Görings Geweihe: Museum hängt Jagdtrophäen ab

Die Jagdtrophäen des NS-Reichsmarschalls haben im Jagd- und Fischereimuseum schon für Ärger gesorgt. Jetzt wurden sie abgehängt – still und heimlich.
von  John Schneider
„Odin“ und „Matador“, so sind die Tiere genannt worden, die Hermann Göring offenbar nahe des Reichsjägerhofs in der Rominter Heide im nordöstlichen Ostpreußen geschossen hatte. Die Geweihe hingen jahrelang im Museum(links). Inzwischen sind die Trophäen aus der Halle des Jagd- und Fischereimuseums in der Neuhauser Straße verschwunden – siehe Kreise.
„Odin“ und „Matador“, so sind die Tiere genannt worden, die Hermann Göring offenbar nahe des Reichsjägerhofs in der Rominter Heide im nordöstlichen Ostpreußen geschossen hatte. Die Geweihe hingen jahrelang im Museum(links). Inzwischen sind die Trophäen aus der Halle des Jagd- und Fischereimuseums in der Neuhauser Straße verschwunden – siehe Kreise. © Katharina Alt/Petra Schramek

München - Die Kinder, die fröhlich lärmend zwischen dem ausgestopften Dachs und den Vitrinen mit den alten Jagdgewehren herumlaufen, haben die Lücken wahrscheinlich nicht einmal bemerkt. Da, wo jetzt am großen Treppenaufgang des Jagdmuseums nur die weiße Wand zu sehen ist, hingen früher Geweihe.

Nicht irgendwelche, sondern Trophäen von NS-Reichsmarschall Hermann Göring. Diese Jagd-Andenken mit der braunen Vergangenheit sind seit zehn Tagen verschwunden. Ohne Vorankündigung wurden die Geweihe ins Museumsdepot gebracht.

„Das Haus wolle sich nicht seiner braunen Geschichte stellen“, vermutet eine Besucherin des Museums. „Wenn die braunen Erinnerungsstücke erst einmal weg sind, hofft man wohl, redet auch kein Mensch mehr drüber.“

Weit gefehlt, versichern die Verantwortlichen. Nach der jüngsten kritischen Berichterstattung habe man die Konsequenzen ziehen wollen. Es solle jedweder Eindruck vermieden werden, man sympathisiere mit der NS-Zeit.

„Ich hatte es satt.“ Bayerns oberster Jäger, Jürgen Vocke, Präsident des bayerischen Jagdverbandes, spricht da Klartext. Er setzte vor drei Wochen im Stiftungsrat, dem auch die Landeshauptstadt und der Freistaat angehören, die Entfernung der Geweihe durch. Damit Ruhe einkehrt.

Seit 1966 hingen die Geweihe im Jagd- und Fischereimuseum an der Neuhauser Straße. Immer wieder wurden sie in der Öffentlichkeit zum Thema, berichtet Museumsdirektor Manuel Pretzl. In den 1990er Jahren zog man erste Konsequenzen.

Bis dahin hatten die Schilder unter den Geweihen lediglich erklärt, dass dieser oder jener Hirsch von Hermann Göring erlegt wurde. Dass dies, ohne die Beschreibung der Rolle Görings im Nazi-Regime, gedankenlos, zumindest aber naiv war, sah man damals wohl ein. Die Schilder wurden entfernt.

Danach hätten nur noch Fachleute gewusst, welche Geschichte die Trophäen an der Wand des Museums hatten, sagt Pretzl. Fachleute und Neonazis? „Ein Wallfahrtsort für Rechtsextreme waren wir nie“, beteuert der Direktor. Das Museum sei vielmehr Teil einer kulturellen Initiative gegen Rechtsextremismus.

Die Stiftung des Museums hat bei der Historikerin Cornelia Oelwein eine Studie über die Geschichte des Museums mit ausgiebiger Würdigung der Nazi-Vergangenheit in Auftrag gegeben. Die Studie wird im Sommer fertig sein.

Hätte man die Geweihe und Göring aber nicht in ihren historischen Kontext stellen können, um das Problem zu lösen? Genau das plant Vocke jetzt: „Wir wollen eine Ausstellung zum Thema ,Jagd und Macht’ machen.“

Darin soll auch die Vereinnahmung der Jagd durch die Nationalsozialisten ein Thema sein, sagt Vocke. „Vorübergehend werden wir dann auch wieder ein, zwei Geweihe von Göring zeigen.“ Dann aber mit der historischen Kommentierung, die Museums-Kritiker immer wieder eingefordert haben.

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