Seilbahn für München? Verkehrsministerin Ilse Aigner testet schon mal Gondeln
Was für eine Vorstellung: endloser Stau im Münchner Berufsverkehr, dazwischen Trambahnen und Busse, die nicht vom Fleck kommen – und oben drüber schweben entspannt die Gondeln mit zufriedenen Pendlern, die die Sicht über die Dächer der Stadt genießen.
In ein paar Jahren schon könnte es so weit sein. Verkehrsministerin Ilse Aigner hat gestern die beiden weltweit führenden Seilbahn-Hersteller in Österreich und Südtirol besucht. Die AZ war dabei.
Knapp 2.000 Meter ging es zunächst in der Gondel auf den Patscherkofel bei Innsbruck hinauf. Die moderne Seilbahn, die 2017 erst in Betrieb genommen worden ist, stammt von der Firma Doppelmayr, die zuletzt auch die Zugspitzbahn bei Garmisch gebaut hat.
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Seilbahnen in Großstädten sind keine Seltenheit
Nicht nur mit Bergbahnen kennt sich das österreichische Unternehmen gut aus – auch mit städtischem Seilbahnverkehr: So baute Doppelmayr bereits Stadt-Seilbahnen in Venezuela, Kolumbien, Bolivien, Luxemburg oder in Großbritannien.
"Stellen Sie sich beim Rauffahren vor, Sie fahren über dem Frankfurter Ring in München" sagt Unternehmensvertreter Reinhard Fitz. Dort, auf einer Strecke von 4,5 Kilometer Länge, könnte Münchens Seilbahn-Pilot entstehen (AZ berichtete). Bis zu 30 Stundenkilometer schnell und 60 Meter hoch könnte sie werden, höher als die Wohnbebauung. "Damit man den Anwohnern dort nicht in die Schlafzimmer hineinschauen kann", so Aigner.

Würde die Seilbahn Teil des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) , könnte das Projekt zu rund 50 Prozent förderberechtigt sein. Dieser Anteil der Baukosten könnte dann vom Freistaat übernommen werden. Den Rest müsste die Stadt tragen. Auf beiden Seiten ist die Idee bereits auf Begeisterung gestoßen. Demnächst soll eine Machbarkeitsstudie beginnen.
Auch Stuttgart und Wuppertal planen eine Seilbahn
Die Städte Stuttgart und Wuppertal seien bereits in dieser Phase, sagt Augustin Kröll von der Seilbahn-Firma Leitner in Sterzing (Südtirol) – die zweite Station der Ministerin. Das Unternehmen ist neben Doppelmayr ein weiterer Riese in der Seilbahn-Branche. Der Seilbahn-Bau sei wesentlich günstiger als der anderer Transportmittel: "Eine Seilbahn kostet maximal halb so viel wie der Bau einer Straßenbahn und höchstens ein Zehntel von einer U-Bahn", so Verkaufsleiter Michael Tanzer. Weiterer Vorteil: Die strombetriebene Bahn ist quasi emissionsfrei und geräuscharm.

Die Münchner Idee sorgte auch andernorts für Inspiration, beispielsweise im Landkreis Dachau. Auch Nürnberg, Würzburg oder Passau beschäftigen sich bereits damit, teilte das zuständige Referat im Verkehrsministerium mit.
Bei Stadtbewohnern kommen die Seilbahnen offenbar auch recht gut an: In Koblenz beispielsweise wollten die Bewohner eine ursprünglich nur für die Bundesgartenschau 2010 geplante Bahn unbedingt behalten.
Nun zählt die Seilbahn zum öffentlichen Nahverkehr – und feierte 2015 bereits die zehnmillionste Fahrt.