Versteckte Gärten: Die Route für Giesinger Grashüpfer
Wer an Giesing und die Gegend rund um das Ramersdorfer Grenzgebiet denkt, der denkt erst einmal nicht an Wald und Wiese. Viel Beton und Teer schießt da durch das Gedächtnis: die Autobahnzufahrt mit dem McGraw-Graben und dem modernsten Blitzerturm Münchens, die Tegernseer Landstraße, die Rosenheimer Straße oder auch der Mittlere Ring mit der bis zu sechsspurigen Chiemgaustraße.
Gewusst, wo: Giesings grüne Gefilde
Doch die Gegend hat auch viel Grünfläche zu bieten. Man sollte nur wissen, wo. Denn nicht immer hängen diese Grünflächen zusammen. In den südlichen Gefilden der Stadt stehen viele Häuser, die die Grünanlagen trennen. Und die Straßeninfrastruktur für Autos dominiert. Sie ist stark ausgebaut. Wer an der Rosenheimer Straße Ecke Chiemgaustraße steht, versteht sein eigenes Wort nicht.

Aber es ist schon möglich, einen halben Tag lang von Grünfläche zu Grünfläche zu "hüpfen". Das ist im Sommer für alle Münchner interessant, die heuer auf den Fernurlaub verzichten. Und bei diesen Temperaturen ist ein entspanntes Picknick auf einer schattigen Grünfläche das Angenehmste, um die Zeit zu genießen. Denn laut dem Deutschen Wetterdienst entstehen an heißen Tagen enorme Temperaturunterschiede innerhalb der Stadtgrenzen.
Unterwegs mit einem Baumschutz-Experten
Bis zu zehn Grad kühler kann es auf einer Grünfläche im Vergleich zu einer versiegelten Gegend sein – wie etwa dem Münchner Bahnhofsviertel. Die AZ hat für die Grashüpfer-Route einen Fachmann mitgenommen: den Giesinger Baumschutz-Beauftragten Philippe Oßwald (36).
Er hat sich den Arm gebrochen. Sonst wären wir die Strecke geradelt. "Aber gehen ist auch kein Problem", findet Oßwald.
Krone-Park: "Die besten Tischtennisplatten der Gegend"
Unser Spaziergang startet im Kronepark (1), benannt nach dem Zirkus-Gründer Carl Krone. Der Park hat wenige Zugänge, was Zufallsbesuche verhindert. "Das ist mein Lieblingspark", sagt Philippe Oßwald, der in Obergiesing seine Kindheit verbracht hat. Oßwald ist ein großer Tischtennis-Fan. "Hier gibt es die besten Tischtennisplatten der Gegend", sagt er. Denn sie haben kein Metallnetz, sind grün und wirken nicht so steril wie Steinplatten. Jeder muss sein eigenes Netz mitnehmen. Deswegen sind sie recht häufig frei."
Ostfriedhof: Rudolph Moshammers letzte Ruhestätte
Die mit Abstand größte "Grünfläche" der Gegend ist ganz sicher der Ostfriedhof (2). Da braucht man keine Karte zu vermessen, um das zu erkennen. Ein kurzer Rundgang: Hier sind bekanntlich berühmte Münchner begraben, von Rudolph Moshammer über Rex Gildo bis zum ersten Nachkriegsbürgermeister Thomas Wimmer.

Ein stiller Gruß an die herausragenden Münchner sei jedem gegönnt. Apropos still: Die Ruhe in der Mitte des Friedhofs ist einzigartig. Man hört die eigenen Schritte im Kies und Vogelgezwitscher. Vorsicht: So manch einer, der hier zu offensichtlich nur flanierte, wurde verjagt, munkelt man.
Auf Franz Beckenbauers Spuren
Nun kann man direkt auf der Untersbergstraße (3) Richtung Katzenbuckel und Weißenseepark schlendern. Beim Verlassen des Ostfriedhofs kann man noch entscheiden, ob man links auch noch den Fußballclub begutachten möchte, wo Franz Beckenbauer seine ersten Trainings absolvierte.
Doch wir wollen zum Katzenbuckel, der mittlerweile durch einen Wall zum Mittleren Ring schallgeschützt ist. Drei Attraktionen hat er: einen Fitness-Parcours, der in Corona-Zeiten beliebt ist, einen Kinderspielplatz auf zwei Ebenen für etwa Drei- bis Fünfjährige und die einzige Dirt-Bike-Anlage weit und breit. Oßwald: "Der Park wurde über die Jahre den Bedürfnissen der Anwohner angepasst."
Ein selbstreinigendes Klo für 100.000 Euro
Der Weißenseepark neben dem Katzenbuckel hat die wahrscheinlich modernste Toilette Münchens (4). "Etwa 100.000 Euro hat sie gekostet", weiß Oßwald. Sie kann sich selbst reinigen und verhindert Wildbiesler-Ärger.

Nachts, wenn niemand da ist, fährt sie ihre Düsen aus und spritzt sich innerlich sauber. Wer selbst mal muss, wird merken: Die Anlagen sind immer geruchsfrei. Und nebenbei haben hier Obdachlose ein Örtchen, falls sie eine Toilette brauchen. Damit sich aber niemand darin einschließt, geht das Schloss nach 15 Minuten automatisch auf. Kurz bevor die Zeit abläuft, weist einen die automatische Stimme darauf hin.
Naturbelassenheit im Sophia-Goudstikker-Park
Wer nun etwa einen Kilometer weiter die Grenze nach Ramersdorf überquert, findet sich auf der anderen Seite der S-Bahn-Gleise im Sophia-Goudstikker-Park (5) wieder. Er ist ebenfalls ein Geheimtipp in der Gegend. Goudstikker war eine Fotografin und Frauenrechtlerin, die 1924 in München starb. Schon so früh für Frauenrechte eingetreten? Ich verneige mich innerlich vor ihr.
Der Park, der nach ihr benannt ist, glänzt durch Naturbelassenheit. "Das sind richtig alte Bäume hier", sagt Oßwald, der von den massiven Baumumfängen der Ahörner und Birken begeistert ist. Er selbst ist selten in der Gegend. Klar, denkt man sich, ist ja nicht mehr sein Bezirk.
Spielen zwischen Villen und Bäumen
Was für eine Oase der Ruhe: Umzingelt von Arbeitervillen hat ein kleiner namenloser Spielplatz mit einer riesigen Wiese nur drei öffentliche Zugänge. Einer davon befindet sich an der Bernauer Straße 17 zwischen einem Haus und einem Garagentor. Wer nicht weiß, dass hinter dieser Häuserreihe eine wunderschöne Liegefläche ist, fährt daran vorbei. Das tun die meisten.

Derzeit ist der Spielplatz etwas eingeschränkt: Die zwei Schaukeln müssen gewartet werden und sind nicht nutzbar.
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