Spur zum Nibelungenschatz: Fund sorgt für Herzklopfen bei "Bares für Rares"

AZ: Herr Pauritsch, wir sitzen in Ihrem "Antony's Kunst und Auktionshaus" am Kirchplatz 4, Bestlage in Oberstaufen. Seit mehr als 30 Jahren leben Sie als gebürtiger Innsbrucker schon im Piefke-Land. Wie kommt's?
WOLFGANG PAURITSCH: Ich habe in Österreich eine Lehre als Installateur gemacht, wollte ein bisschen was erleben – und habe in Innsbruck eine Frau kennengelernt, die andere Ansprüche hatte. Also habe ich versucht, in Kitzbühel meinen Beruf auszuüben, aber das war nichts. Dann habe ich mir eine Zeitung aus München geholt…
...hoffentlich die richtige!
Natürlich! Bei den Stellenanzeigen wurde ein Nachtwächter gesucht, mit ordentlichem Gehalt: 3.000 Mark, samt Nacht- und Feiertags-Zuschlägen. So konnte ich meine Freundin ernähren, als Sicherungsposten, Hundeführer und Security in einem Münchner Auktionshaus im Tal – so fing das alles an. Ich musste Detektiv spielen, obdachlose Ladendiebe festhalten, mit dem Geldtransporter mitgehen. Eines Tages war eine große Teppich-Auktion geplant, aber dann war die Auktionatorin erkrankt. 50 Leute saßen da, ich bin zum Chef hin und sagte: 'Soll ich das versuchen, bevor Sie all die Leute nach Hause schicken?' Ich musste nur ablesen: 'Meine Damen und Herren, hier ist ein Perser-Teppich, 3x2 Meter, 500.000 Knoten, geschätzt auf 5.000 Mark – wer bietet 2.000?' Und schon war die erste Hand oben. Zum Ersten, zum Zweiten, verkauft – und ich dachte: Wie einfach ist das denn? Während ich geredet habe, hat der Chef den ersten Vertrag aufgesetzt. Ich sollte kündigen bei der Wach- und Schließgesellschaft, was ich gemacht habe, und seitdem bin ich in diesem Geschäft tätig.

Expertenwissen über Antiquitäten und Diamanten – Lernen von Sammlern
Ihre Expertise haben Sie sich über die Jahre aufgebaut?
Ich habe ein Fernstudium in Darmstadt gemacht, über Antiquitäten, dazu eine Ausbildung als Diamant-Gutachter, war viel in Museen, habe mich eingelesen – und gelernt, dass Menschen, die seit Jahrzehnten nur Taschenuhren sammeln, sich einfach auskennen. Von diesen Sammlern habe ich alles aufgesogen wie ein Schwamm.
Wie genau schauen Sie sich Ihr Publikum an?
Im Lauf der Jahrzehnte habe ich gelernt, dass man nie nach dem Äußeren gehen darf. Ich hatte schon Kunden, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie einen Brillantring kaufen – und dann legt der 15.000 Euro auf den Tisch. Hier in Oberstaufen behandeln wir immer alle gleich, und der Erfolg ist gegeben: Meine Geschäftspartnerin und ich leben gut davon.
Unanstrengend ist der Job ja nicht. Wie lange müssen Sie bei einer Auktion zuweilen am Stück reden?
Neulich habe ich wieder die "Leica Photografic Auctions" geleitet: sieben Stunden lang.
Leica-Rekord: Die teuerste Kamera der Welt für 14,4 Millionen Euro versteigert
Apropos Leica: Da gab's mal eine ganz besondere Auktion…
Eine, bei der die älteste Kleinbildkamera der Welt zur Versteigerung kam: die mit dem eingravierten Namen des Erfinders Oskar Barnack. Eine Sensation! Wir wussten, dass die Kamera wertvoll sein könnte; der Leitz-Chef hoffte auf einen Betrag von 2,4 Millionen Euro, was bis dahin der Weltrekord für eine Kamera war. Bei 2,6 Millionen habe ich schon gesehen, wie er sich in der ersten Reihe gefreut hat, aber dann ging's erst los: Der Verkauf dauerte über eine halbe Stunde, der Hammer fiel bei zwölf Millionen Euro plus Aufgeld. Der neue Besitzer, ein Japaner, der per Telefon geboten hatte, musste 14,4 Millionen zahlen. Ich hab‘ gezittert wie ein kleines Kind. So was habe ich noch nie erlebt, und werde es auch nicht mehr erleben.
Was war zuletzt ihr aufregendster Ankauf?
Neulich ist mir etwas passiert, wovon ich mittlerweile schon träume. Da kam ein junger Mann mit einem Becher daher, den er daheim in Worms auf einem Dachboden gefunden habe. Den solle ich doch mal prüfen, meinte er. Habe ich getan und festgestellt: echtes Gold! Da ich mich mit solchen Dingen nicht so gut auskenne, habe ich in Idar-Oberstein eine Analyse machen lassen. Das Ergebnis: absolut feines Gold. Gold ist ja sehr weich, damit man es verarbeiten kann. Und jetzt kommt's: Er könnte aus dem fünften oder sechsten Jahrhundert stammen! Da denkt man natürlich gleich an den Schatz der Nibelungen.

Spur zum Nibelungenschatz: Historischer Fund sorgt für Herzklopfen
Ach nee!
Ich bin zwar nicht verrückt, aber ich kenne die deutsche Geschichte. Da bekommt man schon ein bisschen Herzklopfen. Ich weiß nicht ganz genau, wie ich das einordnen soll, aber das könnte was Besonderes sein.
Der Schatz der Nibelungen? Heidewitzka!
Das ist ein Teil des Rheingoldes, der verschwunden ist. Wenn man das nun hätte! Mit Geld ist so was nicht zu bezahlen, weil es keinen Wiederbeschaffungswert hat. Das ist vom Material her schon unbezahlbar, aber die Geschichte dazu... Das wäre der Hammer!
Einstiegsgebot?
Das könnte man nicht versteigern, sondern müsste in einem Museum landen.
Verrückt. Und wie geht's weiter?
Wir haben die Analysen zum Gold und zum möglichen Alter, nun müssen wir Bücher wälzen, wie der Nibelungenpokal ausgesehen hat. Es gibt ja nur Erzählungen.
Expertenrunde soll über Echtheit des Nibelungen-Goldes entscheiden
Wer kann final bestätigen, dass es sich tatsächlich um den Nibelungenschatz handelt?
Es gibt Professoren, die auf diese Zeit der deutschen Geschichte spezialisiert sind. Ein Experte reicht da nicht, da braucht es schon die Expertise von mindestens dreien, die unabhängig voneinander ihre Meinung abgeben. Und wenn die alle die gleiche Meinung haben, dann knallt's!
Und was ist mit dem jungen Burschen aus Worms?
Ich habe mit ihm einen Einlieferungsvertrag gemacht, dass ich den Becher zur Prüfung übernommen habe. Wir haben keinen Verkaufspreis ausgemacht, und die Ergebnisse der Analysen werde ich ihm dann mitteilen. Was im Endeffekt mit dem Becher passiert, kann er alleine entscheiden. Ich glaube jedenfalls, dass da der letzte Akt noch nicht zu Ende ist.