Kathedrale der Industrie

Von der Fast-Ruine zum Design-Tempel: Die Umgestaltung des alten Heizkraftwerks in Obersendling nimmt konkrete Formen an
von  Myriam Siegert
So soll das Ex-Kraftwerk aussehen, wenn's fertig ist.
So soll das Ex-Kraftwerk aussehen, wenn's fertig ist. © Entwurf: Stenger2 Visualisierung: Ulrike Walter

 

Von der Fast-Ruine zum Design-Tempel: Die Umgestaltung des alten Heizkraftwerks in Obersendling nimmt konkrete Formen an

Obersendling - Jahrelang herrschte Ungewissheit, was mit dem ehemaligen Heizkraftwerk an der Drygalski-Allee passiert. Mancher forderte den Abriss, andere Denkmalschutz. Dann fand sich ein Investor für das riesige Objekt und mit der Möbelfirma Kare ein Mieter.

Bei der Ortsbegehung auf der Baustelle in dem riesigen Gebäude ist Kare-Chef Jürgen Reiter die Begeisterung anzusehen: „Was passt hier besser rein als eine Designmöbelausstellung“, sagt er strahlend.

Jürgen Reiter und sein Geschäftspartner Peter Schönhofen, die Gründer und Inhaber von Kare, sind mit ihrem Unternehmen die Hauptmieter in dem ehemaligen Kraftwerk. Gerade haben sie mit den Bauherren und Architekten der Öffentlichkeit präsentiert, was sie aus diesem außergewöhnlichen Gebäude machen.

Für alle Beteiligten ist das Kraftwerk ein Industriedenkmal. Deswegen wird hier nicht einfach entkernt: „Wir wollen an die alte Struktur anknüpfen, das Gebäude recyceln,“ sagt Architekt Markus Stenger. Der Industrie-Charme soll erhalten und nicht „verzärtelt“ werden. „Es soll weiterhin sichtbar sein, welchen Zweck das Gebäude einmal hatte“, sagt Stenger. „So etwas muss man einfach erhalten.“

Die Wände bleiben teilweise unverputzt, alte Schalttafeln und Isolatoren sichtbar. Die Dimensionen der riesigen Hallen, in denen einst Brenner und Generatoren standen, bleiben großteils unverändert. „Das sind Räume wie Kathedralen“, schwärmt der Architekt.

Auch der äußere Eindruck soll nicht zu sehr verfälscht werden. Die Fassade des Sockelgebäudes, in das die Verkaufsfläche einziehen wird, bekommt eine Verkleidung aus gold-kupfernem Metallflechtwerk, der Büroturm graphitfarbene Lamellen.

Zur Drygalski-Allee hin öffnet sich das Gebäude mit einer großen Fensterfront. Hier ist auch die Einfahrt zur Tiefgarage. Auch die beiden Schornsteine auf dem Dach bleiben. Die seien wichtig für die charakteristische Optik des Gebäudes, sagt Stenger. Noch zwingender ist allerdings, dass dort oben alljährlich ein Falkenpärchen nistet, das nicht vertrieben werden darf.

Die Kare-Chefs haben viel vor. Jahrelang hatten sie nach einem passenden Quartier für ihr Unternehmen gesucht. „Es sollte schon etwas Außergewöhnliches sein“, sagt Reiter. Jetzt soll hier ein Design-Zentrum mit 140 Arbeitsplätzen entstehen.

15000 Quadratmeter Fläche hat das Objekt. Zumindest die 10000 Quadratmeter Verkaufsfläche sollen schon im nächsten Frühjahr fertig sein. In den Turm ziehen Büro- und Gewerbeflächen, auch die wird großteils Kare nutzen. Die Geschäfte laufen gut, die Firmenzentrale in Garching ist längst zu klein geworden.

Auf dem Dach des Sockelgebäudes entsteht eine Dachterrasse samt echtem Rasen drumherum. Die wird von der integrierten Gastronomie genutzt und soll Kunden und Viertelbewohnern gefallen.

 

Die bisherigen Arbeiten an dem Gebäude hat der Münchner Fotograf Sascha Kletzsch dokumentiert und in einem Bildband zusammengefasst. Dieser ist erhältlich unter www. peekpac.com

 

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