Seit drei Jahren Stillstand: Nachbarn ärgern sich über diesen Ziegelklotz im Münchner Nobelviertel
Mit nackten Ziegelwänden ragt das unfertige Haus über den Bauzaun an der Meistersingerstraße. Drumherum: gepflegte Ein- und Mehrfamilienhäuser. Wer von der Tramhaltestelle Schlösselgarten kommt, sieht den Rohbau sofort – ein grauroter Koloss im Wohngebiet.
"Man fragt sich, wann es weitergeht"
"Wenn man in der Tram sitzt, fragt man sich schon, wann es endlich weitergeht", sagt Adolf Höfler (83). Seit 20 Jahren wohnt der Rentner in der Straße. Dass auf der Baustelle seit Jahren nichts passiert, findet er "unglaublich".
Dabei wirkt es so, als hätte nicht viel zur Fertigstellung gefehlt: Die meisten Fenster sind eingesetzt, nur wenige sind noch abgeklebt. Hinter den Scheiben sieht man eine Treppe, die ins nächste Stockwerk führt. Doch hinter dem Bauzaun wächst das Gras hoch, Büsche wuchern zwischen kaputten Europaletten. Ein Kochtopf liegt glänzend im Gestrüpp, sein Deckel ein paar Meter weiter. Holzbretter stapeln sich im Gebüsch, auf der großzügigen Terrasse sind Teile des Bauzauns verstreut.

"Es ist einfach hässlich", sagt ein Anwohner, als er vorbeigeht. Es ärgere ihn – "wegen des Stadtbilds". Nicht nur die stillgelegte Baustelle, sondern auch der Müll, den Passanten hier abwerfen, störe ihn. Eine Seniorin aus der Nachbarschaft sieht das ähnlich. Auch sie nennt den unfertigen Ziegelbau "hässlich".
Diskussionen im BA
Robert Brannekämper (CSU), Mitglied des Bezirksausschusses Bogenhausen, kennt die Bauruine gut. Es sei ein Schandfleck, sagt er. "Das Gebäude ist immer wieder Thema im BA", sagt er. Doch wem das Grundstück gehört, sei unklar. "Wir müssen diese gescheiterten Bauprojekte wegbekommen", sagt er.

Grundstück-Eigentümer ist insolvent
Laut dem Münchner Amtsgericht ist die "Deutsches Beratungscenter für Vermögen und Finanzen GmbH (dbc)" als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Sie hat das Grundstück Ende 2017 für 3,5 Millionen Euro gekauft. Auf der Website eines in Verbindung stehenden Unternehmens ist noch eine Visualisierung des geplanten Projekts zu finden: ein "stilvolles Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten auf 512 m² Wohnfläche" – mit weißen Fassaden, großen Fensterfronten und begrüntem Dach.
Ob daraus noch was wird? Fraglich. Denn: Die Eigentümer-GmbH ist insolvent. Das bestätigt das zuständige Amtsgericht Augsburg der AZ. Ein Insolvenzverfahren sei "mangels Masse" abgewiesen worden. Das bedeutet, dass das Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ablehnt, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Das führt zu einer Auflösung der GmbH. Im Fall der dbc sei die Entscheidung noch nicht rechtskräftig, so das Amtsgericht Augsburg.

Die AZ fragte bei der Eigentümerfirma nach, wie es mit dem Grundstück weitergeht. Die Antwort: Man sei gar nicht mehr Eigentümer. Doch eine erneute Abfrage beim Grundbuchamt bestätigt: Nach wie vor ist die dbc GmbH als Eigentümerin eingetragen. Auf eine weitere Nachfrage reagierte das Unternehmen bis Redaktionsschluss nicht.
Wie es mit dem Rohbau in der Meistersingerstraße weitergeht, bleibt ungewiss. Für die Anwohner bleibt der Ziegelklotz vorerst das, was er seit Jahren ist: ein großes Ärgernis.

