So macht die Justiz Jagd auf Kräutermischungen

Ein 27-Jähriger sitzt seit Mai in Untersuchungshaft. Er soll im Internet gedealt haben. Staatsanwältin warnt vor den Gefahren der "legal highs".
John Schneider |
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Eine Kriminalpolizistin hält eine mit Drogen versetzte Kräutermischung in der Hand.
Fredrik von Erichsen/dpa Eine Kriminalpolizistin hält eine mit Drogen versetzte Kräutermischung in der Hand.

München - Sie kommen ganz harmlos als "Kräutermischungen" daher, nennen sich Jamaican Spirit oder Pico Bello und haben oft eine fatale Wirkung. Denn die Kräuter (wie zum Beispiel Oregano) sind nur Trägersubstanz, auf die high-machende Chemikalien gesprüht werden. Die Nebenwirkungen: Kreislaufversagen, Ohnmacht, Psychosen, Wahnvorstellungen bis hin zum Ausfall vitaler Funktionen.

In Deutschland starben 2015 39 Konsumenten von "legal highs", ein Jahr später waren es schon 76. Und das sind nur die polizeilich registrierten Fälle. Die Ermittler gehen von einem großen Dunkelfeld aus.

Der Gesetzgeber hat versucht, mit einem neuen Gesetz auf die immer neuen Erfindungen der Drogenproduzenten zu reagieren (das NpSG). Damit aus "legal highs" wieder illegale Drogen werden. Doch die Münchner Oberstaatsanwältin Susanne Wosylus kämpft einen ungleichen Kampf. Sobald ein neues Gesetz wie das NpSG da ist, suchen die Produzenten sofort nach neuen Mischungen, die nicht vom aktuellen Gesetz umfasst werden.

Immerhin: Einen großen Erfolg konnten die Ermittler jetzt feiern. Beim Hauptzollamt in Köln war ein holländisches Paket mit 600 Gramm Kräutermischung entdeckt worden. Der Adressat: der Münchner Hans P. (27, Name geändert). Die Ermittler stellten das Paket "kontrolliert" zu und durchsuchten die Wohnung. Es wurden weitere 1,3 Kilo an Kräutermischungen gefunden. Sozusagen das Lager des 27-Jährigen, der seine Ware per Internet vertrieb.

Was Kräutermischungen so gefährlich macht, erläutert die Oberstaatsanwältin: Schon die Dosierung der Mischungen ist problematisch, zudem kristallisieren die Wirkstoffe beim Transport in den Tütchen. Diese Kristalle bekommt dann der letzte der in der Regel sechs oder sieben Konsumenten eines Mischungs-Tütchens in geballter Form – als Überdosis.

Münchens Staatsanwaltschaft hat in Sachen Kräutermischungen im Vergleich mit den Nürnberger Kollegen noch tendenziell wenig zu tun. Aber die "legal highs" sind auch in München ein Problem. Ganz einfach schon deswegen, weil sie – verglichen mit anderen Drogen – "spottbillig" sind und eben auch übers Internet leicht zu bekommen. So wie auf der Webseite des 27-Jährigen.

Susanne Wosylus: "Die Anklage ist fertig und auf dem Weg zum Gericht." Da Hans P. einschlägig vorbestraft ist, darf er wohl nicht mehr mit einer Bewährungsstrafe rechnen. Zumal er in offener Bewährung handelte. Sein Strafrahmen bewegt sich also zwischen mindestens zwei und höchstens 15 Jahren Haft.


Neues Gesetz – Um die Lücke zu schließen

Immer mehr Drogenproduzenten stellen Rauschgifte her, die nicht von den Regelungen im Betäubungsmittel- oder Arzneimittelgesetz erfasst werden. Eine klaffende Gesetzeslücke. Das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) ist die Reaktion des Gesetzgebers auf diese "legal highs".

Seit 26. November 2016 stellt das NpSG den Umgang mit neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) unter Strafe. So wie ähnliche Gesetze in Österreich und in der Schweiz. Den Ermittlern werden zudem umfassendere Möglichkeiten der Überwachung und Vermögensabschöpfung von Verdächtigen an die Hand gegeben.

Lesen Sie auch: Justitias langer Atem - Prozess nach 31 Jahren

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