Großeinsatz der Feuerwehr: In der Kpauzinerstraße stürzt Dach auf den Gehweg
Es ist Freitagmorgen. Dutzende Kinder und Erwachsene sind auf dem Weg zur Schule, in den Kindergarten und in die Arbeit. Auch in der Kapuzinerstraße in der Isarvorstadt, kurz vor dem Baldeplatz, hat der morgendliche Berufsverkehr begonnen.
Es ist kurz vor 7.40 Uhr, als ein Vater hier aus einem rund 100 Jahre alten, denkmalgeschützten Gebäude kommt. Er will seine Kinder mit dem Fahrradanhänger in den Kindergarten bringen. Er schließt das Fahrradschloss auf und geht zurück zum Haus, um die Kinder zu holen.
Zur selben Zeit sitzt das Au-pair-Mädchen Anastasiia (18) einige Stockwerke höher mit ihrem Schützling (3) am Frühstückstisch. Plötzlich sieht die junge Frau etwas Dunkles am Fenster vorbeistürzen. "Direkt danach hat es schon gekracht und eine riesige Staubwolke war zu sehen", erzählt sie.
Der Vater, der seine Kinder holen will, steht noch auf dem Gehsteig. Riesige Betonbrocken krachen neben ihm auf den Gehweg, den Radweg und die Straße – das Dachgesims ist aus 17 Metern Höhe auf einer Breite von etwa 25 Metern abgebrochen. Der Mann wird nur knapp verfehlt. "Eine Minute früher und es hätte sie alle getroffen", sagt ein Nachbar später schockiert.
Es grenzt an ein Wunder, dass nur eine junge Frau leicht verletzt verletzt wird. Die Fußgängerin (25) steht an der Ampel und wird am Knöchel von Steinen getroffen.
"Können heute unseren zweiten Geburtstag feiern"
Insgesamt etwa eine Tonne Beton mit Stahlarmierungen sind von der Dachsparrenverkleidung abgestürzt. Die Brocken sind zum Teil mehrere Meter breit. Der Fahrradanhänger ist danach zermalmt. Im Schutt bleibt auch ein verbeultes Fahrrad zurück. Der Lenker ist fast senkrecht abgeknickt. Ein Mann (38) hatte es gerade abgestellt. Ein Betonteil schlug 50 Zentimeter neben ihm auf.
"Wir können heute unseren zweiten Geburtstag feiern", sagt Christian Grohmann mittags zur AZ. Er war nur wenige Minuten vor dem Unglück mit seinem Sohn Daniele (10) an dem Haus vorbeigegangen.
Polizei und Feuerwehr sperren die Kapuzinerstraße zunächst komplett ab. Auch die Haustür darf nicht mehr benutzt werden – zu gefährlich. Die Bewohner schneiden sich im Hinterhof ein Loch in einen Maschendrahtzaun, um überhaupt hinaus zu kommen. Wie es zu dem Unglück kommen konnte, sollen nun Statiker und Bauexperten klären.
Der Hauseigentümer – er wohnt in Kempten – beauftragte den Münchner Architekten und Stadtplaner Lutz Heese, sich vor Ort zu kümmern. "Ich betreue das Haus seit den 80er Jahren. Das war absolut nicht vorhersehbar. Das Haus ist in keiner Weise baufällig." Der Architekt sieht "Alterserscheinungen" als mögliche Ursache. "Das betrifft viele Gebäude aus dieser Zeit." Verlässliche Kontrollen seien schwierig. "Wirklich sichergehen, dass so etwas nicht passiert, kann man nur, wenn man das Gesims alle 50 bis 80 Jahre komplett erneuern würde."
