionier der feinen Küche wird 66 und sagt: "Erfolg muss man auch loslassen können".
von  Annette Baronikians
Otto Koch steigt vom Turm: Im „Restaurant 181“ wird er 2015 nicht mehr kochen.
Otto Koch steigt vom Turm: Im „Restaurant 181“ wird er 2015 nicht mehr kochen. © bar

Milbertshofen - Es drängt ihn weder auf rote Teppiche, noch in die Klatschspalten. Über all seine Erfolge und Auszeichnungen freut sich Otto Koch lieber jenseits des Scheinwerferlichts. Doch diesem wird er heute kaum entfliehen können – an seinem Abschiedsabend in seinem Gourmet-Restaurant hoch oben im Olympiaturm.

Nach einem halben Jahrhundert in der Kochjacke sagt der Münchner Küchenkünstler, der zu den besten Köchen der Welt zählt, Servus. „Am 4. Januar werde ich 66. Da schenke ich mir das zum Geburtstag“, sagt Koch: „Erfolg muss man auch loslassen können. Außerdem ist es ein gutes Zeichen, dass ich in diesem Beruf gesund alt geworden bin.“

Alt? Dieses Wort will so gar nicht zu Otto Koch passen. Er sprudelt vor Kreativität. Seine Neugier lässt ihn immer wieder Neues entdecken – auch jenseits der Küche, die er in Deutschland revolutioniert hat. Das würde Koch von sich nie behaupten. Er sagt lieber, leise und weise: „Solange man neugierig bleibt, hat man keine Chance erwachsen zu werden. Das Leben ist eine Entdeckungsreise.“

Diese begann für Otto Koch 1949 in Gröbenzell. Dort hatten seine Eltern ein Lebensmittelgeschäft, und der kleine Otto war schon früh beeindruckt, „was meine Mutter aus den Resten aus dem Laden so gezaubert hat“. Dennoch wollte er Psychologe werden und in den USA studieren. Um dafür Geld zu verdienen, jobbte er in einem Lokal in der Schweiz – und der Zufall wollte es, dass er Paul Haeberlin, den Fürst der Haute Cuisine, kennenlernte. Schnell war klar: Otto Koch wollte eigentlich bloß noch eines. Koch werden.

Der Ausbildung im Münchner Regina Palast Hotel folgten Lehrjahre in Drei-Sterne-Häusern in der Schweiz und in Frankreich – bis er selbst nach den Sternen griff: 1974 eröffnete Koch sein erstes eigenes Restaurant, das unvergessene „Le Gourmet“ beim alten Messegelände.

Nur zwei Jahre später hatte sich Otto Koch in dieser damals noch wenig prominenten Lage dann nicht nur einen weltweit renommierten Feinschmecker-Hotspot erkocht, sondern auch einen Michelin-Stern.

Seinerzeit gewagte Kreationen sind längst zu Klassiker geworden: die „Falsche Prinzregententorte“ oder die „Weißwurst von Meeresfrüchten“.

Vieles, was man heute überall kaufen kann, musste Koch, der Pionier der deutschen Gourmandise, damals noch importieren beziehungsweise schmuggeln. Unzählige Male fuhr er mit seinem Freund und Weggefährten Eckart Witzigmann nach Paris, um dort Auberginen, Rucola, Zucchini oder Trüffel zu besorgen. „Eigentlich durfte man so gut wie nichts einführen“, erzählt Koch: „Gänseleber versteckten wir in Salatkisten ganz hinten im Kofferraum.“

Seine Küchenkünste bescherten ihm auch in seinen Restaurants „Schwarzwälder“ in der Münchner City und „KochArt“ in Zürs Sternenglanz und Gäste von Franz Josef Strauß über Elton John oder Kirk Douglas.

Am TV-Herd stand Otto Koch in der Sendereihe „Zu Gast bei Christiane Herzog“. Auf gut 700 Sendungen kommt er beim ARD-Buffet. Als Berater unterstützt der polyglotte Bayer Unternehmen wie Robinson Club – und dann sollte es vor fünf Jahren wieder etwas ganz Neues sein.

2009 zog es ihn ins 181 Meter hoch gelegene Restaurant im Olympiaturm, das bisher nie mit besonderer Kulinarik geglänzt hat. Dass Otto Koch auch hier mit seinem Restaurant „181 First“ einen Stern bekam, versteht sich von selbst.

An Silvester wurde im Turm ein letztes Mal von Otto Koch groß aufgekocht, nun ist sein Feinschmecker-Lokal Geschichte. Das Drehrestaurant wird es weiterhin geben – doch ohne den Meister.

„Am letzten Tag präsentieren wir uns in Bestform, ein normaler Tag“, sagte der bescheidene Küchenstar, der weiter als Berater tätig sein will. „Vor allem will ich aber den roten Faden meines Lebens neu definieren.“ Dafür hat Tochter Marisa (30) schon gesorgt und ihn im November zum Opa gemacht hat.

„Jetzt habe ich nicht nur meine ,richtigen‘ Kinder Philip und Marisa sowie rund 20 junge Köche, die mich ,Papa‘ nennen, sondern auch noch ein Enkelkind“, sagt Koch lächelnd: „Ich freue mich auf die Zukunft. Jedes Ende hat einen Anfang.“ Keine Frage: Aus Otto Koch, dem Philosophen am Herd, wäre auch ein guter Psychologe geworden.

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