So erlebte der Geisterradler den Unfall in der Hansastraße

MÜNCHEN - Er hat alles gestanden – unter „Weinkrämpfen“, wie sein Anwalt sagt. Der Geisterradler, der am 30. Mai den Rentner Orhan S. in der Hansastraße umgefahren hat, hat sich gestellt (AZ berichtete).
Sein Rechtsanwalt Steffen Ufer wird den Laimer verteidigen. In der AZ spricht der Verteidiger über den Unfall aus der Sicht seines Mandanten, über dessen Reue und erklärt, warum er sich erst nach einer Woche gemeldet hat.
So sagte er bei der Polizei aus: Der 30-Jährige meldet sich am vergangenen Dienstag in Ufers Kanzlei – für eine Aussage bei der Polizei sei es da schon zu spät gewesen. Am Mittwoch geht der Mann mit einem von Ufers Anwälten zur Verkehrspolizeiinspektion in der Tegernseer Landstraße.
Dort nehmen Beamte des Unfallkommandos das Geständnis auf. Der Mann hat sein beschädigtes Rennrad mitgenommen. Bei der Vernehmung erleidet er laut Ufer Weinkrämpfe und bricht zusammen. „Ihm ging das Ganze sehr, sehr nahe“. Die Polizei will nichts über den Verlauf der Vernehmung sagen.
Deshalb meldete er sich erst eine Woche später: Laut Ufer hat sich der Radler beim Unfall den Rücken geprellt. „Er hat in den Tagen danach seine Wohnung nicht verlassen.“ Er sei auch nicht zum Arzt gegangen und habe deshalb die Zeitungsberichte nicht mitbekommen. Er habe gedacht, Orhan S. habe nur eine kleine Verletzung. Erst ein Freund habe ihm gesagt, dass Orhan S. sehr schwer verletzt ist. Ufer: „Er hat erst Anfang der Woche die Dramatik überhaupt mitbekommen.“
Ufer fügt hinzu: Sein Mandant habe sich aus Reue gestellt – nicht wegen des „großen medialen Drucks“, wie die Polizei gesagt hat.
Deshalb fuhr er auf der falschen Seite: Ufer sagt, sein Mandant habe gedacht, dass der Radweg wegen einer Baustelle gegenüber des Unfallorts in der Hansastraße 24 für Radler geöffnet gewesen sei.
Deshalb hat er Orhan S. nicht gesehen: Der 74-Jährige trat auf den Radweg, weil ein abgestelltes Auto den Gehweg versperrte. „Dieser Kastenwagen war ein tragisches Verhängnis für beide“, sagt Ufer. Sein Mandant habe Orhan S. nicht sehen können.
Er sei entgegen Zeugenaussagen mit Licht gefahren. Der Mann sei beim Unfall „völlig baff“ gewesen. „Mir hat er gesagt: ,Ich dachte, ich fahre gegen einen Baum’.“
Deshalb floh er nach dem Unfall: Der Radler habe Erste Hilfe geleistet und geholfen, Orhan S. in die stabile Seitenlage zu legen, sagt Ufer. Dann habe er den Notarzt abgewartet. „Als der ihn versorgte, ist der Schock zu stark geworden“, sagt Ufer.
Hatte er getrunken? Laut Ufer ja, allerdings eine „minimale“ Menge am Nachmittag – also „vier bis fünf Stunden“ vor dem Unfall um 23 Uhr.
So geht es dem Geisterradler jetzt: Laut Ufer ließ er sich Anfang der Woche in der Uni-Nervenklinik untersuchen. Außerdem habe er sich seinen Eltern und seiner Freundin anvertraut.
So will er sich entschuldigen: Der Mann hat einen Brief an die Familie von Orhan S. geschrieben. „Darin steht, dass er sich entschuldigt, dass er das nie wollte – und dass er sich wünscht, dass Herr S. schnell wieder gesund wird.“