Ökoesel in Neuhausen: Münchens erster Mitgliederladen

Mitglied werden und dann günstiger regional und bio einkaufen: Der "Ökoesel" in Neuhausen denkt das Prinzip Handel neu.
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Hannes Schmidt, Kathi Deininger und ihr Bruder Konstantin (nicht im Bild) betreiben den Laden mit dem alternativen Wirtschaftskonzept seit Oktober 2016.
jl Hannes Schmidt, Kathi Deininger und ihr Bruder Konstantin (nicht im Bild) betreiben den Laden mit dem alternativen Wirtschaftskonzept seit Oktober 2016.

Neuhausen - "Sie suchen bestimmt den Ökoesel – der ist da hinten die Treppe runter", grüßt eine freundliche Stimme von oben. Der lächelnde Herr auf dem Balkon zum Garten an der Lachnerstraße 33 in Neuhausen hat heute wohl schon einige Leute gesehen, die ihre Fahrräder an den Rosensträuchern vorbeigeschoben haben.

Man muss schon wissen, wo der winzigkleine Laden versteckt liegt. Im Laden zeigt sich aber: Es sind gar nicht so wenige eingeweiht. Am Freitagvormittag ist reger Betrieb auf den 60 Quadratmetern. "Wie läuft’s so bei euch?", fragt eine Kundin die andere – "Das übliche Chaos", kommt verschmitzt die Antwort. Von Einkaufsstress kann hier keine Rede sein.

Ökoesel: Das Modell des Mitgliederladens

Die ratschenden Nachbarinnen gehören zur Gemeinschaft beim Ökoesel, Münchens erstem Mitgliederladen. Das Modell: Statt die Kosten und Gewinne über Preise zu bestreiten, gibt es einen monatlichen Beitrag, den alle Mitglieder bezahlen.

Dafür dürfen sie im Laden mit wenig Aufschlag auf den Einkaufspreis einkaufen. So sind die laufenden Kosten gedeckt und die Mitglieder bekommen frische Bioware zu einem erschwinglichen Preis.

Betrieben wird der alternative Laden von Hannes Schmidt, Kathi Deininger und ihrem Bruder Konstantin. Die drei kennen sich aus Schulzeiten. Beim Studium in Marburg kam Hannes Schmidt über seine WG in einen Mitgliederladen. "Ich habe da sehr schnell gemerkt, dass es wirklich deutlich günstiger ist. Ich konnte es mir dann auch als Student leisten, nur Biolebensmittel zu kaufen", erzählt er. Zurück in München begeistert er seine beiden Freunde für die Idee – und im Oktober 2016 eröffnete der Ökoesel.

Rund 150 Mitglieder hat der Ökoesel bereits

Seither wachsen die Mitgliederzahlen konstant an – rund 150 Münchner zählt er inzwischen. Unter ihnen sind auch Klaus-Dieter und Brigitte Bornemann. Wie jeden Freitag und Montag, wenn der Laden geöffnet hat, kaufen sie hier ein. "Inzwischen kaufen wir fast alles, was wir so brauchen hier. Das ist wirklich ein tolles Konzept", sagt Klaus-Dieter Bornemann strahlend. Und seine Frau fügt hinzu: "Das Engagement von den jungen Leuten finde ich toll. Die Atmosphäre hier ist sehr wichtig, finde ich. Die ist wirklich schön."

Auch Hannes Schmidt ist es wichtig, dass sein Laden mehr ist als nur ein wirtschaftliches Alternativkonzept. "Es geht bei uns im Laden nicht darum, dass die Leute möglichst viel kaufen, sondern, dass sie sich gut versorgen können. Wenn der Profitzwang weg ist, ist die Stimmung gleich anders. Die Leute sind Mitglied und dann ratschen sie eben auch noch oder die Kinder laufen rum."

Die Bananen fallen im regional bestückten Regal aus der Reihe

In einem Einkaufskorb gesellt sich ein Fenchel zu Tomatensoße und Bananen – die Südfrüchte fallen im sonst sehr regional bestückten Regal etwas aus der Reihe. "Die sind obligatorisch, aber wenigstens Fairtrade", erklärt Schmidt. "Wir beziehen unser Obst und Gemüse von Tagwerk, das ist eine regionale Erzeugergenossenschaft in Garching."

Alle Produkte stehen mindestens ein Siegel über dem EU-Biosiegel. Bei den normalen Waren liegt der Preis zehn Prozent über dem Einkaufspreis, bei Obst und Gemüse 15. So wird Ausschuss kompensiert, denn noch hat der Ökoesel nur zwei Mal die Woche geöffnet. Bevor es in der Tonne landet, wird einiges verschenkt oder abends günstiger verkauft.

Über die Mundpropaganda der Mitglieder ist das Wort vom Ökoesel schon bis Giesing vorgedrungen, die meisten Mitglieder kommen aber aus der Umgebung. Darum wollen die Betreiber auch nicht weit weg, wenn sie mittelfristig umziehen. "Noch ist nichts fix, aber wir haben schon konkrete Pläne in einen größeren Raum umzuziehen", erzählt Hannes Schmidt. "Da können wir dann auch eine Käsetheke und ein kleines Café unterbringen. Und Veranstaltungen machen, Filmabende oder Vorträge. So wird das Gemeinschaftskonzept noch gestärkt."

Alle Bequemlichkeiten eines Supermarktes gibt es in dem kleinen Laden freilich noch nicht – ein junger Mann muss ohne ein Stück Fleisch heimradeln, weil alles reserviert ist.

Die Bornemanns wenden sich zum Gehen, da fällt Brigitte noch ein: "Oh, wir müssen noch unseren Zettel mit der Brotbestellung in den Kasten werfen!" Ein bisserl mehr vorausplanen muss man eben schon in dem kleinen Laden.

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