Sexistische Kampagne gegen Sexismus? Plakat-Aktion in München wirft Fragen auf
München - Ein Zebra, ein Dalmatiner und eine Giraffe. Zu sehen auf Plakaten in der ganzen Stadt. Doch wer meint, dass hier der Tierpark Hellabrunn wieder kräftig die Werbetrommel rührt, liegt falsch.
Eine Idee von Münchens Zweiter Bürgermeisterin
Was bedeuten diese Plakate also? Das versteht kaum einer. So zumindest das Ergebnis einer Umfrage der AZ. Denn die tatsächliche Bedeutung ist nicht so leicht zu erkennen. Es handelt sich um eine Kampagne gegen sexistische Werbung. Doch so richtig scheint diese nicht zu funktionieren.
Die Plakate wurden von Studentinnen der Hochschule Macromedia entworfen, die Idee zur Kampagne stammt von Katrin Habenschaden, Münchens Zweiter Bürgermeisterin (Grüne), die Schirmpatin des Projektes ist. Schon im Mai 2020 machte sie ihrem Ärger über "frauenverachtende, herabwürdigende Plakate" des Senders Joyn Luft und entschied, sich gegen sexistische Werbung einzusetzen.
So zum Beispiel mit dem Plakat-Projekt. Dieses endet nun. Zeit, Bilanz zu ziehen - und die fällt nicht besonders positiv aus.
Plakat-Aktion in München: Überforderung bei Passanten und Experten
Nicht nur Passanten waren mit der Interpretation der Plakate überfordert, sogar ein Team aus Marketing-Experten konnte das Rätsel um die Bedeutung nicht lösen: "Meine Mitarbeiter vermuteten, dass es sich um eine Tierschutz-Kampagne der Peta oder um eine Werbung des Tierparks handelt", so Professor Marko Sarstedt vom Institut für Marketing an der LMU.
Doch für manche wirkt es sogar so, als würden sich die Plakate an Frauen richten, die sich freizügig anziehen. Kann die Anti-Sexismus-Werbung also sogar frauenfeindlich wirken?
"Gut gemeint und schlecht gemacht"
Auch die SPD-Politikern Seija Knorr-Köning kritisiert das: "ein klassischer Fall von gut gemeint und schlecht gemacht". Sie betont aber, dass sie nicht mit Habenschaden tauschen wolle. "Den Vorschlag, an dem Studenten ein halbes Jahr lang gearbeitet haben, möchte man ja nicht unbedingt kritisieren."

Sex sells - ein veraltetes Konzept
Habenschaden selbst kann die Kritik verstehen. "Wenn es nicht gelingt, eine eindeutige Botschaft zu vermitteln, dann ist eine Werbebotschaft nicht perfekt." Es handele sich aber um ein Projekt in bester Absicht. Sarstedt meint, dass es die Kampagne so gar nicht braucht. Studien zeigten ohnehin: "Sex sells funktioniert nicht."
Grundsätzlich sei die Kunst bei Werbung, sich in die Köpfe der Zielgruppe reinzudenken, so der Professor. Das sei hier jedoch nicht passiert. In einer Sache sind sich jedoch alle einig: Zumindest die Intention der Plakate war gut.
AZ-Umfrage: Was halten Sie von diesem Plakat?
Guido Schacht (68), Rentner: "Ich habe das Plakat bisher noch gar nicht gesehen, es ist mir nicht so aufgefallen. Aber jetzt, wo Sie mich drauf ansprechen, musste ich auch lange darüber nachdenken, was damit überhaupt gemeint sein soll. Wahrscheinlich soll es uns aufrütteln. Aber auf gut Bairisch: A bisserl bled is scho!"
Evelyn Wiesheu (19), Studentin: "Das ist eine gute Frage, was damit bezweckt werden soll… Da komme ich wirklich nicht drauf! Wenn ich das so sehe, würde ich nicht verstehen, worum es geht. Vor allem, wenn Tiere abgebildet werden. Die haben für mich gar nichts mit Sexismus zu tun."
Dieter Keie (80), Rentner: "Ich muss nicht auffallen, also muss ich auch keine Hüllen fallenlassen - aber Spaß beiseite: Mit dem Sinn des Plakats bin ich überfragt. Die Viecher sind ja ganz nett. Aber Sexismus und die fallenden Punkte von dem Dalmatiner auf diesem Plakat bringt man doch eher schwer miteinander in Verbindung."
Larissa Mittermeier (22): "Ich finde die Kampagne gar nicht so schlecht. Man versteht meiner Meinung nach schon, was mit den Plakaten gemeint ist. Ich glaube, es geht darum, dass man auch auffallen kann, ohne dass man dafür viel von sich zeigen muss."
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