Bellevue di Monaco und Münchner Promis veralbern Mauer von Neuperlach
Neuperlach - Die Mauer in Neuperlach ist inzwischen ein Fall für den Staatsschutz. Der ermittelt gegen unbekannt, nachdem die vier Meter hohe Lärmschutzwand vor der Flüchtlingsunterkunft in der Nailastraße mit schwarzer Farbe besprüht worden ist: „Rassismus pur“, steht da. Acht Meter breit, einen Meter hoch.
Der Migrationsbeirat der Stadt betitelt die Mauer als „Schandfleck“, der ein „bundesweit sichtbares Zeichen gegen Integration“ sei. Die Polizei verstärkt ihre Streifenfahrten vor Ort. Und der örtliche Bezirksausschuss-Chef Thomas Kauer (CSU) sieht sich inzwischen berufen, „alle Beteiligten zur Besonnenheit“ aufzurufen.
Klare Botschaft an der umstrittenen Neuperlacher Mauer
„Das wirft international ein ganz schlechtes Licht auf München“ Am Mittwoch wird noch einmal einiges los sein an der Wand, die längst zum international beachteten Politikum geworden ist (AZ berichtete): In einer satirischen Guerilla-Aktion wollen die stadtbekannten Macher von Bellevue di Monaco dort ab 16 Uhr einen symbolischen Durchgang errichten – den Checkpoint Ali. Die AZ hat die Bellevue-Vorstände Till Hofmann und Matthias Weinzierl getroffen.
AZ: Am Nachmittag öffnen Sie in Neuperlach an der Mauer in der Nailastraße den Checkpoint Ali. Warum?
MATTHIAS WEINZIERL: Der 9. November ist der Tag des Mauerfalls. Und der Checkpoint Charlie war ein Durchgang, an dem sich Menschen von beiden Seiten begegnet sind. Ein großartiger Anlass, um auch in München die Wand aufzumachen. Das Bellevue steht ja für Miteinander und Austausch.
TILL HOFMANN: Diese Abgrenzung wirft international ein ganz schlechtes Licht auf München. Zum anderen schafft diese Wand einen Präzedenzfall: Wer will als nächstes eine Mauer um ein Flüchtlingsheim haben? Man könnte genauso gut bald Kindergärten ummauern – oder im nächsten Schritt Lokale und Biergärten?
Die Stadt hat die Mauer errichten lassen, damit Anwohnerklagen den Bau des Flüchtlingsheims nicht verzögern.
HOFMANN: Das ist ein unglücklicher, schlechter Kompromiss, der von der breiten Bevölkerung in München nicht getragen wird.
Mauer-Streit von Neuperlach: So reagiert die Stadt
WEINZIERL: Der Vorwurf ist nicht, dass die Stadt die Mauer gebaut hat, um die Unterkunft dort zu ermöglichen. Der Vorwurf ist nur der, dass man die öffentliche Diskussion vermieden hat – und die wäre anders ausgegangen.
HOFMANN: Zu behaupten, ein Wohnhaus für junge Menschen brauche eine Schallschutzwand, ist absurd. Eine Wand gegen ein Wohnhaus zu konstruieren, pervertiert das Miteinanderleben. Diese Diskreditierung, diese Abgrenzung kann nicht im Sinne Münchens sein. Da gibt es eine sehr, sehr breite Koalition.
WEINZIERL: Die Symbolik ist das Entscheidende. Es ist ein fatales Signal, das von München ausgeht – der Stadt, die sich als Willkommensstadt gefeiert hat. Die Mauer konterkariert das. Deswegen ist die Aktion wichtig.
Was gibt es am Checkpoint Ali ab 16 Uhr zu erleben?
WEINZIERL: Wir machen zum Tag des Mauerfalls einen temporären Grenzübergang. Der Checkpoint Ali wird mit Musik und Ansprachen symbolisch eröffnet, das Grenzband durchschnitten. Wir freuen uns, wenn zahlreiche Leute kommen, gern mit Blumen und Sekt, dann können wir feiern und darauf anstoßen, dass die Grenze gefallen ist. Hofmann: Rotkäppchensekt!
Warum der Name Checkpoint Ali?
WEINZIERL: In diesem Fall ist die freie Welt hinter der Mauer. Viele Geflüchtete kommen aus dem arabischen Raum, Ali ist in der Region ein gängiger Name – und von dieser Seite geht aus, dass die Mauer eingerissen wird. Wir freuen uns, dass die Perlacher dann freien Zugang zu ihren künftigen Nachbarn haben werden, um sie kennenzulernen und zu besuchen.
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HOFMANN: Besucher können sich einen Stempel in den Pass geben lassen, mit dem sie – zunächst für die Dauer von vier Wochen – die Mauer passieren können. Wir überlegen, ob wir einen Wechsel einrichten. Und schön wäre im Dezember dann ein Intershop – für Weihnachtsgeschenke. Aber im Westen Neuperlachs.
Zeitgleich wird übrigens Bundeskanzlerin Angela Merkel München besuchen.
HOFMANN: Ja, darüber freuen wird uns. Sie muss ja nicht über Neuperlach einreisen.
WEINZIERL: Sie kann auch von Osten kommen, der Zugang wird für sie offen gehalten.
Was ist das Ziel Ihrer Satire-Aktion?
HOFMANN: Die Mauer muss wieder verschwinden. Freundlicherweise ist es ja keine gemauerte Mauer, sondern eine, die man mit dem Stapler wieder wegheben kann innerhalb eines Tages. Ziel sollte sein, dass Weihnachten mauerfrei ist. Vielleicht kann der Nachbar, der sich gestört fühlt, ja alternativ ein paar Bäume pflanzen.
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