Große Oper in der Karedrale
Das Münchner Möbelunternehmen Kare zeigt zum ersten Mal das umgebaute Kraftwerk, in dem bald eine Filiale eröffnet. Die Architektur ist spannend, die Pläne sind unbescheiden
Obersendling - Zu den noch eher zurückhaltenden Sätzen gehört dieser: „Wir schaffen hier ein neues Wahrzeichen in Obersendling.“ Die zwei Männer strahlen.
Mit großen Gesten zeigen sie auf Lastenkräne, armdicke Kabel und Keramik-Isolatoren. Die beiden sind aufgeregt. Man könnte fast sagen, sie sind enthusiasmiert.
Jürgen Reiter und Peter Schönhofen zeigen die noch recht kahlen Räume, in denen bald der „weltweit beeindruckendste Design-Hotspot“ seine Glastüren öffnen soll. Nüchtern betrachtet kündigen die Unternehmer ein neues Möbelhaus in München an.
Das „Kare Kraftwerk“ soll die Vorzeige-Filiale des Münchner Einrichtungsunternehmens werden. Die Immobilie gibt das durchaus her: Das ehemalige Heizkraftwerk in der Drygalski-Allee ist ein mächtiger Industriebau. Seit knapp vier Jahren lässt das Unternehmen dort planen und werkeln. In gut zwei Monaten soll der Laden nun eröffnen.
Die großen Umbauten sind bereits fertig: Stockwerke wurden geöffnet, Räume verbunden, ein zentraler Lift installiert. Es sieht noch immer rau und industriell aus. Und das soll es – abgesehen von der Einrichtung – auch bleiben. „Es sind erhabene Räume, deren Kraft spürbar ist“, schwärmt Architekt Markus Stenger. Er hat den Umbau geplant. „Wir haben so viel wie möglich von diesem Industriedenkmal bewahrt.“
Etwa dort, wo früher Außenluft zur Kühlung angesaugt wurde und jetzt noch die alten Gitter zu sehen sind. Bald werden hier Polstermöbel ausgestellt. Ein Stockwerk ist mit Wänden durchzogen, in denen sich runde Löcher durch die ganze Ebene ziehen – teils bestückt mit großen Ventilatoren. In den höheren Geschossen sieht man Stahlträger. Und entlang einiger Wände ziehen sich offene Stromleitungen. Freilich bloß Attrappen, aber original.
In den nächsten Wochen sollen noch mehr Industrie-Erbstücke angebracht werden, etwa alte Schalttafeln. Mit Blitzlicht und anderen Effekten soll der Kunde „die Elektrizität erleben können“.
Auf insgesamt 10000 Quadratmetern, verteilt auf fünf Stockwerke, sollen dann Möbel ausgestellt werden. Dazu gibt es ein Restaurant mit Dachterrasse und eine Tiefgarage. Und ganz viel Show, sagen die Kare-Chefs.
Wohnseminare zum Beispiel. Da kann der Kunde dann lernen, wie das mit Feng Shui oder Retro-Stil geht. Auch Back- und Kochkurse sowie Kunstausstellungen und Diskussionsforen sind geplant.
„Wir werden dem Publikum ein Wohntheater so inszenieren, dass wir einen permanenten Zufluss von Aufmerksamkeit haben“, sagt Peter Schönhofen und setzt noch einen drauf: „Wir werden diese Wohnkathedrale zelebrieren.“ Eine Wohn-Karedrale quasi.
So gesehen, könnte es statt des Gläschens Sekt zur Eröffnung fast schon Messwein geben.
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