„SiBike“: Grüne Radl-Welle per Handy

Wer schnell unterwegs ist, wird oft durch Ampeln ausgebremst. Eine neue App hat dafür eine Lösung gefunden.
Cordula Dieckmann |
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Der Projektleiter der Smartphone-App „SiBike“ Michael Düsterwald will Radeln durch die Stadt schneller machen.
dpa Der Projektleiter der Smartphone-App „SiBike“ Michael Düsterwald will Radeln durch die Stadt schneller machen.

München - In die Pedale treten, losstrampeln, dahinsausen, Hochgenuss in voller Fahrt. Und dann... eine rote Ampel. Kaum etwas ist für Radfahrer in der Stadt frustrierender, als alle paar hundert Meter bei Rot anhalten zu müssen. Siemens hat nun eine Smartphone-App entwickelt, die Abhilfe schaffen soll.

„SiBike“ verspricht den Nutzern auf ausgewählten Strecken eine grüne Welle. „Diese Technik wird schon von Bussen genutzt“, erklärt Projektleiter Michael Düsterwald. Bei Radlern klappt das allerdings nicht bei jeder Ampel. Städte und Gemeinden müssen die jeweiligen Signalanlagen so einrichten, dass diese mit der App auf dem Handy kommunizieren können.

Die „SiBike“-App nutzt GPS um eine grüne Welle auszulösen

Und so funktioniert es: Rund 60 Meter vor einer Ampel gibt es einen sogenannten virtueller Anmelder. Nähert sich ein Fahrradfahrer mit der aktivierten „SiBike“-App, nimmt sein Handy Kontakt mit der Verkehrsleitzentrale auf. Diese erkennt über das Ortungssystem GPS den Standort und sendet den Befehl an die Ampel, die Grünphase in diese Richtung um Sekunden zu verlängern.

„Das geht alles automatisch und in Blitzgeschwindigkeit“, sagt Düsterwald. Zusätzlich muss aber auch das Tempo stimmen. Wer bei mehreren Ampeln hintereinander bei grün durchrauschen will, muss eine bestimmte Geschwindigkeit einhalten, die von der Stadt festgelegt wurde, etwa 18 bis 20 Stundenkilometer.

Nachteil für die Autofahrer: Sie müssen länger warten

Für die Autofahrer bedeutet das natürlich eine längere Wartezeit, wenn auch nur sekundenlang. Denn das Grün wird nur einmal verlängert. Wer zu spät kommt, muss warten, bis die Ampel wieder umschaltet. „Die Fahrradfahrer profitieren mehr, als die Autofahrer an negativen Einflüssen erfahren“, ist der Projektleiter sicher. Außerdem könne die App den Städten helfen, den Fahrradverkehr durch die grüne Welle auf gewisse Straßen zu lenken, weg von gefährlichen Strecken.

Marktreif ist die App für iPhones und Android-Handys noch nicht – erst wird sie ausprobiert, unter anderem in Bamberg. „Wir haben knapp 13 000 Studierende, da ist es klar, dass die in ganz hohem Maße mit dem Rad unterwegs sind“, sagt Stadt-Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar. Die 73 000-Einwohner-Stadt mit mittelalterlichen Gassen sei prädestiniert fürs Radfahren – trotz der schweißtreibenden Hügel. „Man ist in der Innenstadt deutlich schneller als mit dem Auto“, hat Siebenhaar festgestellt.

Ausgewählt für das Pilotprojekt wurde eine wichtige Ost-West-Verbindung mit sieben Ampeln. Siebenhaar hofft, durch die zügigere Fahrt noch mehr Menschen zum Umstieg aufs Rad zu bewegen, denn immer noch rollen lange Blechlawinen durch die Stadt.

Schon jetzt beträgt der Fahrradanteil am Verkehrsaufkommen in der oberfränkischen Stadt 30 Prozent. Bayern- und bundesweit sind es durchschnittlich um die 10 Prozent. In der Berliner Innenstadt dagegen hat das Rad schon das Auto überrundet.

„Viele Großstädter schaffen die Autos oder zumindest die Zweitwagen ab und erledigen die Kurzstrecken mit dem Rad“, sagt Stephanie Krone, Pressesprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). „Das ist bei passablem Wetter auch völlig unproblematisch, denn die Hälfte aller innerstädtisch zurückgelegten Wege sind unter 5 Kilometern.“

Radschnellwege könnten den Umstieg attraktiver machen

Andere Städte haben hier noch Nachholbedarf: Radwege sind holprig, zu eng, von Autos zugeparkt. Oder es gibt erst gar keine. „Es fehlt an politischem Willen, Geld und dem Mut, die auslaufende Ära des Privatautos auch in der Stadtplanung umzusetzen“, kritisiert Krone.

Ein Beitrag dazu könnten Radschnellwege wie im Ruhrgebiet sein, die auch in Berlin, München oder Nürnberg diskutiert werden. Hier sollen Radler auf eigenen Trassen mit möglichst wenig Ampeln und Kreuzungen längere Strecken überwinden können. Allein im Raum München besteht nach Auskunft des Bayerischen Innenministeriums Interesse an 15 Korridoren. In Franken würden gerade die Möglichkeiten analysiert.

Manche Städte haben auch dauerhafte grüne Wellen für Radfahrer eingerichtet, die mit 20 Stundenkilometern dahinrauschen, für ADFC-Sprecherin Krone die bessere Alternative. Und dann gibt es noch ein Projekt aus den Niederlanden, von dem Krone schwärmt: „In Rotterdam wird es bald sogar Fahrradampeln mit Regensensor geben – sie gewähren dem Radverkehr bei schlechtem Wetter Vorrang.“

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