München in ganz neuem Glanz: So sehr hat sich dieser Stadtteil verändert

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Die Sonne scheint endlich wieder, im Café an der Straße sind viele Tische besetzt, auf ein zweites Frühstück oder einfach einen Cappuccino. Rundherum herrscht reges Treiben in den Geschäften – beim Metzger, beim Bäcker, beim Obst- und Gemüsehändler. Hier gibt’s alles, was man braucht, vom Schreibwarenladen bis zum Friseur, vom Blumenladen bis zum Spielwarengeschäft. Sogar eine Schuhwerkstätte findet sich noch.
Gemütlich vorstädtisch geht es zu in Trudering, obwohl schon auch einiger Verkehr vorbeidrängt, hier im sogenannten Quartierszentrum des Viertels entlang der Truderinger Straße. Immerhin 56.000 Einwohner hatte das Viertel 2024, "anderswo wäre das schon eine Stadt, die auch ein Ortszentrum oder einen Marktplatz hätte", sagt Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) beim Ortstermin am Mittwochvormittag.

Ein alter Ortskern – neu entdeckt
Die Truderinger Straße sei Zentrum und Achse eines großen Stadtviertels, der alte Ortskern gehe bis zur alten Salzstraße zurück, so Merk. So passt es, dass Trudering eines von mehreren Stadtsanierungsgebieten Münchens geworden ist, denn dabei gehe es auch darum, so Merk, Ortszentren in den Vierteln zu fördern. Was genau bei einer solchen Stadtsanierung gemacht wird, haben die Stadtbaurätin, Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer (Grüne) und der Geschäftsführer der Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS), Norbert Kobald, mit mehreren Mitarbeitern aus den Referaten und der MGS beispielhaft gezeigt und erklärt.
Es brauchte auch viel Überzeugungsarbeit
Seit 2013 hatte das Planungsreferat den Umbau der Truderinger Straße vorbereitet, dabei habe es die Bedürfnisse vieler Einzelanwohner und Handeltreibender zu berücksichtigen gegeben, viel Überzeugungsarbeit musste geleistet, Lösungen für den Verkehr gesucht werden, so Merk. Auch der Bezirksausschuss war stets involviert. 2022 schließlich konnte das Baureferat die Maßnahmen fertigstellen.
Die Truderinger Straße, eine belebte und viel befahrene Durchgangsroute aus dem Osten Münchens in Richtung Stadtmitte und zurück, ist "immer noch eine ganz normale Straße, hier ist viel los", spricht Merk gegen den Verkehrslärm an. Im Vergleich zu vorher ist der Abschnitt zwischen Bajuwarenstraße und Schmuckerweg jetzt dennoch ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich mit einem "attraktiven zentralen Boulevard", wie es Mitarbeiterinnen anhand von Vorher-Nachher-Bildern zeigen.

Auch unspektakuläre Maßnahmen können wirkungsvoll sein
Es gibt nun eine Fahrradmarkierung, eine barrierefreie Bushaltestelle, viele Sitzgelegenheiten und Bänke, breite Gehwege und dennoch ausreichend Parkplätze, außerdem wurde Kopfsteinpflaster entfernt, wie Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer erklärt. Viele Maßnahmen, wie etwa die optische Gestaltung von Kreuzungen durch den Straßenbelag, seien vielleicht unspektakulär, aber wirksam, so Ehbauer.

Auch Stadtrat Sebastian Schall (CSU), der sich im BA seit 2008 mit dem Projekt beschäftigte, ist zufrieden. Er sei "immer Fan des Projekts gewesen", so Schall. An der Truderinger Straße habe es immer schon viele Geschäfte gegeben, erklärt er, vor Beginn der Stadtsanierung seien aber immer mehr Läden leer gestanden, man habe sich um die Ladenstruktur gesorgt. "Das hat man hier jetzt sehr gut geschafft", so Schall.

Ein Brunnen zum Plantschen
Besonders schön geworden ist der Bereich rund um einen neuen Brunnen an der Kreuzung zur Max-Rothschild-Straße. Der ist absichtlich so gebaut, dass er "begehbar und beplantschbar" ist, so die Baureferentin. Am Platz wurden etliche neue Bäume gepflanzt, die Baumgräben und Straßenränder bienenfreundlich-blühend bepflanzt. "Wir haben es hier nicht nur mit öffentlichem Raum zu tun", so Ehbauer. Die MGS habe hier sogar Eigentümer überzeugen können, Grund für die Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.

