Stadt verkauft Grabdenkmäler: "Ein letztes Haus für unsere ganze Familie"
München - Einen Ort zu haben, an dem man geliebte Verstorbene besuchen kann, ist für viele Hinterbliebene sehr wichtig. Gräber sind Orte der Erinnerung. Und trotzdem wird der Tod, der uns allen bevorsteht, im Alltag gern verdrängt.
Wie möchten wir mal bestattet werden, wo die letzte Ruhe finden? Und wo sollen unsere Angehörigen einmal liegen, wenn sie vor uns sterben? In Zeiten, in denen Familien oft in verschiedenen Städten leben, sind klassische Familiengräber nicht mehr so selbstverständlich wie früher.

Ein stadteigenes Denkmal
Die Münchnerin Marion Hörauf (47), ihr Mann Bernd und ihre Eltern haben sich gemeinsam Gedanken gemacht, wie und wo sie einmal begraben werden wollen. Und sie haben die Grabstätte zusammen ausgesucht, in der sie eines Tages alle bestattet werden möchten. Ihre Wahl fiel auf ein stadteigenes Denkmal.
Noch sind es Individualverkäufe
Auf den städtischen Friedhöfen in München stehen viele verwaiste Grabstätten, die als erhaltenswert eingestuft wurden und unter Denkmalschutz stehen. Zum Teil wurden sie bereits saniert, bei anderen muss das Fundament erneuert, Kaputtes ersetzt werden. Bislang sind es noch Individualverkäufe, doch ab kommendem Jahr will die Stadt mit diesen Denkmälern "in den Verkauf gehen".

"Selbst zu entscheiden, ist doch viel schöner"
Marion Hörauf und ihre Familie haben bereits eines gefunden. "Die Suche nach einer gemeinsamen Grabstätte hat bei uns allen viel angestoßen", sagt die 47-Jährige. "Viele denken ja, es ist egal, wo ich hinkomme – dann bin ich eh tot. Aber selbst zu entscheiden, ist doch viel schöner", sagt sie.
Auch praktische Überlegungen spielten eine Rolle. Die Gräber anderer Familienmitglieder sind in der Oberpfalz und auf dem Waldfriedhof. "Für uns ist es schwierig geworden, alle zu pflegen", sagt Marion Höraufs Vater Alfred Ebersberger. Bald sollen alle zusammen liegen.

Suche auf dem Westfriedhof
"Etwa vor zwei Jahren haben wir mit der Suche begonnen", sagt der 85-Jährige. Auf dem Westfriedhof sollte es sein, in ihrer Nähe. Immer wieder spazierte die Familie gemeinsam über den Friedhof, sah sich Gräber an, bei denen die Ruhezeit abgelaufen war. "Passt das zu mir?", fragten sie sich dann. "Zu pompös, das bin ich nicht!", befand etwa Marions Mutter bei einem mächtigen steinernen Kreuz. Andere Gräber wiederum waren zu klein.
Ein Häuschen, in dem alle wieder zusammenkommen
Schließlich entdeckte die Familie ein Grabmal in der Form eines Häuschens mit zwei Säulen und einem Dach. Nicht weit entfernt vom Eingang des Friedhofs. "Das hat uns alle angesprochen. Es symbolisiert für uns ein Mehrgenerationenhaus – unser letztes Haus, in dem wir alle wieder zusammenkommen", sagt Alfred Ebersberger.

"Ein Ort der Besinnung"
Auch die unmittelbare Umgebung gefiel der Familie. "Es ist ein schönes, schattiges Plätzchen. Nicht nur eine Ruhestätte für Tote, sondern auch ein Ort der Besinnung", sagt Marion Hörauf. Ihrem Vater und ihrer Mutter gebe die Entscheidung für das künftige Familiengrab ein Sicherheitsgefühl.
Nun bekommt das Häuschen erst einmal neue Holzschindeln, auch muss die alte Inschrift entfernt werden. Und dann dauert es hoffentlich noch lange, bis die Ersten einziehen.
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