Investor baut 42 Wohnungen in Schwabing - für 9,99 €/qm!

Euroboden errichtet auf dem Gelände, wo früher die Luitpoldkaserne stand, zwei Wohngebäude aus Holz. 40 Prozent der Wohnungen sollen frei vergeben werden.
Nina Job
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Die beiden Gebäude sind durch filigrane Brücken miteinander verbunden. Im Erdgeschoss befinden sich Gemeinschaftsräume, im Innenhof ein "Dschungel".
Die beiden Gebäude sind durch filigrane Brücken miteinander verbunden. Im Erdgeschoss befinden sich Gemeinschaftsräume, im Innenhof ein "Dschungel". © Euroboden

Schwabing - Noch wächst Unkraut auf dem Gelände, erst im kommenden Jahr werden voraussichtlich die Bagger anrollen. Bis dann die ersten Mieter einziehen können, wird es nach jetziger Planung 2025 werden. Doch schon heute kann man sich lebhaft vorstellen, wie viele Münchner sich reißen werden um eine der insgesamt 42 Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, die der Immobilienentwickler Euroboden an der Heßstraße bauen will.

Billiges Wohnen in München: 9,99 Euro kalt soll die Miete pro Quadratmeter kosten

Ein moderner Neubau, in Fußnähe zum Leonrodplatz, Olympiapark und Nordbad. Helle Räume, Lauben vor der Wohnungstür und ein begrünter Innenhof - Architekt Florian Nagler bezeichnet ihn schon mal als "Dschungel".

Von der Gemeinschaftsdachterrasse wird man den Olympiaturm und die Frauentürme sehen können. Und das Beste für den leidgeprüften Wohnungssuchenden in München ist - der Preis: Nur 9,99 Euro kalt soll die Miete pro Quadratmeter kosten - gerade mal die Hälfte der aktuellen Marktmiete.

Wie geht das? Und wenn so etwas in der teuersten Stadt Deutschlands möglich ist, warum gibt es das dann nicht öfter?

Euroboden-Chef will neue Wege gehen

Stefan Höglmaier, Chef des Münchner Immobilienentwicklers Euroboden, ist eigentlich bekannt für Luxus-Immobilien. Vom umgestalteten Hochbunker zum einst verfallenen, nun edel herausgeputzten ältesten Bauernhaus der Stadt - bis hin zu Neubauten im Herzogpark, Schwabing oder Haidhausen - Normalverdiener können sich die Euroboden-Adressen üblicherweise nicht leisten.

Doch nun geht Höglmaier einen neuen Weg: "Wir sind sehr happy, dass wir hier zwischen der Maxvorstadt, Neuhausen und Schwabing bezahlbaren Wohnraum anbieten können", sagte er am Dienstag bei der Vorstellung seines jüngsten Bau-Projekts.

Mit dem Neubau an der Heßstraße auf dem Gelände der ehemaligen Luitpoldkaserne will er rund 40 Millionen Euro investieren und ein Vorzeigeprojekt in Sachen Nachhaltigkeit schaffen.

Gespart wird an der Technik und dem Schallschutz

Um die Baukosten und die Ausstattung niedrig zu halten, werden die beiden Gebäudekomplexe in Holzbauweise errichtet. "Holz ist das Material der Zukunft, betont Architekt Florian Nagler.

Durch zwei Torbögen geht es ins Gebäude, es wird in Holzbauweise errichtet.
Durch zwei Torbögen geht es ins Gebäude, es wird in Holzbauweise errichtet. © Euroboden

Auf "komplizierte Haustechnik" habe man verzichtet, ebenso auf eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung. "Wir haben reduziert und entschlackt. Damit haben wir einen Nerv getroffen", sagt der Architekt. Er ist überzeugt: "Eine Übertechnisierung beim Bau amortisiert sich nicht."

Gespart wurde auch beim Schallschutz: Er erfüllt nur die Mindestanforderungen. "Das bedeutet aber nicht, dass man hört, was die Nachbarn sprechen", erklärt Nagler. "Nur wenn sie sehr laut Musik hören."

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"Haus für München": Baukosten sollen durch Fertigbauteile eingespart werden

Zweckmäßig, schlicht, viel Holz: Die neuen Wohnungen in dem Neubau, den Euroboden "Haus für München" nennt, sollen mit Fußbodenheizungen ausgestattet werden, als Boden ist ein geschliffener Estrich vorgesehen. Auch die Innenwände sind mit Holz verkleidet.

Auf dem Dach ist eine Photovoltaikanlage geplant. Zudem werden Baukosten eingespart durch Fertigbauteile. Von den Fenstern bis zu den Nasszellen (Bäder, Toiletten).

