Stadt fordert: Die Mietpreisbremse muss strenger werden

  Das geplante Gesetz soll Mieter besser schützen, hat aber viele Ausnahmen. Zu viele, sagt das Sozialreferat der Stadt – und fordert gleich an mehreren Stellen strengere Vorschriften  
Christian Pfaffinger |
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Für Neubauten (hier im Arnulfpark) soll die Mietpreisbremse nicht gelten.
Ralph Peters/imago Für Neubauten (hier im Arnulfpark) soll die Mietpreisbremse nicht gelten.

Das geplante Gesetz soll Mieter besser schützen, hat aber viele Ausnahmen. Zu viele, sagt das Sozialreferat der Stadt – und fordert gleich an mehreren Stellen strengere Vorschriften

München - Der Wohnwahnsinn soll klare Grenzen kriegen – darauf warten vor allem die Münchner. Denn auf dem teuersten Wohnungsmarkt der Republik könnte die geplante Mietpreisbremse ein starkes Instrument sein, um Mieter besser vor extremen Kosten zu schützen.

Könnte. Denn der Entwurf des Gesetzes ist an vielen Stellen weit weniger streng, als im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigt. Das sieht auch die Stadt München so. In einer Stellungnahme, die das Sozialreferat auf die Anfrage der Stadträte Johann Altmann, Josef Assal, Richard Progl und Ursula Sabathil (Fraktion Bürgerliche Mitte - Freie Wähler/Bayernpartei) hin gegeben hat, fordert die Behörde: Die Mietpreisbremse muss strenger werden! Das Referat will, dass die Stadt Vorschläge dazu an die Landes- und Bundesregierung heranträgt. Die AZ zeigt, an welchen Stellen nach Ansicht der Stadt nachgebessert werden soll.

NEUBAU-WUCHER

Erst hieß es, die Mietpreisbremse gelte beim Erstbezug von Neubauten nicht. Jetzt sollen Neubauten grundsätzlich von der Beschränkung ausgenommen werden. Und dann soll auch noch der Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes (WiStG) ersatzlos gestrichen werden, der Wucher bei Mietpreisen bisher verbietet: Wer über 20 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, kann mit einem Bußgeld bis zu 50 000 Euro bestraft werden.

Das soll weg, heißt: Mieten in Neubauten dürften dann bis zu 50 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Erst darüber wäre es Wucher nach dem allgemeinen Strafgesetzbuch. Zwar soll es eine neue Schutzvorschrift geben (eine Regelung in § 556 BGB), doch die sieht vor, dass Mieter erst einen umständlichen und teuren Zivilprozess führen müssen. Außerdem fiele das Bußgeld weg.

Die Stadt meint: „Ein völlig falsches Signal“. Der § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes müsse beibehalten werden.

INDEXMIETE

Staffel- und Indexmieten sind vor allem bei großen, institutionellen Vermietern beliebt, weil sie wenig Aufwand bedeuten, rechtssicher sind und man bisherige Mietbegrenzungen damit geschickt umgehen kann. Die Mietpreisbremse soll nun die Staffelverträge so begrenzen, dass die Ausgangsmiete und auch die einzelnen Mietstaffeln sich jeweils an der Regelung „ortsübliche Vergleichsmiete plus zehn Prozent“ messen lassen müssen.

Und bei der Indexmiete? Da soll das nur für die Ausgangsmiete gelten. Das heißt, dass bereits die erste Mieterhöhung nach einem Jahr über der Zehn-Prozent-Grenze liegen kann. Zwar begrenzt der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes die Indexmieten, doch der kann schnell steigen, etwa durch explodierende Energiepreise. Der Effekt wäre nicht nur teuer für den einzelnen Mieter, sondern für alle: Weil immer mehr Indexmietverträge abgeschlossen werden, würde auch der Mietspiegel steigen – angetrieben von Preiseffekten, die nichts mit Wohnen zu tun haben.

Die Stadt will deshalb, dass Indexmieten entweder genauso begrenzt werden wie Staffelmieten, oder dass die Laufzeiten von Indexmietverträgen eingeschränkt werden.

MODERNISIERUNGEN

Wenn ein Gebäude energetisch saniert wird, kann der Eigentümer bis zu elf Prozent der Kosten auf die Jahresmiete aufschlagen. Und die Miete bleibt dann oben, auch wenn die Kosten irgendwann abbezahlt sind. Der Koalitionsvertrag sah vor, dass nur noch zehn Prozent umgelegt werden dürfen, und zwar nur bis zu Amortisation, also bis die Kosten der Modernisierung abbezahlt sind. Außerdem sollte die Härtefallklausel angepasst werden, um Mieter besser vor untragbaren Kosten einer Modernisierung zu schützen.

Die beiden letzten Punkte tauchen im Gesetzesentwurf nun aber nicht mehr auf. Das Sozialreferat fordert, sie unbedingt aufzunehmen.

MAKLER

Mit der Mietpreisbremse soll auch das Bestellerprinzip ins Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung (WoVermRG) aufgenommen werden. Das heißt, dass künftig derjenige die Maklerprovision zahlen muss, der den Makler beauftragt. In München ist das in den allermeisten Fällen der Vermieter.

Bisher zahlen aber so gut wie immer die Mieter die Provision des Maklers – einfach, weil der Markt es hergibt: Das Angebot ist klein, die Nachfrage groß, und kein Vermieter kommt auf die Idee, die Provision selber zu bezahlen, weil sich die Mieter ohnehin um die Wohnung reißen.

Das soll sich mit dem Bestellerprinzip ändern. Das Sozialreferat begrüßt das, fürchtet aber, dass Vermieter die Kosten über höhere Grundmieten auf die Mieter abwälzen. Damit zumindest die Qualität bei der Wohnungsvermittlung gesichert ist, fordert das Referat, dass Makler künftig einen Sachkundenachweis erbringen müssen oder dass berufliche Mindestanforderungen eingeführt werden. Bisher darf nämlich jeder als Makler arbeiten.

MIETSPIEGEL

Mietspiegel sind ein enorm wichtiger Richtwert für die Mietpreise, denn darin wird die ortsübliche Vergleichsmiete festgelegt. Allerdings ist der Erhebungszeitraum des Mietspiegels bisher auf vier Jahre beschränkt. Das heißt, dass Bestandsmieten, die über einen längeren Zeitraum nicht verändert wurden, nicht in den Mietspiegel einfließen.

Dadurch wird die ortsübliche Vergleichsmiete natürlich höher, als sie tatsächlich ist, weil günstige Altmieten einfach rausfallen. Deshalb fordert die Stadt, den Zeitraum für die Erfassung der Mieten zu erweitern – oder sogar zu streichen.

 

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