Kleiner Park, große Wirkung
Ganz in der Nähe liegt eine weitere Station des Rundgangs: Eine ehemalige Brachfläche mit altem Baumbestand an der Truderinger Straße 321. 2016 wurde sie umgestaltet in eine kleine, aber feine öffentliche Grün- und Spielfläche, einen sogenannten Pocketpark. Mit einem kleinen Rodelhügel, einem Kletterturm und Sitzgelegenheiten unter den alten Bäumen. Nur ein paar Meter in zweiter Reihe von der Truderinger Straße ist hier eine kleine Ruheoase entstanden. Hier zeige sich gut, da sind sich Stadtbaurätin und Baureferentin einig, dass die Maßnahmen der Stadtsanierung, gerade die kleinen, immer sofort bei den Menschen ankämen.

Die Stadtsanierung steckt an – private Eigentümer sanieren ihre historischen Häuser
Interessant ist auch der ehemalige Bognerhof, eines von vielen erkennbar historischen Häusern entlang der Straße. Erstmals erwähnt im 8. Jahrhundert, steht er in seiner heutigen Form seit dem 18. Jahrhundert da. Zu Beginn der Stadtsanierung heruntergekommen, wurde das Anwesen 2008 von einer Privatperson gekauft und denkmalgerecht saniert. Heute beherbergt der Hof eine Kita mit 100 Plätzen. An diesem Beispiel könne man sehen, dass, wenn die Stadt die Initiative für eine Aufwertung ergreift, oftmals private Initiativen aufspringen, so Merk. Ein Effekt, der durchaus gewünscht ist.

So verhält es sich auch mit der alten Weinkelterei gleich beim Truderinger Bahnhof, in der früher Trauben aus Italien verarbeitet wurden, statt direkt fertigen Wein zu importieren. Auch hier investierten private Eigentümer in die denkmalgerechte Sanierung des Jahrhundertwende-Baus, der lange Zeit eher verkümmerte. Nach Autohändlern und Wettbüro früher, findet sich im sanierten Gebäude nun eine "höherwertige Nutzung" mit einem großen Künstlerbedarf.

Eine neue Grünanlage fehlt noch
Noch ist nicht alles fertig im Sanierungsgebiet Trudering. Noch fehlt der barrierefreie Umbau der Unterführung am Lehrer-Götz-Weg, der Ausbau des Blanckertzwegs als verbesserte Verbindung entlang der Bahnlinie und die Aufwertung der Grünfläche an der Bürgermeister-Keller-Straße. Letztere, aktuell noch ein Stück überwuchertes Grün hinter Zäunen, soll ab Herbst 2026 bis Ende 2027 umgestaltet werden. Geplant sind ein Kleinkindbereich, eine Spielwiese, ein Bereich für Jugendliche mit Hängematten, Baumhaus und Unterstand, sowie ein großer Teil Biotop- und Schutzfläche.

"Nicht nur die Hochglanz-Leuchtturmprojekte"
18,5 Millionen Euro bereits umgesetzte Gesamtkosten sind es, davon förderfähig 7,2 Millionen, davon refinanziert sind 4,3 Millionen durch Bundes- und Landesfinanzhilfen (60 Prozent). Denn die Projekte der Stadtsanierung werden über das Bund-Länder-Städtebauförderungs-Programm "Lebendige Zentren" (bis 2019 "Aktive Zentren") maßgeblich finanziell gefördert und mit Mitteln der Landeshauptstadt München kofinanziert.
Um Letztere "müssen wir immer wieder kämpfen", so die Stadtbaurätin, denn die Stadt müsse oft in Vorleistung gehen, bis dann Fördergelder vorhanden seien, was der Stadtrat freilich bewilligen müsse. Für Merk ist die Stadtsanierung aber dennoch ein "wichtiges Handlungsfeld für die Zukunft". Sie betont: "Eine Stadt besteht nicht nur aus den Hochglanz-Leuchtturmprojekten. Unsere Arbeit besteht zu 80 Prozent aus Alltagsarbeit in den Stadtvierteln." Das werde oft nicht so sehr gesehen.
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