Sex-Attacke in der 089-Bar: Das Opfer spricht

Christian B. saß in U-Haft, weil er Marie im 089 sexuell belästigt hat. Der Stammgast bestreitet das, nun spricht die junge Frau in der AZ über die Zeit nach der Tat – der Club will ihr derweil den Anwalt bezahlen
von  Abendzeitung
Marie ist nicht ihr Name: Nach einer Sexattacke im Club 089 hat die Frau erfahren, wie schnell man zur Lügnerin gestempelt wird.
Marie ist nicht ihr Name: Nach einer Sexattacke im Club 089 hat die Frau erfahren, wie schnell man zur Lügnerin gestempelt wird. © Martha Schlüter

MÜNCHEN - Christian B. saß in U-Haft, weil er Marie im 089 sexuell belästigt hat. Der Stammgast bestreitet das, nun spricht die junge Frau in der AZ über die Zeit nach der Tat – der Club will ihr derweil den Anwalt bezahlen

Plötzlich sind seine Hände unter ihrem Kleid. Die Musik dröhnt, neben ihr tanzen die Menschen, sie trinken und lachen. Doch Marie G. (Name der Redaktion bekannt) spürt, wie mehr als 100 Kilo Körpergewicht von hinten auf sie drücken und schweißnasse Finger ihre Beine hochwandern.

Es ist der Beginn eines Horrortrips, der sich am Abend des 21. November im 089 Club am Maximiliansplatz ereignet – ein Fall von sexueller Nötigung (AZ berichtete). Das Opfer ist Marie. Die 20-jährige Auszubildende ist häufig im 089 Club. Die Chefs kennt sie gut, die Türsteher winken sie freundlich durch und mit einigen Barkeepern unterhält sie Bekanntschaften. An jenem Abend ist sie zur Privatfete eines Barmanns eingeladen. Auch dabei: Christian B., ein Manager aus der Computer-Branche. Der 45-jährige, stämmige Mann arbeitet in der Schweiz. Am Wochenende feiert er in Münchner Clubs.

Christian B. ist im 089 kein schlechter Kunde, er lässt viel Geld an der Bar. Wer mit ihm feiert, hat immer ein volles Glas. „Wir haben uns ganz normal unterhalten“, erinnert sich Marie an die erste Begegnung mit dem Fremden. Beide führen Smalltalk. Dann flüstert ihr ein Freund zu: „Du, der ist verheiratet und hat Kinder.“ Für Marie ist die Sache ab diesem Moment erledigt. Für Christian B. nicht.

Später treffen sie sich wieder. „Er war plötzlich total aggressiv, überhaupt nicht mehr so freundlich“, erinnert sich die junge Frau. Während sie tanzt, packt Christian B. sie und greift ihr an die Beine. „Er hat versucht, mein Kleid hochzuziehen und mich sogar am Hals gebissen.“

Die Videokameras im Club zeichnen die Sex-Attacke auf, das Beißen und gewaltsame Grapschen ist auf den Bändern allerdings nicht zu erkennen – man sieht nur, wie Marie den Mann wegschubst.

Zeugen gibt es trotzdem jede Menge – Maries Freundin etwa, die nach der Tat die Polizei ruft. Die Beamten sehen Maries Wunden am Bein und am Hals, Christian B. kommt in Untersuchungshaft und erst nach fünf Tagen wieder frei. „Nach dem Vorfall hatte ich eine Art Verfolgungswahn“, erinnert sich Marie. Ihren Eltern erzählt sie nichts, ihre Scham ist zu groß.

Ihre einstigen Freunde aus dem Münchner Nachtleben haben sich derweil gegen Marie gewendet. Im 089 sähen sie in ihr sogar die Schuldige für den peinlichen Knastaufenthalt des geschätzten Stammkunden. „Manche sagten, ich sei selbst Schuld an der Sache, weil ich so eine Anziehung ausstrahle“, sagt Marie kopfschüttelnd. Andere bezichtigten sie der Lüge. „Keiner aus dem Club hat mir geglaubt“, sagt sie. Nur ein Freund von Christian B. habe über Facebook seine Handynummer geschickt. Marie solle sich doch mal melden.

Das 089 spielt die Sex-Attacke herunter. Man betrachte den Vorfall als „Verkettung unglücklicher Umstände“, heißt es. Immerhin wolle einer der Club-Betreiber ihr den Anwalt bezahlen, „aus schlechtem Gewissen“, mutmaßt Marie.

Bis es zum Verfahren kommt, kann es noch Monate dauern. Die Staatsanwaltschaft meldet, dass in dem Fall weiter ermittelt wird. Die Lust auf lange Party-Nächte ist Marie vorerst vergangen. „Ich kann dort nicht mehr hin“, sagt sie. Eine Freundin war am Wochenende vor Silvester wieder in der 089-Bar. An der Theke traf sie Christian B. Er soll bester Stimmung gewesen sein.

rke

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