Mit dem Konzept für das "Haus für München" hat Euroboden Ende 2021 ein öffentliches Vergabeverfahren der Stadt gewonnen. Auf dem 20 Hektar großen Gelände zwischen Dachauer und Schwere-Reiter-Straße sowie zwischen Infanterie- und Heßstraße wurden mehrere Wohnbaugrundstücke im Erbbaurecht vergeben. Hier wird ein neues Quartier entstehen. Euroboden bekam den Zuschlag für das "Filetstück an der Heßstraße", so Höglmaier.

Lauben vor den Wohnungen können wie Balkone genutzt werden.
Lauben vor den Wohnungen können wie Balkone genutzt werden. © Euroboden

Keine Einkommensgrenzen für interessierte Mieter

Anders als im sozialen Wohnungsbau werden für die künftigen Mieter der Euroboden-Holzhäuser keine Einkommensgrenzen gelten. Zwar sollen 60 Prozent an Menschen vergeben werden, die in der täglichen Versorgung der Gesellschaft eine tragende Rolle spielen: wie Kindergärtnerinnen, Pflegepersonal, Feuerwehrleute - doch für die restlichen 40 Prozent der Wohnungen sollen die Mieter frei wählbar sein.

Um die Auswahl freilich werden sich Höglmaier und seine Mitarbeiter nicht mehr kümmern. Nach der Fertigstellung will der Euroboden-Gründer das Gebäude an einen Investor verkaufen, der "sozial, nachhaltig und sicher investieren möchte".

Stefan Höglmaier (r.) zusammen mit Prof. Florian Nagler.
Stefan Höglmaier (r.) zusammen mit Prof. Florian Nagler. © Dominik Gigler

Eine reine Liebhaberei ist das Projekt nicht für ihn. "Alle unsere Projekte sollen wirtschaftlich funktionieren", sagte er zur AZ. Dabei will er durch einen Vertrag mit Garantiepreis die aktuelle Baupreisentwicklung auf sein Risiko übernehmen - zu einem Verkaufspreis, der inklusive des auf 80 Jahre festgelegten Erbbauzins etwa 50 Prozent unter dem Quadratmeter-Preis für Neubauten in dieser Lage liegen soll. Im Gegenzug darf der Käufer die Wohnungen zu maximal 9,99 Euro pro Quadratmeter vermieten.

Dieser Mietpreis ist allerdings nur für die ersten fünf Jahre fix. Ab dem sechsten orientiert er sich am Verbraucherpreisindex, so die Regeln. Als Käufer stellt sich Euroboden zum Beispiel eine Genossenschaft, die Kirche oder eine Stiftung vor.

Und warum gibt es nicht mehr Projekte dieser Art? "Ich habe 20 Jahre auf so eine Möglichkeit gewartet", sagt Höglmaier. "Im Erbbaurecht wirken die freien Kräfte des Marktes mit maximalen Grundstückspreisen nicht."

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24 Kommentare
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  • dakaiser am 20.07.2022 16:54 Uhr / Bewertung:

    Dieser Architekt hat also eine Professur? Was unterrichtet der? Nachhaltiges Bauen garantiert nicht. Fragt niemand nach, woher das Bauholz kommt? Sicher nicht aus heimischen Wäldern! Das wird über tausenden von Kilometern hierher transportiert. Aber nicht mit E-Autos, sondern mit LKWs und auf Schiffen, die mit Schweröl fahren. Zwischen die Holzrahmen kommt Dämmung, die meist nicht recycelbar ist und abgedichtet wird das mit Folien, die bei Abriss ebenfalls Sondermüll sind. Es mag sein, dass man darin für 10.- Euro pro qm gut wohnen kann, wenn man sich auf blanken Estrich und seitlich und oben mit Holzschalung wohlfühlt. Das ist eine Sache. aber nachhaltig ist was anderes.
    Wo bleibt hier der Aufschrei der Grünen? Gut dass man für die Fundamente und die Tiefgaragen noch Beton und Stahl hat... Der Wahnsinn.

  • Der wahre tscharlie am 20.07.2022 15:46 Uhr / Bewertung:

    Klingt auf jeden Fall interessant. Von der Bauweise über die Gemeinschaftsdachterasse bis zu den Mieten.
    Einfach bauen lassen, und dann schau ma weiter, was die zukünftigen Bewohner dazu sagen.

  • giesing_muc am 20.07.2022 14:48 Uhr / Bewertung:

    Das ist eine Bauweise, die eher nicht nachhaltig ist. Mit den ganzen Fertigteilen wird man das ganze Gebäude in spätestens 50 Jahren komplett abreißen können.
    Ich verweise hier auf das Arabella Hochhaus - und das wurde immerhin aus Beton gebaut und soll nun in 2026 nach 50 Jahren Betriebsdauer abgerissen werden, da es dann seinen Lebenszyklus erreicht hat.

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