Sex-Täter begrapscht Buben im Kinderzimmer

Missbrauchs-Prozess: Pfleger (31) stieg über Balkon in Wohnung in Kirchtrudering ein und begrapschte einen 12-Jährigen im Kinderzimmer. Vorstrafe wegen Besitzes kinderpornografischer Bilder
MÜNCHEN Er scheint nervös, seine Stimme ist anfangs kaum hörbar, als die Anklage verlesen wird, verschränkt er hilflos die Arme. Und doch hat der so harmlos wirkende Oliver M. (31) einen Albtraum für Eltern und Kinder wahr gemacht. Am 30. Juli 2009 stieg der Landshuter Familienvater über den Balkon in die Wohnung einer Kirchtruderinger Familie ein, lief durchs elterliche Schlafzimmer und schlich sich ins Kinderzimmer. Dort fasste er Kemal (Name geändert), den 12-jährigen Sohn der Familie, unter anderem an den Po. Die Staatsanwaltschaft wirft Oliver M. Hausfriedensbruch, sexuellen Missbrauch und versuchten schweren Missbrauch vor.
Der Bub wachte auf, als ihm der Mann mit der Schere die Boxershorts zerschnitt. „Er schaute mich an und als ich nach meinem Vater schreien wollte, hat er mich gepackt und „Pscht!“ gemacht“, erklärte der Bub in der Videovernehmung beim Amtsrichter.
Der Mann habe dann weiter versucht, ihn zu begrapschen. „Ich habe ihn in den Oberschenkel getreten. Da war nichts. Er war nackt.“ Als Kemal dann doch „Papa! Papa!“ schreit, flieht der Nackte ins Treppenhaus und von dort in die Wohnung eines Patienten, den er damals als Pfleger im Haus betreute.
„Ich habe mich zu dem Jungen hingezogen fühlt“, erklärt Oliver M. seine Gefühlslage. Als der Richter nachhakt, was denn während der Tat in ihm vorgegangen sei, antwortet er mit gesenktem Blick: „Wenn ich das wüsste, hätte ich es nicht gemacht.“
Auf die Spur kamen ihm die Ermittler dank der DNA–Spuren, die Oliver M. an Bett und Türrahmen zurück gelassen hatte. Der Pfleger war in Landshut im Jahre 2004 wegen der Verbreitung pornografischer Schriften und Besitz von Kinderpornographie zu einer Geldstrafe von 3600 Euro verurteilt worden. Auf seinem Computer hatten die Ermittler kinderpornografische Bilder entdeckt. „Seitdem ist auch sein genetischer Fingerabdruck im Zentralcomputer des BKA gespeichert", berichtete ein Ermittler nach der Festnahme am vier Tage nach der Tat. Ein Datenvergleich brachte den Treffer.
Die Anklage wirft Oliver M. darüber hinaus vor, dass er im selben Haus die Kinder einer Nachbarsfamilie ohne ihr Wissen durchs Fenster fotografiert hat.
Der Prozess wird unter anderem mit der Anhörung des Psychologen von Kemal fortgesetzt. Er soll Auskunft darüber geben, in welcher Weise der Bub noch unter den Folgen des nächtlichen Überfalls im eigenen Kinderzimmer leidet.
John Schneider