Sie waren 40 Jahre lang ein Paar

40 Jahre waren Erich und Klaus ein Paar. Seit 1949 haben sie von München aus die Welt bereist. Eine Liebesgeschichte...
von  Jasmin Menrad
Die Fotos im Flur erinnern an die Zeit, als Erich Haas (94) und sein verstorbener Partner Klaus in Hotels auf der ganzen Welt gearbeitet haben.
Die Fotos im Flur erinnern an die Zeit, als Erich Haas (94) und sein verstorbener Partner Klaus in Hotels auf der ganzen Welt gearbeitet haben. © Petra Schramek

München  - Die Tassen stehen beieinander auf dem grünen Regal in der Küche. „Erich“ steht auf der einen, „Klaus“ auf der anderen. Die Küche war das Reich von Klaus. „Ich habe nichts verändert. Er könnte jetzt kommen und kochen“, sagt Erich Haas. 40 Jahre waren Klaus und Erich ein Paar. „Klaus war ein vorzüglicher Koch, deshalb hatten wir immer viele Gäste.“ Doch wer den 94-Jährigen von seinem Leben mit Klaus, ihren Reisen und seiner Arbeit als Hotelchef erzählen hört, der ahnt, dass die Gäste nicht nur wegen dem Essen kamen.

Der damals 25 Jahre alte Erich Haas kam 1945 als Flüchtling nach Deutschland. 1947 wurde er Empfangschef im Bayerischen Hof. „Da hatte das Hotel lumpige zehn Zimmer, war ausgebrannt und ausgebombt.“ Erich wollte nicht nach Deutschland, denn er hatte gehört, dass „solche wie er“ hier Verbrecher sind.

An den Tag, der sein Leben veränderte, erinnert sich Erich genau: „Am 3. Juni 1949 sah ich am Stachus einen gut aussehenden Mann, der ein Kinoplakat anschaute. Ich nahm all meinen Mut zusammen und sprach ihn an. Ich frage, ob er mit mir ins Kino gehen würde.“ Nach diesem Abend im Museum Lichtspiele waren sie ein Paar.

Seinen Eltern sagte Erich, er bringe einen Freund mit. „Das ist mein Freund Klaus Linde. Mit ihm will ich zusammenleben“, sagt er zu den Eltern. „Kinder, ich wünsche euch und uns Glück“, sagte der Vater. „Wir haben uns nie erklärt, sondern sind selbstverständlich zusammen durchs Leben gegangen.“

Am Bayerischen Hof arbeitete Erich Haas zwölf Jahre lang, Klaus und er wurden von den Besitzern wie Familienmitglieder behandelt. Klaus betrieb damals das „Petit Cafe“. „Das war kein Schwulencafe, sondern das Wohnzimmer ganz unterschiedlicher Menschen.“

Dass sie ein Paar sind, war in der Münchner Gesellschaft bekannt. „Aber hätte ich auf der Straße die Hand vom Klaus genommen, er hätte mir auf die Finger geklopft. Wenn ich ein Pärchen auf der Rolltreppe sehe und sie küssen sich, möchte ich den Mann antippen und sagen: Geht nach Hause. Ist doch viel schöner.“ Klaus und Erich bereisten die Welt:

Ab 1960 war Erich Hoteldirektor auf Rhodos, später in Nigeria. „In meinem Vertrag stand, dass ich eine Person meines Vertrauens mitbringen und nach eigenem Ermessen im Betrieb einsetzen darf.“ Diese Vertrauens-Person war natürlich Klaus.

Das Paar unternahm 205 Reisen in 36 Länder. In der Wohnung in Schwabing sind die Wände und Regale voll von Fotos und Reiseerinnerungen: Ein ungarischer Vorhang in der Küche, schwarzweiß- Fotografien im Flur und Masken im Wohnzimmer. „Klaus hat so viele Souvenirs gekauft und manches über Freunde hierher bringen lassen. Klaus, wo kommen all diese Sachen her, habe ich ihn oft gefragt.“

1965 kehrten sie nach München zurück. Erich arbeitet als persönlicher Berater von Josef Schörghuber, der den Arabellapark gebaut hat. Später sattelte er auf Marketing um und arbeitete nach der Rente 17 Jahre freiberuflich für Schörghuber. „Ich hatte immer Chefs, die mir und Klaus den Rücken frei gehalten haben.“

Die Arbeit lenkte ihn von seinem schwersten Schicksalsschlag ab: 1988 starb Klaus an Krebs. „Als er auf die Intensivstation kam, bin ich zum Oberarzt gegangen und habe ihm gesagt, dass wir seit 40 Jahren zusammen leben. Wenn Sie erlauben, habe ich gesagt, will ich die ganze Zeit bei ihm bleiben.“ Erich blieb bis zum Schluss bei Klaus. „Ich bin in ein tiefes Loch gefallen, doch nie unten angekommen.“

Stattdessen kümmerte er sich um seinen Ziehsohn, bei dem der Aids-Virus ausgebrochen war. Er schrieb ein Buch („...eines Freundes Freund zu sein“, forum homosexualität münchen) und hält noch heute Vorträge. „Manchmal gönne ich mir mit Kraft einen Ruhetag.“

Auf Reisen geht Erich Haas nicht mehr. Aber in Gedanken ist er viel unterwegs. Er hat einen neuen Freund, der 40 Jahre jünger ist. „Neulich ist er durch England gereist. Ich hatte eine Karte mit all seinen Stationen und er hat mir die Sehenswürdigkeiten vom Computer ausgedruckt. Täglich haben wir telefoniert und ich habe die Reise miterlebt.“

Erich Haas ist dankbar, dass ihm im Leben so viel Gutes widerfahren ist und er 40 Jahre mit seiner großen Liebe leben durfte. „Würde und Leistung“, sagt er. „Dann spielt die Veranlagung keine Rolle.“

 

 

 

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